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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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Nein.«
    »Hat er abhauen können?«
    »Auch nicht. Wie ich vorhin reingeschlichen bin, hab ich ihn als Erstes gesehen.« Ein kurzer, harter Husten schüttelte den Detektiv. »Kannst froh sein, dass es hier dunkel ist«, sagte er. »Ist nichts für schlechte Nerven. Er liegt dahinten, zwischen Schreibtisch und Wandschrank. Sie haben ihn gefoltert. Aber … er muss ihnen unter ihren Fingern weggestorben sein, bevor er ihnen auch noch den Tresorcode verraten konnte. Wahrscheinlich Herzschlag. War schließlich nicht mehr der Jüngste.«
    Kajetan schluckte. »Und der Fürst?«
    »Den werden sie schon vorher ausgequetscht und dann erledigt haben.« Wieder hustete Kull. »Anders kann ich mir nämlich nicht erklären, wie sie so schnell auf den Major gekommen sind. Ich frag mich, woher –«
    Er sprach nicht weiter. Die wummernden Schläge über ihnen waren in kurzes, nervöses Hämmern übergegangen. Dann trat eine Pause ein. Durch die Zimmerdecke waren gedämpfte Stimmen zu hören. Kajetan hörte, wie Kull die Luft anhielt.
    »Verdammt«, flüsterte der Detektiv. »Sind sie etwa schon durch?«
    »Was jetzt?«
    »Hab ich doch gesagt. Stürmen werden sie nicht, sondern versuchen, uns auszuräuchern.«
    »Dann müssen wir vorher raus«, sagte Kajetan.
    »Und uns wie die Hasen abknallen lassen?«, fuhr Kull auf, senkte aber sofort wieder die Stimme. »Nein – ich hab zwar noch genügend Kugeln im Magazin, aber wir kämen nicht weit. Sie bewachen die Tür und die Fenster und warten bloß darauf, dass wir …«
    Er sprach nicht weiter. Das Hämmern hatte wieder eingesetzt. Kull atmete rasselnd aus. Er redete schneller: »Aber wir haben nicht mehr endlos Zeit, Paulchen. Außerdem gehts mir beschissen. Mein linker Arm wird langsam taub.« Er holte schnaubend Luft. »Hör zu: Ich schätze, dass sie zu viert, höchstens zu fünft sind. Einer wird im Flur stehen, ein weiterer draußen. Die anderen kloppen noch oben rum. Wenn sie damit fertig sind, haben wir alle gegen uns. Außerdem wissen wir nicht, ob sie nicht schon längst Verstärkung angefordert haben. Das Telefon hier unten ist aus der Wand gerissen, aber möglicherweise gibts noch eins im ersten Stock.«
    »Nicht gut«, sagte Kajetan.
    »Hab mich auch schon besser amüsiert.« Der kleine Detektiv atmete schwer. »Und jetzt würd mich … brennend interessieren, ob du … ob du auch mal andere Einfälle hast, als die, mit denen du mich … dauernd in die Scheiße reitest. Irgend nen Kniff, Paulchen, verstehst du?«
    Nenn mich nicht …!
    »Ich habs«, sagte Kull. »Scheinausbruch.«
    »Was?«
    »Hör zu: Es gibt hier zwei nebeneinanderliegende Fenster. Mehr als einen Posten werden sie dafür nicht abgestellt haben. Er hat sich wahrscheinlich im Ofenhaus drüben verschanzt, das ist die beste Stelle. Auf ›Los!‹ markiert einer von uns am rechten Fenster, als würde er ausbrechen wollen. Damit zieht er sofort die Aufmerksamkeit auf sich, sieht aber gleichzeitig am Mündungsfeuer, wo der Mann steht, und hält dagegen. Das nutzt der Andere aus, um aus dem anderen Fenster zu springen und um die Ecke zu flitzen, wo er Schutz durch den geparkten Wagen hat und hinter Maschinenhaus und Brennofen zum ersten Trockenstadel rennen kann. Ich hab beim Hergehen sehen können, dass hinter ihnen eine Hecke beginnt. Dahinter ist ein zwar freier Acker, aber bei den Lichtverhältnissen werden sie sich mit dem Zielen schwertun. Außerdem wird derjenige, der im Haus zurückbleibt, sie noch eine Zeitlang in Schach halten können.«
    »Und dann?«
    »Hinter dem Acker fängt das Dorf an. Dort kann Hilfe organisiert werden. Alles kapiert?«
    »Hm«, machte Kajetan. Er stieß sich von der Wand ab, ging geduckt zum Fenster, drückte sich neben der Laibung an die Wand, beugte sich blitzschnell vor und ging sofort wieder in Deckung.
    »Könnt hinhauen«, flüsterte er. »Wenns funktioniert.«
    »Es muss. Eine andere Möglichkeit haben wir nicht.«
    »Gut«, sagte Kajetan. »Wer tut was?«
    »Ich lenk sie ab. Du, Paulchen, flitzt.«
    Kajetan fuhr herum. »Nenn mich nicht …!!«
    Ein dumpfes Poltern ertönte. Schemenhaft sah Kajetan, wie sich Kull nach vorne beugte und auf dem Boden nach seiner Beretta tastete. »Mist …«, hörte er.
    »Was hast?«, fragte er alarmiert.
    »Nichts. Dieser … verdammte Arm …«
    Kajetan kramte ein Feuerzeug aus seiner Tasche, tappte zu Kull, ging in die Knie und entzündete es. Der Detektiv gab ein unwilliges Grunzen von sich. An seinem Trenchcoat klaffte unterhalb des

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