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Am Ende des Winters

Am Ende des Winters

Titel: Am Ende des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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man noch einen neuen Hignord und eine neue Valmud; danach konnte man dann bei neuen Geburten andere Namen verwenden. Jalmud, dessen Partnerin von den Rattenwölfen getötet worden war, hatte bereits um die Erlaubnis nachgesucht, das Mädchen Sinistine zur Paarungspartnerin nehmen zu dürfen, und Hresh nahm an, daß sich bald neue Paarungen bilden würden, da es inzwischen allen bewußt geworden war, daß man die Zeugung neuen Lebens nicht fürchten, sondern im Gegenteil als geheiligte Pflicht erkennen lernen müsse.
    So lagerte der Stamm noch einige Tage länger unweit des Teichs des Wasserschreiters, bis Threyne und Nettin wieder kräftig genug für den Weitermarsch waren. Für Koshmar, die sich so stark nach dem Anblick von Vengiboneeza sehnte, war das eine schwere Prüfung. Auch Hresh litt ungeduldig. Mehr als irgend jemand sonst besaß er eine deutlichere Vorstellung davon, was sie in Vengiboneeza erwartete, und er brannte vor Ungeduld.
    Und dann war er auch tatsächlich der erste von allen, der vier Tage nach Wiederaufnahme der Wanderung einen Blick auf die Türme der Stadt warf. Im Westen trafen sie auf einen See von solch tiefem Blau, daß das Wasser fast schwarz wirkte, und danach auf einen weiteren, genau wie der Wasserschreiter es gesagt hatte; und dann stießen sie an einen Fluß, und dies hieß, das Vengiboneeza ganz nahe sein müsse… Es war kein besonders breiter Fluß, aber er schoß kalt und rasch dahin, und überall ragten reißende Felszähne empor. Die Übersetzung mit dem Train war schwierig und dauerte viele Stunden, so daß sogar Koshmar es für das Klügste hielt, am anderen Ufer erst einmal das Lager aufzuschlagen und zu rasten. Hresh aber konnte nicht warten. Nach der Überquerung schlich er sich, von keinem beobachtet, heimlich davon und rannte rasch durch die Bäume, bis ihn die Überraschung plötzlich zum Innehalten zwang.
    Vor ihm ragten die schimmernden Türme einer prachtvollen großen Stadt empor wie hochgerichtete gewaltige Platten aus Schimmerstein über einem Dschungel, und es waren mehr Türme, als er zu zählen vermochte, Kette um Kette hintereinander – hier einer in schillerndem Violett, dort einer in feurigem Gold, da einer scharlachrot mit mitternachtsblauen Balkonen, dort einer in tiefstem Gagatschwarz. Manche waren von erstickenden Reben umrankt, genau wie das Waldgeschöpf gesagt hatte, doch die meisten lagen frei.
    Mit pochendem Herzen raste er sodann zum Lager zurück und brüllte: »Vengiboneeza! Ich habe Vengiboneeza gefunden!«
    Aber er hatte kaum die Hälfte der Strecke bis zum Lager durchmessen, als etwas Dickes, Pelziges, unglaublich Kräftiges seinen Hals umschlang und ihn zu Boden riß.
    Verzweifelt rang Hresh nach Luft. Er erstickte fast. Die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Alles war ganz verschwommen. Er konnte kaum seine Angreifer erkennen. Anscheinend waren sie zu dritt. Zwei hüpften auf und ab, der dritte hielt ihn mit seinem langen seilartigen Sensororgan gefangen. Also, wenn die menschlich sind, dachte Hresh, dann gehören sie aber zu einem ganz anderen Stamm. Ihre Arme und Beine waren außerordentlich lang, die Körper schmal und kompakt, die Köpfe klein, die Augen groß, hart und schimmernd, aber ohne einen Schimmer von Intelligenz darin. Alle drei waren vom Schädel bis zu den schlanken schwarzen Zehen von einem dichten graugrünen Fell einer fremdartigen Stofflichkeit bedeckt.
     »Ich… krieg… keine Luft…«, japste Hresh. »Bitte!«
    Er hörte ein rauhes höhnisches Lachen und ein wildes Gebrabbel von Lauten in einer unbekannten Sprache, schrill und aufgeregt. Verzweifelt zerrte er an dem peitschenartigen Sensororgan, das ihn würgte. Er bohrte fest die Fingerspitzen hinein. Seltsamerweise bewirkte das keine Reaktion, es sei denn, daß der Würgegriff noch enger wurde. Hresh war noch nie einem dermaßen unsensiblen Sensororgan begegnet. Der andere schien kaum etwas zu spüren.
    »Bitte… bitte…«, flehte er schwach mit seinem allerletzten Atem. Dann wurde um ihn herum alles schwarz.
    Ein plötzliches wildes Kreischen. Der Druck an seiner Kehle löste sich etwas, er rollte davon und war frei und rang keuchend und würgend zusammengekrümmt nach Luft. Sein Kopf wirbelte kreisend. Die Erde drehte sich wild unter ihm. Zunächst konnte er überhaupt nicht klar sehen, sondern hatte nur Flecken und Wirbel vor Augen. Nach einer Weile erholte er sich allmählich und blickte hoch.
    Harruel und Konya standen über ihm. Sie hatten zwei der drei

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