Am Ende des Tages
durch einen Bordmechaniker bestand, ganz einfach. Wir hatten zunächst keinen Mann dafür frei, doch Hartinger erklärte sich bereit einzuspringen. Er war erst seit einigen Monaten bei uns. Ich vermute, er wollte besonderen Eifer zeigen, um als Flugzeugführer eingestellt zu werden. Es gab jedoch Zweifel an seiner Belastbarkeit aufgrund einer Kriegsverletzung. Und jetzt …!«
Kull sagte freundlich: »Ich habe nur noch ein Anliegen, Herr Graber. Ich benötige Namen und Anschrift aller Personen, die mit der Abwicklung des fraglichen Flugs betraut waren.«
»Für diesen Kram ist meine Schreibkraft zuständig.«
»Fein. Und eine allerletzte Bitte: Würde es Ihnen etwas ausmachen, mich einen Blick in das Wachbuch werfen zu lassen?«
Zwischen den Brauen des Gutachters bildete sich eine steile Falte. »Soll ich jetzt etwa mit Ihnen stundenlang die Einträge durchsehen?!«
Der Ermittler lächelte entwaffnend. »Das wäre äußerst entgegenkommend von Ihnen.«
Der Gutachter durchbohrte ihn mit einem wütenden Blick. Er brüllte in Richtung der Tür: »Mittelmeier!! Das Buch!!«
20.
Auf dem Kramerhof wurde Kajetan von einer resoluten Küchenmagd abgefertigt. Die Bäuerin sei noch im Dorf, sie selbst erst seit kurzem auf dem Hof. Von den alten Geschichten wisse sie nur vom Hörensagen. Ohne Erlaubnis des Bauern wolle sie ohnehin nichts sagen. Der aber sei noch bei der Waldarbeit. Ob er außerdem nicht sehe, dass er ihr im Weg herumstehe?
Kajetan konnte immerhin noch in Erfahrung bringen, dass der Kramerbauer nach dem Essen nicht mehr in seinen Wald zurückkehren wollte. Er ging ins Dorf zurück, aß beim Wirt zu Mittag, machte der Köchin sein Kompliment, bezahlte Essen und Übernachtung und verabschiedete sich.
Am späten Nachmittag kam er wieder in Riedenthal an. Er passierte die Abzweigung zum ehemaligen Rotter-Anwesen und folgte der sich um einen Hügel windenden Schotterstraße. Sie endete vor dem Kramer-Hof.
Man schickte ihn auf den Heuboden. In einer Wolke wirbelnden Staubs war der Bauer gerade dabei, Heu durch eine Luke in den darunterliegenden Stall zu werfen.
Seine Magd habe ihn bereits informiert, sagte er abweisend. Aber er und seine Frau könnten zu der ganzen Sache nichts sagen.
»Ich möchts auch nicht«, fügte er hinzu. »Wir haben lang genug unter dem dummen Gered über uns Riedenthaler zu leiden gehabt. Wir sind froh, dass endlich Gras drüber gewachsen ist. Und da kommst du daher und möchst die ganze Gschicht wieder aufstieren.«
»Der Doktor Herzberg ist sich sicher, dass der Herr Rotter unschuldig ist.«
Der Kramer arbeitete stur weiter. »Der Schwaiger und ich wohnen Grund an Grund. Da musst dir schon dreimal überlegen, ob dus dir mit deinem Nachbarn verscherzt.« Er hielt inne, lehnte die Gabel an seine Brust und wischte sich mit dem Hemdsärmel über die schweißglänzende Stirn. »Und dass das klar ist, ein für alle Mal: Wenn sie den Ignaz doch zu Unrecht eingesperrt haben sollten, sind wir nicht dran schuld. Unsere Mutter – der Herrgott hab sie selig, letztes Jahr haben wir sie eingegraben – hat dem Herrn Kommissär allweil wieder gesagt, dass sie zwar ein Mannsbild hat sehen können, wo vom Haus zum Wald gegangen ist. Aber dass es der Ignaz nicht gewesen sein kann, weil der einen anderen Gang hat. Und so zusammengewerkelt sie zum Schluss auch gewesen sein mag, Augen hats noch gehabt wie ein Habicht. Und im Hirn ist sie erst recht noch frisch gewesen. Merken hat sie sich alles können.«
Er stieß seine Gabel ins Heu. Wieder wirbelte Staub auf. Kajetan hüstelte.
»Der Ignaz hat damals einen Dienstboten gehabt, die Ludmilla. Hast du sie gekannt?«
»Habs hie und da gesehen.«
»Und meinst du, dass der Ignaz und …«
»Ist gut jetzt!« Der Bauer wies mit der Heugabel zum Tor. »Da gehts raus.«
Kajetan gab auf. Er bedankte sich und wandte sich zum Gehen. Der Bauer rief ihm nach: »Wenn ihr den Ignaz rauskriegt, vergönnen wirs ihm. Das kannst ihm sagen.«
Das würde er tun, versprach Kajetan.
Gott mit dir, du Land der Helden, dachte er.
Wieder im Freien, schneuzte er sich ausgiebig. Er warf einen Blick auf seine Landkarte, dann auf den Waldrand. Er betrat einen Feldweg entlang einer Zaunreihe, die den Beginn des Schwaigerschen Grundstücks markierte und kurz vor dem Waldrand endete. Kurze Zeit später hatte er eine Gabelung erreicht, von der ein Fußweg auf die Rückfront des Schwaiger-Hofs zulief; es war die Strecke, auf der die Nachbarn den Mörder gesehen haben
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