Am Ende eines Sommers - Roman
unser Schlafzimmer ausfege, und der Staub steigt in Wolken auf und schimmert in dem Licht, das zwischen den Holzlamellen hereinfällt. Es sieht aus wie in einem alten Gangsterfilm. Ich schiebe den Besen tief unter mein und Andys Bett und fege auch in den Ecken, und zwischendurch ziehe ich das Bettzeug glatt. Ich falte meine Klamotten zusammen und staple sie auf meinem Nachttisch. Die schmutzigen werfe ich auf den Boden. Nachher werde ich waschen. Ich habe gesehen, wie Tante Rachel in den beiden Wannen gewaschen hat, und weiß ungefähr, was ich tun muss. Andys Ecke ist eine Müllkippe. Ich sage ihm, er soll seine Wäsche sortieren, wenn er in der Küche fertig ist. Ich klappe die Fensterläden an die Außenwand und bleibe kurz stehen, um hinauszusehen. Vom dumpfen Gleißen der Sonne tun mir die Augäpfel weh. In der Ferne sehe ich die winzige Gestalt eines Mannes, der seine Kühe von einer Weide auf die andere treibt. Den Bauernhof kann man von hier aus erkennen, aber ich habe im Tal noch nie einen Menschen gesehen. Die Enttäuschung ist wie ein kleiner Stich: Wir sind nicht wirklich allein in dieser Ecke der Welt.
»Buh!«, Dads Kopf taucht vor dem Fenster auf.
»Hey! Verdammt noch mal, Dad!« Ich schnappe nach Luft und greife mir an die Brust. »Du hättest mich fast zu Tode erschreckt.«
Er grinst und geht weiter. Keine Ahnung, was er vorhat. Ich schiebe die ausgebrannten Nachtlichtschalen zusammen und bringe sie zum Mülleimer in Mums und Dads Zimmer. Ich ziehe den gelben Vorhang zurück und binde ihn an der Wand fest. Die Luft hier drin ist plötzlich ganz still. Dad hat bei geschlossenem Fenster geschlafen, und der erstickende Geruch warmer Körper hängt schwer im Raum. Die Gegenstände auf der Frisierkommode liegen im Schatten, und fast habe ich Angst, die Fensterläden zu öffnen, weil ich nicht weiß, was ich dann sehen werde. In diesem Licht sieht es aus, als schliefe noch jemand in dem Bett. Ich gehe zum Fenster, stoße die Läden auf und atme tief ein, als die Luft hereinströmt. Als ich mich umdrehe, hämmert mir das Herz in der Brust, aber im Tageslicht sieht das Zimmer ganz normal aus. Ich wische überall Staub und stelle Mums Sachen wieder genau so hin, wie sie sie nach Tante Rachels Abfahrt verteilt hat. Ich rieche an ihrer Parfümflasche und streiche mit den Fingern über die geschliffenen Glaskanten. Es riecht wie ihr Haar, wenn sie es gewaschen hat und es sauber glänzt. Ich fege unter dem Doppelbett, und alle möglichen toten Insekten und Wollmäuse kommen zum Vorschein. Sogar ein winziger, vertrockneter toter Frosch ist dabei. Ich lege ihn zur Seite, um ihn nachher Andy zu zeigen, und den übrigen Kehricht schaufle ich in den Mülleimer im Schlafzimmer. Mums Kleider hängen über der Lehne eines Korbstuhls in der Ecke. Ihre Shorts sind noch da, wo sie sie am letzten Tag ausgezogen hat; sie liegen wie zwei kleine Schlingen auf dem Boden. Ihr BH hängt am Bettpfosten. Er ist lachsrosa. Ich höre Dad an der Hintertür pfeifen. Er fängt an zu hämmern und repariert das Loch. Ich lehne mich aus dem Fenster; er hockt am Boden und wühlt in einem kleinen Eimer mit Nägeln und Schrauben.
»Ich werde unsere Sachen waschen«, rufe ich.
»Guter Plan«, sagt er, ohne aufzublicken. Er stemmt sich hoch, und seine Arme sehen dunkel und stark aus. »Meine liegen drin auf dem Boden.«
»Ich weiß«, sage ich.
Dad vermisst und markiert ein Stück Holz. Ich lehne mich immer noch aus dem Fenster, und er schaut zu mir hoch. »Was ist?«
Ich schaue weg und sehe ihn dann wieder an. »Was ist mit Mums Sachen?«
Er antwortet nicht, sondern fängt an, das Stück Holz zu sägen. Es liegt quer über einem alten Schemel, und er hält es fest. »Tu, was du für richtig hältst, Jakey«, sagt er, und das abgesägte Ende fällt zu Boden. Dad verschwindet um die Ecke, um die Tür zu reparieren.
Am nächsten Nachmittag nehme ich gerade die Wäsche von der Leine, als der erste Regentropfen auf meine Wange fällt. Zuerst halte ich es für Vogelscheiße – es ist so lange her, dass ich Regen im Gesicht gefühlt habe. Ich schaue hoch und sehe, dass die eine Hälfte des riesigen Himmels schwarz und bedrohlich aussieht. Die andere ist immer noch hell und sonnig.
»Hol das Zeug lieber rein!«, ruft Dad vom Dach des Schuppens herüber und zeigt auf einen plötzlich aufstrahlenden Blitz in der Ferne. Er steigt die Leiter herunter und bringt das Werkzeug in den Schuppen. Er hat ein paar zerbrochene Dachpfannen für Tante
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