Am Ende eines Sommers - Roman
Rachel ausgebessert, damit der Schuppen winterfest ist.
Ich renne an der langen Wäscheleine entlang, reiße die Wäsche in dicken Bündeln herunter und werfe sie in die Blechwannen. Das meiste gehört Mum; ich habe am Ende entschieden, einfach alles zu waschen. Ein ohrenbetäubender Donnerschlag kracht, und ich packe die erste Wanne, renne damit in die Küche und stelle sie auf den Steinboden. Ich sprinte raus, um die zweite zu holen, als der Regen losprasselt, und in den paar Sekunden, die ich brauche, um wieder ins Haus zu kommen, bin ich klatschnass. Andy und Dad stehen in der Tür und feuern mich an.
»Du hast deine Höschen verloren!« Dad lacht, und ich drehe mich um und sehe die Spur aus kleinen Wäschestücken, die mir beim Rennen vom Stapel gefallen sind. »Geh sie nur holen – nass bist du ja schon«, grinst er.
Ich zucke die Achseln und laufe an der Wäscheleine entlang zurück bis zur hintersten Socke, dann mache ich kehrt. Das Regenwasser bedeckt den Boden wie eine große Pfütze; in die ausgetrocknete Erde kann es nicht einsickern. Als ich zum Haus zurücklaufe, rutsche ich aus und lande hart auf dem Rücken.
Andy jauchzt hysterisch, und Dad krümmt sich vor Lachen und haut sich auf die Schenkel. An der Tür packe ich beide und drücke meine nasse Gestalt an sie, damit auch ihre Sachen feucht sind.
»Geh und zieh dich um«, sagt Dad und streicht mir das Haar aus dem Gesicht.
In Dads Schlafzimmer schäle ich mir die nassen Sachen herunter, und sie klatschen zu Boden. Ich wickle mich in ein Badelaken und gehe zurück in die Küche, wo Dad und Andy am Fenster stehen und dem Gewitter zusehen. Draußen ist es dunkel wie am Abend, und das Gewitter muss direkt über uns sein, weil es pausenlos blitzt und donnert, als ob die Welt auseinanderbräche. Ich stelle mich neben Dad, und mich fröstelt.
»Alles in Ordnung, Sohnemann?« Er legt mir den Arm um die Schultern. Er muss sich ein bisschen bücken, um aus dem Fenster zu schauen.
Plötzlich friere ich so sehr, dass ich ihm nicht antworten kann. Das Frösteln wird schlimmer und durchwandert meinen ganzen Körper, bis meine Knie zittern und mir die Zähne klappern.
Andy schaut an Dad vorbei zu mir rüber und zieht die Stirn kraus.
»Du siehst nicht gut aus, Junge«, sagt Dad. »Du frierst ja.« Er nimmt mich in die Arme und rubbelt mir mit dem Badelaken den Rücken trocken, wie früher, als ich klein war.
Die Wannen mit der Wäsche stehen neben dem Tisch auf dem Boden, und Mums saubere Sachen quellen heraus. Eine von ihren Ringelsocken liegt unter der Bank, wo sie hingerollt ist – immer noch umgekrempelt, so, wie sie sie das letzte Mal ausgezogen hat. Mein Körper schwillt an, und ich schluchze an Dads Schulter, laut und rau. Dad hält mich fest, drückt meine Arme unter dem Badetuch zusammen, und ringsherum kracht der Donner und übertönt mich.
»Alles in Ordnung, Junge«, flüstert Dad an meinem Kopf. »Ich mache ein schönes Feuer, und dann geht’s dir besser.« Wieder streicht er mir das Haar zurück und gibt mir einen Kuss auf die Stirn, und mir wird klar, dass er das noch nie getan hat.
Nach fünf Tagen haben wir die Nase voll von Instant-Kartoffelpüree und Frankfurtern aus der Dose, jeden Abend. Zum Lunch gab es heute Cracker mit Marmite, und ich habe immer noch Hunger. Ich stöbere in der dunklen Küche nach etwas Essbarem. Dad liegt hinter dem Haus auf der Picknickdecke. Die frischen Lebensmittel sind schon seit ein paar Tagen alle, und ich hätte so gern Brot, dieses schöne, warme Baguette, das außen so knusprig und innen ganz weich und teigig ist. Fast das Beste an Frankreich sind die boulangeries , in denen wir auf der Fahrt nach La Font gewesen sind. Wenn man da reinkommt, duftet es anders als alles, was ich bis dahin kannte – auch anders als in einer englischen Bäckerei. Ein warmer Brotduft, mit einem Hauch von Süße wie Puderzucker, der in der Luft schwebt, wenn man ihn durchsiebt. Hinter der Theke liegen immer Berge von Stangenweißbrot und großen flachen Broten, und die Vitrinen sind voll von Erdbeertörtchen und bunt dekorierten Gâteaux. Beim ersten Mal haben wir uns alle in den Laden gedrängt, und Dad hat gesagt: » Deux baguettes, madame .« Die alte Frau hinter der Theke lächelte ihn an, als ob er ein Filmstar wäre, und fragte: » Anglais ?« Er lächelte zurück und sagte: » Oui, madame .« Sie gab ihm das Brot und tat zwei Cremetörtchen in eine Tüte. » Pour les garçons «, sagte sie und zeigte auf uns.
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