Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
Vom Netzwerk:
Außerdem wurden einzelne Teile beim Transport beschädigt oder gingen dabei verloren.«
    »Wer hat den Abtransport veranlasst und durchgeführt?«
    »Die Landespolizei, unterstützt von örtlicher Feuerwehr und Bergwacht. Ein Beamter der Versuchsanstalt für Luftfahrt war zwar zugeteilt, verletzte sich aber beim Aufstieg und konnte die Arbeiten nur vom Tal aus überwachen. Daraus erklärt sich auch der Zustand des Unfallorts. Wie der aussah, nachdem Dutzende von Leuten darauf herumgetrampelt waren, können Sie sich vorstellen.«
    Kull konnte es. »Kommen wir zur Absturzursache. Sie schlossen eine technische Ursache zwar nicht grundsätzlich aus, tendierten aber zu einem Fehler des Flugzeugführers.«
    »Ich ›tendiere‹ nicht, um das klarzustellen, ja?!«, polterte der Gutachter. »Spekulationen überlasse ich Schwaflern wie Ihnen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass einige Fakten in diese Richtung wiesen, habe aber auch in aller Deutlichkeit festgestellt, dass es dafür keine verlässlichen Beweise gibt. Warum, habe ich Ihnen eben zu erklären versucht. Ob sich ein Besitzer oder eine Versicherungsgesellschaft darüber freuen oder nicht, hat dabei keine Rolle zu spielen.«
    Warum erwähnst du das?, dachte Kull.
    »Natürlich«, sagte er. »Aber ich habe mir die Stelle selber noch einmal angesehen. Dass ein Motorenschaden aufgetreten wäre, sich die Maschine deshalb in Sink- und Gleitflug begab und dann an diese Felsrippe geprallt wäre, ist nach Geländeform, der Lage des Wracks und dem Radius des Trümmerfelds definitiv ausgeschlossen. Ein Defekt des Leitwerks ist ebenso unwahrscheinlich.«
    »Woher wollen Sie das so genau wissen?«, hielt Graber aufgebracht dagegen. »Hören Sie zu, Sie Schlauberger: Das Wrack war derart ausgeglüht und verformt, dass über den Zustand von Seilen und Ruder keinerlei Aussage mehr gemacht werden konnte!«
    »Könnten Sie sich dazu überwinden, eine andere Meinung zumindest einmal zu erwägen?«, sagte der Ermittler gereizt. »Ein Defekt des Leitwerks ist deshalb wenig wahrscheinlich, weil auch hier die Situation des Absturzortes dagegen spricht. Außerdem gilt die Junkers F13 als technisch zuverlässig, sie war erst zwei Jahre alt, wurde nach meinen Unterlagen laut Flugtagebuch vor dem Abflug noch einmal gewartet und betankt.«
    »Wie es nicht nur Vorschrift ist«, warf der Gutachter überheblich ein, »sondern von uns auch in entsprechender Sorgfalt ausgeführt wird.«
    »Woran niemand zweifelt«, gab Kull konziliant zurück. »Demzufolge bliebe als Ursache doch eher menschliches Versagen. Eine bislang unentdeckte Krankheit des Flugzeugführers Staimer, beispielsweise.«
    Der Gutachter schüttelte energisch den Kopf. »Der Staimer war knapp dreißig und kerngesund. Und wenn, dann hätt der Bordmechaniker, der Hartinger Hermann, noch eingreifen können.«
    »Eine plötzlich auftretende Nervenkrise? Selbstmord?«
    »Genauso abwegig. Staimer war seelisch stabil. Außerdem hat er erst vor einem Dreivierteljahr geheiratet. Seine Frau steht kurz vor der Entbindung.«
    »Oder irgendein anderer Konflikt an Bord? Es wurde immerhin eine Pistole gefunden.«
    »Dafür gab es ebenfalls keinerlei Hinweise. Staimer und Hartinger hatten zuvor kaum miteinander zu tun. Beide waren außerdem erfahren genug um zu wissen, dass sie mit ihrem Leben spielen, wenn sie in der Luft aufeinander losgehen. Und was diese Pistole betrifft, so war sie noch voll geladen. Dass sie mitgeführt wurde, lag wohl an der Bedeutung der Fracht.«
    »Wie erklären Sie sich aber, dass die Maschine weit abseits der eigentlichen Flugroute abgestürzt ist?«
    »Gar nicht«, gab Gruber verdrossen zurück. »Das ist und bleibt mir ein Rätsel. Ein Defekt, etwa im Bereich des Seitenruders, würde nie eine derartige Abweichung bewirken, könnte außerdem von einem erfahrenen Piloten kompensiert werden.« Er hob die Schulter. »Ein Irrtum des Piloten. Eine andere Erklärung habe ich nicht.«
    »Obwohl das Wetter entlang der Flugroute an diesem Tag gut war und der Flugzeugführer nur dem Lauf des Inns hätte folgen müssen?«
    »Ich kann Ihnen nur sagen, dass dies meine einzige Erklärung ist. Haben Sie eine andere, Sie Klugscheißer?«
    Die habe ich allerdings, dachte Kull.
    Er faltete die Hände und führte sie nachdenklich an seine Lippen. »Wenn ich ehrlich sein soll, noch nicht. Aber wenn wir die Situation am Absturzort betrachten und aus ihr folgern können, dass die Maschine fast senkrecht zur Erde gerast sein muss,

Weitere Kostenlose Bücher