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Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens

Titel: Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Tragödie. Sie ließ ihn einfach weinen und beneidete ihn dabei um dieses Fluten seines Schmerzes, dessen sie selbst nicht fähig war.
    »Entschuldige«, sagte er irgendwann und sah sie dabei nicht an, sondern starrte gegen die Wände, »es ist einfach … ich konnte nichts dagegen tun …«

    »Du solltest auch nichts dagegen tun. Was du in dir verschließt, quält dich nur.«
    Er nickte, die Augen voller Trostlosigkeit.
    »Wie soll es nur weitergehen? Wie soll das Leben für uns alle weitergehen?«
    »Möchtest du einen Tee?« fragte Jessica. Ein Tee löste nicht die Lebensfrage, war aber das nächstliegende, das ihr einfiel.
    Leon stand mühsam auf.
    »Ja«, sagte er und folgte ihr in ihr Zimmer.
     
    Leon hatte vier Tassen heißen Tee mit viel Milch und Zucker getrunken, war für einen Moment im Sessel sitzend eingeschlafen und hatte, nachdem er aufgewacht war, sichtlich etwas von seinem Gleichgewicht wiedergefunden. Seine Augen waren noch gerötet und geschwollen, aber die Tränenspuren auf seinen Wangen waren getrocknet; er wirkte noch immer sehr traurig, aber zugleich gefaßter und ein wenig getröstet. Während er schlief, hatte Jessica versucht, noch einmal mit Ricarda zu sprechen, aber die hatte ihre Zimmertür von innen verschlossen und reagierte weder auf rufen noch auf klopfen. Dann hatte sie nach Evelin gesehen, die jedoch tief schlafend in ihrem Bett lag. Als sie zurückkam, wachte Leon gerade auf. Zum ersten Mal an diesem Tag sah sie ihn zaghaft lächeln.
    »Ich habe Hunger«, sagte er.
    »Ich werde sehen, daß ich etwas für uns alle hierher aufs Zimmer bestellen kann«, sagte Jessica, »denn unten würde man uns kaum in Ruhe lassen.«
    Leon stand auf, streckte sich, trat ans Fenster und blickte hinaus. Plötzlich straffte sich sein Körper.
    »Das kann doch nicht wahr sein!« rief er.
    »Was denn?« fragte Jessica.
    »Sie bringen ihn zurück! Bowen! Und das Fotomodell!«
    Sie trat neben ihn, schaute ebenfalls auf die Straße. Phillip und Geraldine waren soeben aus einem Polizeiwagen gestiegen und
wurden von mehreren Beamten durch die Journalistenmenge hindurch zum Hotel eskortiert. Ihnen folgten Superintendent Norman und ein anderer Mann, den Jessica zuvor noch nicht gesehen hatte. Offensichtlich bedrängte man sie von allen Seiten mit Fragen, aber Norman schüttelte nur immer wieder abwehrend den Kopf und hielt die Lippen zusammengepreßt. Auch sein Begleiter schien nicht gewillt, irgendeine Information von sich zu geben.
    »Die Beweise haben wohl nicht gereicht, um ihn festzuhalten«, sagte Jessica.
    Leon schlug mit der Faust auf das Fensterbrett. »Nicht gereicht? Du meinst, die Beweise haben nicht gereicht ? Welche Beweise will dieser schwachsinnige Norman denn noch haben?« Schon drehte er sich um, durchquerte mit schnellen Schritten das Zimmer und riß die Tür auf.
    »Nicht, Leon!« Jessica versuchte vergeblich, ihn zurückzuhalten. »Du hast doch gar keine Ahnung, was genau los ist!«
    Aber Leon lief bereits die Treppe hinunter. Und Jessica folgte ihm.
     
    Zum Glück hatten es die Polizisten verhindert, daß auch nur ein einziger Journalist das The Fox and The Lamb betrat, so daß sich in dem kleinen Eingangsraum nur Phillip, Geraldine, Superintendent Norman und der fremde Begleiter befanden. Leon stürzte wie ein wütender Stier auf Norman zu.
    »Weshalb bringen Sie ihn zurück? Wieso lassen Sie den Kerl noch frei herumlaufen? Reicht es nicht, was er getan hat? Soll er noch mehr Menschen umbringen, bis ihr ihn einsperrt?«
    »Mr. Roth, ich kann verstehen, was Sie …«, versuchte Norman zu beschwichtigen, aber Leon fiel ihm sogleich wieder ins Wort: »Meine Frau ist tot! Mein Kind ist tot! Meine jüngste Tochter hat eine winzigkleine Überlebenschance! Und den Kerl, der das alles zu verantworten hat, lassen Sie seelenruhig hier hereinspazieren, weil ihn vermutlich bereits irgendein geschickter
Anwalt herausgeboxt hat! Aber ich sage Ihnen eines, ich bin auch Anwalt! Und es gibt keinen Schritt, den zu unternehmen ich zurückschrecken werde, um Sie für Ihr fahrlässiges Verhalten und Ihre …«
    »Mr. Roth, bei allem Schmerz, den Sie auszuhalten haben, möchte ich Sie bitten, sich nicht im Ton zu vergreifen!« Das kam von dem fremden Mann, der zusammen mit Norman und den beiden Verdächtigen aus dem Wagen gestiegen war. Er sah Leon und Jessica an. »Gestatten? Ich bin Inspector Lewis von Scotland Yard. Der Fall wurde an uns übertragen.«
    »Und Ihre erste Handlung besteht darin, einen Mann,

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