Am Ende eines Sommers - Roman
Andy starrt uns entsetzt an, erst mich, dann Dad.
»Dad?« Ich gehe zu ihm an die Jauchegrube und berühre sein Schulterblatt mit der Fingerspitze.
Ein einzelner Schluchzer dringt aus seinem Mund, ein Stöhnen. Er wirft den Spaten weg und geht durch den Garten davon, und dann fängt er an zu laufen. Er läuft durch die schimmernden Felder, und wir schauen ihm nach, bis er nicht mehr zu sehen ist. Andy dreht den Daumen hin und her, wie immer, wenn er sich Sorgen macht, und starrt weiter ins Tal. Als Dad nicht zurückkommt, hebe ich die beiden Schaufeln auf, und ohne ein Wort bringen wir die Arbeit zu Ende. Wir klopfen die Erde mit den Schaufeln so flach, wie es geht. Auch danach sagt Andy kein Wort; er spaziert einfach allein davon und stochert im Gras nach Tieren. Ich gehe um das Haus herum nach vorn und schaue ins Tal, kann aber Dad nirgends sehen. Vielleicht hat er den alten Olivenbaum gefunden, wie ich. Ich schleppe den Jauchebottich zum kühlen Waldrand und spüle ihn am Hydranten aus. Dad wird zurückkommen, wenn es ihm besser geht.
Als ich in dieser Nacht in der schwülen Dunkelheit zu schlafen versuche, höre ich Dad hinter dem Vorhang. Er weint, aber so leise, dass es wie tiefes Atmen klingt. Andy hört nichts; er schläft, und seine sonnengebräunte Stirn ist gerunzelt. Er liegt zusammengekrümmt und mir zugewandt auf seinem Bett, nackt in der schrecklichen Hitze, und sein Körper wirkt zu lang für sein Kindergesicht. Nach einer Weile höre ich Dad hinter dem Vorhang leise schnarchen. Die Wachskerze des Nachtlichts flackert auf meinem Nachttisch, und ich sehe, wie die Motten in den Tod fliegen, eine nach der andern. Die Nacht geht weiter, immer weiter, bis die Eule durch das offene Fenster hereinfliegt und die Wände mit ihrem Schatten beleuchtet. In der stillen Dunkelheit der Nacht blinzele ich, um zu beweisen, dass sie wirklich ist. Beim dritten Blinzeln spüre ich den Lufthauch ihres Flügelschlags, und dann ist sie weg.
Nach ein paar Tagen haben wir einen Rhythmus gefunden. Ich stehe jeden Morgen als Erster auf und gehe zum Hydranten, um Wasser für die Küche zu holen. Dann öffne ich die Fensterläden, während das Wasser auf dem Herd anfängt zu kochen, und ich fege die Insekten hinaus, die in der Nacht unter der Tür hereingekrochen sind. Mit meinem Geklapper wecke ich meistens Andy, und er kommt heraus und brüht eine Kanne Tee auf. Wir haben nur H-Milch, die schmeckt ein bisschen komisch, aber wenn man mehr Zucker hineintut, ist es okay. Unweigerlich geht Andy barfuß zur Vordertür hinaus und tritt auf dem Weg zum Klo auf irgendetwas – eine Schnecke, einen Dornenzweig oder einen Haufen Kaninchenkacke. Dann schreit er hochdramatisch, und ich weiß, das macht er absichtlich, um Dad aus dem Bett zu holen, denn das funktioniert immer.
Heute Morgen wirkt Dad ziemlich vergnügt, und er ist voller Pläne. »Okay, Jungs«, sagt er, hat seinen Teebecher in der einen Hand und streicht mit der andern über das staubige Fensterbrett. »Ich glaube, heute machen wir hier ein bisschen sauber. Die Bude sieht verkommen aus.« Er geht mit uns durch die Zimmer und zeigt, was getan werden muss. »Jake, du gehst mit dem Besen durch das Haus und wischst überall Staub. Andy, du kannst den Gasherd sauber machen und die Küchenfenster putzen. Ich fege den Kamin aus und repariere das Loch in der Hintertür für Rachel. Das kann nicht so bleiben, bis sie wiederkommt. Sie hat einen Zoo voll wilder Tiere hier drin, ehe sie sich versieht.«
Wir lachen alle. Gestern Abend, als wir am Tisch saßen und Käse und Cracker aßen, hat sich eine Kröte, so groß wie ein Suppenteller, durch das Loch in der Hintertür gezwängt. Wir haben alle geglotzt, und sie hopste ein Stück über den Boden, bevor sich die zweite hereinquetschte. Andy ist schreiend auf den Tisch gesprungen. »Das sind Monster!«, japste er. Dad hat die Tür aufgemacht und sie mit der Gaslaterne wieder hinausgescheucht. Dann hat er Brennholz vor dem Loch gestapelt. »Ich wette, die wohnen immer hier, wenn das Haus leer ist«, meinte Dad schaudernd. »Igitt.«
Wir machen uns an unsere verschiedenen Aufgaben. Dad ist anscheinend froh, etwas Nützliches zu tun. Er läuft herum und hat einen Bleistift hinter dem Ohr. Hier Ordnung zu machen, fühlt sich gut an. Den Bereich rund um mein Bett habe ich einigermaßen sauber gehalten, aber das Durcheinander im restlichen Haus ist mir mehr und mehr auf die Nerven gegangen. Die Fensterläden sind geschlossen, als ich
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