Am Ende des Schweigens - Link, C: Am Ende des Schweigens
ich gern in der Küche bin, meine ich.«
»Man sieht, daß Sie gern essen. Aber das finde ich nicht schlimm. Genuß ist doch etwas Schönes. Meine Freundin ist Fotomodell, und sie muß so gnadenlos auf ihre Figur achten, daß die meisten ihrer Mahlzeiten nur aus Mineralwasser bestehen. Ich finde immer, ihr entgeht eine Menge. Außerdem ist es für den Partner auch nicht besonders anregend.«
»Aber sie hat sicher eine Traumfigur.«
»Sehr schlank. Manchmal denke ich, sie ist zu dünn. Aber auf Bildern sieht es gut aus.«
In ihren Augen erwachte etwas wie Interesse. »Ist sie schön?«
»Meine Freundin? Ja. Ja, ich glaube, man kann sie wirklich schön nennen.«
»Werden Sie beide heiraten?«
Er lachte. »Fragen Sie immer so direkt?«
Sofort errötete sie, und der Glanz in ihren Augen erlosch. »Oh, entschuldigen Sie. Ich wollte nicht …«
»Kein Problem. Ich bin nicht so empfindlich. Nein, wir werden wohl nicht heiraten. Geraldine träumt von Ehe und Familie, aber ich … ich glaube, für mich ist das nichts.«
»Dann ist sie wohl sehr unglücklich?«
»Geraldine?«
»Ja. Wenn sie so gern heiraten würde und …«, sie verschluckte sich fast an dem Wort, »… K-Kinder haben möchte …«
»Ich fürchte auch, daß sie unglücklich ist. Wir werden wohl nicht zusammenbleiben. Es ist traurig, aber es hat auch keinen Sinn, etwas zu tun, wohinter man nicht steht.«
»Da haben Sie recht.«
Sie sprach mit monotoner Stimme. Sie tat ihm leid, aber er wußte nicht, wo er ansetzen sollte. Sie war dick und traurig und wahrscheinlich ziemlich depressiv, und vermutlich würde ihr nur ein Seelenklempner letztlich helfen können.
Er musterte sie von der Seite. Ihm fiel auf, wie weich und weiß ihre Haut aussah. Sie roch nach einem sehr guten Parfüm. Ihre Haare glänzten. Sie hätte eine hübsche Frau sein können, wenn sie dreißig Kilo abnehmen und etwas fröhlicher dreinblicken würde. Er fragte sich, weshalb sie in dem dicken, schwarzen Rollkragenpullover nicht verrückt wurde. Es war viel zu warm, um sich so winterlich anzuziehen.
»Ist Ihnen nicht zu heiß?« fragte er. »Wir haben heute bestimmt den bisher wärmsten Tag des Jahres.«
»Nein. Mir ist nicht zu heiß.«
Er wunderte sich, weshalb sie ihn überhaupt interessierte. Aber diese Menschen waren nun einmal in sein Leben getreten, und um einige Ecken herum hatten sie etwas mit ihm zu tun. Sie waren ihm nicht gleichgültig.
»Ich würde gern einmal wissen, weshalb Patricia so sehr gegen mich ist«, sagte er. »Wir beide sind miteinander verwandt. Unsere Geschichten überschneiden sich an einer Stelle, in dem
Menschen Kevin McGowan. Ich finde das in erster Linie einfach interessant. Es wundert mich, daß sie das offenbar überhaupt nicht so sehen kann. Oder ist es das Geld? Das da«, er wies zu dem Haus hinüber, das mit dem frisch gemähten Rasen davor und den vielen neuen Pflanzen auf der Veranda plötzlich sehr gepflegt, sehr vornehm und stattlich aussah, »ist einiges wert. Vielleicht verabscheut sie den Gedanken, teilen zu müssen.«
Evelin zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht«, sagte sie. »Ich glaube, sie will einfach allein das Sagen haben. Sie ist sehr …« Sie suchte nach dem passenden Wort. »Sie ist sehr machthungrig.«
»Mögen Sie sie?«
»Sie war immer da.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
»Doch.« Jetzt blitzte Aggression in ihrer Stimme und in ihren Augen. »Das ist eine Antwort. Weil sich die Frage nach mögen oder nicht mögen hier bei uns gar nicht stellt. Sie darf sich nicht stellen. Die Frau, die zuletzt darüber nachgedacht hat, gibt es jetzt nicht mehr.«
»Was heißt das?«
»Die Vorgängerin von Jessica. Alexanders Ex-Frau. Er hat sich von ihr scheiden lassen, weil sie mit Patricia nicht zurechtkam. «
Er starrte sie ungläubig an. »Das kann doch nicht wahr sein!«
Wieder zuckte sie mit den Schultern, erwiderte nichts.
»Das ist … mehr als ungewöhnlich«, sagte Phillip. »Weil sie mit Patricia nicht zurechtkam … Wer ist Patricia eigentlich? Der Dreh- und Angelpunkt von all dem hier? Die Person, auf die es einzig ankommt? Von der alles abhängt? Der sich niemand entziehen darf? Was, zum Teufel, hat sie in diese Position katapultiert? «
»Sie verstehen gar nichts«, erwiderte Evelin. »Es geht nicht um Patricia. Patricia nutzt einfach nur die Situation geschickt aus, um ihr Bedürfnis, andere zu beherrschen, auszuleben. In
Wahrheit sind es die Männer. Es geht um die drei Männer.« Sie
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