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Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition)

Titel: Am Ende des Archipels - Alfred Russel Wallace (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Glaubrecht
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aufregende Jahre auf Wanderschaft durch den Malayischen Archipel, die zum zentralen und maßgeblichen Ereignis meines Lebens werden sollten«, resümiert Wallace am Ende seines Lebens. Seine Odyssee wird ihn kreuz und quer durch diese Inselwelt führen, über insgesamt 22500 Kilometer – Wallace hat es selbst nachgerechnet. Er wechselt mehr als 96 Mal sein Basislager, unternimmt mehr als 60 Einzelreisen; vielleicht sind es auch 70, Wallace weiß dies später nicht mehr genau zu sagen. Zwischen Malaysia und Neuguinea besucht er sämtliche große Inseln und jede nennenswerte Inselgruppe, wenn auch nicht jede einzelne kleinere Insel (unmöglich, es sind an die zehntausend). An einigen Orten ist er zwei- oder dreimal, einige Strecken muss er mehrfach zurücklegen. Und immer muss er seine gesamte Ausrüstung und wenigstens Teile seiner Aufsammlungen mit sich transportieren. »Das Einpacken und Auspacken wurde zur ständigen Plage meines Lebens während der acht Jahre dort«, schreibt Wallace später. Von der Malayischen Halbinsel fährt Wallace nach Borneo, besucht später auch Java und Sumatra; dann weiter zur Kette der kleinen Sundainseln, die sich von Bali und Lombok bis Timor erstrecken, das er später ebenfalls erreicht. Zuerst aber Celebes (das heutige Sulawesi) und die Gewürzinseln oder Molukken, vor allem Ternate und Halmahera, Bacan und Ceram. Sein am weitesten entfernter Abstecher führt ihn, wie wir bereits gesehen haben, auf die Aru-Insel am östlichen Rand des Archipels. Nach Australien dagegen gelangt er nie; wohl aber in den weitgehend unerforschten Nordwesten Neuguineas, zur Vogelkop-Halbinsel und zu den vorgelagerten Inseln – ins Land der Paradiesvögel, der Phalangen und anderer Beuteltiere.
    Er ist auf Handelsschiffen und Postdampfern unterwegs, auf Praus oder mit Auslegerbooten, in Kanus und Einbäumen. Er trotzt den Unwägbarkeiten des tropischen Wetters ebenso wie tropischen Krankheiten und der permanenten Belästigung durch Parasiten. Er lernt so viel Malayisch, dass er sogar in entlegenen Orten das Nötigste auftreiben kann. Er lebt wie die Einheimischen und macht nicht viel Aufhebens, wo er unterkommt; nicht selten wohnt er in einfachen palmwedelgedeckten Hütten, die sich beinahe überall finden. An einigen Orten, etwa in Sarawak und auf Aru, bleibt er monatelang. Er ernährt sich von dem, was es vor Ort zu essen gibt, was er tauschen oder kaufen kann – und oft genug lebt er von jenen Tieren, denen er zuvor als Sammlungsstücke das Fell oder Federkleid abgezogen hat.
    Zoologische Ausbeute: »Es war der Hauptzweck aller meiner Reisen, naturgeschichtliche Gegenstände zu erhalten; zunächst für meine Privatsammlung, dann Duplikate zu sammeln für Museen und Liebhaber«, umreißt Wallace eingangs seines Reiseberichts seinen selbstgewählten Auftrag. Da jede seiner einzelnen Reisen, jeder neue Abstecher auf wieder eine andere Insel immer etwas Zeit zur Vorbereitung in Anspruch nimmt, schätzt Wallace, dass er von den acht Jahren nicht mehr als sechs wirklich mit Sammeln zubrachte. Was er dann indes alles zusammenträgt, berichtet er mit großem Stolz. Zu Recht: Es ist ein gewaltiges Unterfangen. Und kein Zweifel: Er ist überaus fleißig, sehr umtriebig und ausgesprochen erfolgreich. Die Zahl der gesammelten Arten wird für ihn zum Maßstab für den Wert eines Tages; sie entscheidet darüber, ob die Stimmung gut oder ob sie schlecht ist. Unentwegt und überall, wo er hinkommt, fängt Wallace vor allem Schmetterlinge, Käfer und Vögel, wenn er nicht seine Proben präpariert und bearbeitet. Wenn die Regenzeit, Verletzungen oder Erkrankungen ihn ans Haus oder gar Bett fesseln, nutzt er die Zeit dafür, seine Aufzeichnungen zu vervollständigen, Notizen zu überarbeiten, Briefe und Berichte zu schreiben. Vor allem aber wird er naturkundliche Abhandlungen dazu verfassen, was er gesehen und gefunden hat; und dann auch theoretische Aufsätze darüber, wie es in der Natur zugeht.
    Wallace’ Aufenthalt im Archipel übertrifft alle Erwartungen – seine eigenen und auch die seines Londoner Naturalienhändlers Samuel Stevens. Seit der Erfahrung mit dem Zoll in Barra und der anschließenden Katastrophe auf dem Atlantik ist Wallace vorsichtig geworden. Aus Asien übersendet er sein Sammelgut jetzt einzeln nach jeder größeren Reiseetappe. Insgesamt sind es zwanzig umfangreiche und wertvolle Frachtsendungen, werden Wissenschaftshistoriker später rekonstruieren. Der vorangegangene Dublettenverkauf

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