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Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Titel: Am Ende des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Hültner
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jetzt der Kopf dafür runterkommen soll, da hab ich mir gedacht: So was werden die Herrschaften nicht tun, wenns auch nur einen einzigen Zweifel gegeben hätt.«
    Kajetan verbiss sich eine Bemerkung. »Zwei deiner Buben haben den Herrn Rotter ja auch gesehen, wie er damals aus seinem Haus in den Wald gegangen ist, wo der Mord dann passiert ist, stimmts?«
    »Ja.« Sie wies mit dem Kinn nach draußen. »Der Steff und der Franz haben Indianer gespielt, hinten beim Obstgarten. Da haben sie ihn gesehen. Eine gute Viertelstund später haben sie es dann auch im Wald krachen gehört.«
    Kajetan hakte nach: »Und die Buben sind sicher gewesen, dass es der Herr Rotter war?«
    Die Bäuerin schüttelte den Kopf. »Das haben mein Mann und ich sie auch immer wieder gefragt. Sein Gesicht, haben sie gesagt, haben sie nicht sehen können. Aber er hätt ausgeschaut wie der Ignaz. Und einen schwarzen Mantel angehabt. Einen, den sie auch beim Ignaz schon gesehen haben. Habs ja verstanden, die Buben. Wer solls auch sonst gewesen sein? Um diese Zeit? In der Gegend, so weit weg vom Dorf? Besuch kommt selten raus zu uns. Und so gemütlich wars bei den Rotterischen auch nicht, dass die Leut gern bei ihnen eingekehrt wären.«
    Wieder ließ sich ein mürbes Rascheln vernehmen.
    »Kalt … kalt ists …«
    »Ja, Vater!«, rief die Bäuerin geduldig. »Geht halt schon langsam auf den Winter zu, gell?«
    Das Wimmern erstarb.
    Die Schlehbergerin schenkte dem Alten ein wohlwollendes Lächeln und wandte sich wieder Kajetan zu. »Wo sind wir stehen geblieben?«
    »Dass die Buben sein Gesicht nicht gesehen haben, haben Sie doch bestimmt auch dem Kommissär erzählt, oder?«
    »Ja, freilich!«, beteuerte die Bäuerin. »Mein Mann und ich habens ihm auch noch extra gesagt. Wir bräuchten uns nichts denken, hat der Herr Kommissär gemeint, er hätts schon drin in seinem Protokoll.«
    Sie stand rasch auf und verschwand in der Küche. Kajetan hörte das Öffnen und Schließen einer Ofenklappe. Kurze Zeit später nahm sie wieder auf der Bank Platz.
    »Hab grad noch ein Scheitl nachlegen müssen«, erklärte sie. »Dauert, scheints, doch ein bisserl länger, hm?«
    Kajetan lächelte entschuldigend. »Wir werdens bald haben.«
    »Schon recht«, sagte sie. »Wenn der Ignaz nämlich tatsächlich keine Schuld hat, dann wären wir die Letzten, die ihm nicht helfen möchten.« Sie seufzte auf. »Wir haben eine gute Nachbarschaft gehabt. Zerkriegt sind wir nie gewesen. Freilich, ein bisserl harsch hat er hie und da sein können. Wenn du aber was gebraucht hast von ihm, und er hats geben können, dann hast es gekriegt.«
    »Harsch war er, sagst du?«
    »Das darfst laut sagen. Wenn der Ignaz grantig gewesen ist, bist ihm besser nicht untergekommen.« Sie nickte einige Male mit Nachdruck. Nachdenklicher fuhr sie fort: »Aber es ist ihm schließlich auch nicht zu verdenken gewesen. Man soll den Gestorbenen zwar nichts nachsagen, aber er hat oft eine arge Not gehabt mit seinem Weib. Die Rotter-Fanny hat sich schon saudumm anstellen können bei der Arbeit. Da bist als Bauer schnell aufgeschmissen, wenn du dir so was eingefangen hast. Dann hats auch noch alle daumlang mit den Leuten Streit angefangen. Einmal hat er sogar Straf dafür zahlen dürfen – du, da hat er sie zusammengestaucht! Aber wie! Bis zu uns rüber hast es gehört.«
    »Er soll auch einmal gesagt haben, dass er sie am liebsten erschlagen würd.«
    Sie hatte davon gehört. »Das ist ihm wohl einmal im Wirtshaus rausgerutscht. Aber in der Wut redet eins schnell einmal dumm daher, oder?« Sie schlug die Hände vor ihrem Gesicht zusammen und meinte erheitert: »Was hab ich zu dem Meinem nicht schon alles gesagt? Damals, wie er heimgekommen ist vom Krieg und gemeint hat, er könnt auf einmal das Militari einführen und mir anschaffen? Wo ich drei Jahr lang die ganze Wirtschaft ohne ihn geschmissen hab?« Ihre Augen leuchteten triumphierend. »Da hab ich ihn aber rasiert, das darfst mir glauben.« Mit zufriedenem Lächeln fügte sie hinzu: »Und trotzdem haben wir allweil wieder gut miteinander geschafft.«
    Kajetan lenkte das Gespräch wieder auf ihren ehemaligen Nachbarn: »Aber gachzornig hat der Rotter schon werden können, hm?«
    Sie tat es mit einer Handbewegung ab. »Ist aber genauso schnell wieder gut mit einem gewesen.« Sie schüttelte bestimmt den Kopf. »Nein, das mit dem Erschlagen war nicht ernst gemeint. Dumm daher geredet ist schnell. Aber reden und tun sind zwei Paar Stiefel.« Sie legte

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