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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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ihre Rechte auf den Tisch. »Ich müsst jetzt langsam wieder in die Küch.«
    »Bloß noch zwei Fragen, Schlehbergerin. Der Ignaz soll am Nachmittag Besuch gehabt haben. Von einem Schlosser, der bei ihm nach Arbeit gefragt hat.«
    Sie dachte kurz nach. »Stimmt. Jetzt fällts mir wieder ein. Den hab ich aber bloß gesehen, wie er am Bach unten vorbei und zum Ignaz rübergegangen ist.«
    »Ihr seid aber doch die Ersten am Weg. Bei euch hat er nicht angefragt?«
    Sie verneinte. »Obwohl wir, glaub ich, sogar was zum Richten gehabt hätten.«
    Wieder ließ sich die mürbe Stimme des Alten vernehmen: »Kalt … kalt ists mir …«
    »Geh zu, Vater!«, schalt die Bäuerin gutmütig. »Ich kann doch nicht jetzt schon in der Stuben anschüren! Ist doch noch nicht einmal Niklas!«
    Sie wandte sich wieder Kajetan zu. Ihre Ungeduld war nicht mehr zu übersehen. »Noch was?«
    »Bloß noch eins: Der Herr Rotter hat doch damals noch einen Dienstboten gehabt. Hast du sie gekannt?«
    Die Bäuerin erinnerte sich sofort. »Die Ludmilla, ja. Das war eine Tüchtige. Ohne die wär der Ignaz direkt aufgeschmissen gewesen.«
    »Dann hat er sich mit ihr wohl gut vertragen, oder? Womöglich besser als mit seiner Frau?«
    Sie sah ihn von der Seite an. »Weiß schon, auf was du rausmöchst. Aber dass der Ignaz und sie – nein, das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen. Es stimmt, dass die zwei gut mitnand ausgekommen sind. Die Ludmilla hat ja auch gewerkt wie ein Mannsbild. Da hat er nie was über sie kommen lassen. Aber eins darfst mir glauben: Wenns da auch bloß das Geringste zwischen dem Ignaz und der Ludmilla gegeben hätt, dann wär die Fanny die Erste gewesen, die da sofort so ein Theater gemacht hätt, dass das ganze Dorf zusammengelaufen wär.«
    Sie nahm Kajetans zweifelnden Blick wahr.
    »Nein«, wiederholte sie entschieden. »Da hats nichts gegeben. So was siehst. Und wenn dus nicht siehst, dann spürst es. Und wenn du das nicht tust, dann schmeckst es.« Ein kleines, heimliches Funkeln glomm in ihren Augen auf. »Ein Mannsbild, das es mit einem Weib hat, schmeckt anders.«
    Kajetan bestippte seinen Schnauzbart, ein wenig fahrig. »Und, ah, wie?«
    Für einen Moment sah es aus, als wollte sie losprusten, doch sie entschied sich für einen strafenden Blick, als sei er es gewesen, der dem Gespräch eine leicht frivole Wendung gegeben hätte.
    »Jedenfalls dampft er nicht bloß nach Viech und Stall, wies der Ignaz getan hat!« Sie griff nach der Tischkante. »So. Und jetzt muss ich wieder in die Küch. Sonst steigen mir meine Mannsbilder noch aufs Dach.«
    »Bloß noch eine allerletzte Frag, Bäuerin«, beeilte sich Kajetan. »Wie der Rotter auf die Ludmilla gekommen ist, weißt nicht zufällig?«
    Sie sank wieder auf die Banklehne zurück. »Wie der Ignaz auf die Ludmilla … hm …« Sie kippte ihre Augen zur Stubendecke und dachte laut nach. »Hats nicht einmal geheißen, dass sie ein Ziehkind gewesen ist oder so was? Bei einem Bräu in Neumarkt unten? Und kommt nicht auch der Ignaz von da in der Näh her? Oder bring ich da jetzt was durcheinand?« Sie sah Kajetan an. »Nein. Sei mir nicht bös, aber da müsst ich jetzt direkt lügen.«
    Sie stand auf. Das Gespräch war beendet.
    Sie begleitete ihn vor die Türe. Er ließ sich den Weg zum Kramerhof beschreiben, dem dritten der Riedenthaler Anwesen.
    Mit einem Nicken wies sie auf den gegenüberliegenden Hof. »Beim Schwaiger Schorsch warst schon? Was hat er eigentlich dazu gemeint?«
    »Er hat mich rausgeschmissen.«
    Sie nickte geringschätzig. Das sähe ihm ähnlich. Er habe Ignaz Rotter nie gemocht und auf ihn herabgeblickt, weil dieser vor seiner Hochzeit nur ein schlecht bezahlter Fuhrknecht gewesen war und tatsächlich kaum mehr als den Käse zwischen seinen Zehen gehabt hatte. Er habe Rotter sogar einmal vor aller Ohren vorgeworfen, seine entfernte Cousine nur aus Berechnung geheiratet zu haben. Dabei sei die Wahrheit, dass der Schwaiger selbst gehofft hatte, dass das Mädchen ledig bliebe und ihre bereits hinfälligen Eltern den Hof ihm, dem zwar nur weitschichtig, aber immerhin Verwandten, übertragen würden.
    Kajetan drückte den Hut auf seinen Kopf und machte die Andeutung einer Verneigung. »Dann dank ich dir noch mal recht schön, Schlehbergerin.«
    »Schon recht«, winkte sie ab. »Schau lieber zu, dass du nicht ins Wetter kommst.« Sie sah prüfend zum Himmel. »Aber vielleicht hälts ja noch bis auf die Nacht.« Sie hielt gedankenverloren inne, bevor sie

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