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Am Ende ist da nur Freude

Am Ende ist da nur Freude

Titel: Am Ende ist da nur Freude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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unsere Blicke sagten: »Was ist denn jetzt los?«
    Bald merkten wir, dass Mike tatsächlich mit jemandem sprach, und während wir der Unterhaltung lauschten, merkten wir, dass er mit den Großeltern väterlicherseits redete. Er war ihnen sehr nahegestanden und hatte sie innig geliebt. Als Großmutter starb, verbrachte Mike viel Zeit mit unserem Großvater. Da meine Cousins und ich anderswo in der Schule waren, waren wir dankbar, dass er da war und ihn so oft besuchen konnte. Als Opa starb, traf das Mike schwer. Daher war also die Vorstellung, dass meine Großeltern zu meinem sterbenden Bruder kamen, gar nicht so überraschend.
    Als Arzt ist es sehr leicht, so etwas abzutun, bis man es selbst erlebt. Könnte die Vision meines Bruders im Traumzustand erfolgt sein? War sie die Folge von Sauerstoffmangel? Oder eine Nebenwirkung der Medikamente? Alles war möglich, aber meiner Mutter und mir erschien keine dieser Möglichkeiten zutreffend. Das hier war zutiefst echt. Real. Keiner von uns versuchte einzugreifen. Wir schauten einfach nur zu.
    Während der nächsten paar Stunden beobachteten Mam und ich, wie Mike immer wieder das Gespräch aufnahm. Wir konnten nie genau verstehen, was er sagte, aber
wir hörten, wie er beide Großeltern beim Namen nannte. Außerdem hatte er einen sehr zärtlichen, liebevollen Gesichtsausdruck. Von allem, was wir für ihn taten – von der Sterbebegleitung bis zu unserem Bemühen, dass er von allem nur das Beste bekam –, schien dieser »Besuch« ihm am meisten gutzutun.
    Vor dieser Episode hatte ein Hauch von Kampf und Spannung in der Luft gelegen, aber nun war es, als sei nur noch Frieden um meinen Bruder. Ich bin überzeugt, dass das am Besuch meiner Großeltern lag, als er starb.
    Jemand aus der Familie fragte mich: »Wie erklärst du dir das als Arzt?« »Als Arzt kann ich das gar nicht erklären«, antwortete ich, »ich habe keine wissenschaftliche Erklärung dafür. Ich kann mich da nur auf meine Erfahrung stützen. Ich habe es einfach ernst genommen und wusste, dass es ein authentischer Teil des Sterbeprozesses war.«
    Wenn meine Patienten etwas Ähnliches erleben, stelle ich das als Arzt nicht in Frage. Ich akzeptiere einfach, dass so etwas gerade geschieht. Für den Patienten ist es real, also ist es das auch. Aber so etwas lernt man auf keinen Fall im Medizinstudium.

Das Festgewand
    von Zack
     
    Ich bin 32 Jahre alt und arbeite in der Palliativpflege, und zwar in der Pflegeforschung auf dem Gebiet der Psychologie von Trauma und Verlust. Das Interesse daran erwachte während meines letzten Jahres in der Army, und heute konzentriere ich mich auf den Trauerprozess, besonders bei Vätern, die ihre Kinder verloren haben. Meine Erfahrung mit Visionen auf dem Sterbebett bezieht sich jedoch auf eine Frau namens Dora, die an Nierenversagen starb.
    Dora war eine große Kämpferin, aber in ihrer letzten Lebenswoche verlor sie immer wieder das Bewusstsein. Als das zum ersten Mal geschah, wurde sie aus der Bewusstlosigkeit heraus plötzlich wieder luzide und fing an, mit jemandem zu reden, den kein anderer sehen konnte. Und im Laufe der Zeit schaute sie immer öfter über ihre Angehörigen und mich hinweg oder um uns herum (als ob wir im Weg wären) und zur Decke. Dabei führte sie ein Gespräch mit ihrem unsichtbaren Besucher.
    Als ihr Nierenversagen das Endstadium erreicht hatte – den kritischen Punkt –, sprach sie laut mit ihrer verstorbenen
Mutter. »Mami«, fragte sie, als ob sie noch ein Kind wäre, »bist du das?«
    Wir, die wir dabei zusahen, waren bass erstaunt, als Dora weiter sprach: »Mami, du bist wieder da.« Doras Stimme klang so echt und bestimmt, dass ich oft den Drang verspürte, mich nach dem Menschen umzusehen, mit dem sie sprach, auch wenn ich sehr wohl wusste, dass ich da niemanden sehen würde.
    Doras Tochter Myra war zunächst ganz aufgebracht, als sie ihre Mutter mit ihrer Großmutter reden hörte. Doch als sie weiter zuhörte und ihre Mam schilderte, dass ihre Mutter von einem »Gewand aus Licht« umhüllt sei, wurde sie tief ergriffen.
    »Meine Güte!«, rief Dora aus. »Schau dir nur mal das Festgewand an, das du trägst. Es leuchtet so hell, dass ich kaum hinsehen kann. So etwas habe ich noch nie gesehen! «
    Myra, die die Vision nicht sehen konnte, sagte ihrer Mutter einfach nur: »Ich hab dich lieb.«
    Das riss Dora offenbar unvermittelt aus der Vision heraus. Sie sah ihr direkt in die Augen und sagte: »Ich hab dich auch lieb, Myra.« Doch kurz danach nahm

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