Am Ende ist da nur Freude
ihren letzten Wochen im Krankenhaus wechselten mein Bruder Larry und ich uns ab, damit meine Schwester nie allein war. Ich versuchte, der trostlosen Situation realistisch ins Auge zu sehen, aber Larry hoffte immer noch, sie könnte den Krebs besiegen.
Eines Nachts war ich mit Mary Beth allein, und sie hatte schreckliche Schmerzen. »Was ist mit dir?«, fragte ich. »Was brauchst du?«
Sie stöhnte. Ich beugte mich zu ihr und fragte sacht: »Was willst du sagen?«
»Ich will jetzt gehen«, murmelte sie. »Mam und Dad
rufen mich … sie möchten, dass ich mit ihnen mitkomme. «
Ich verstand nicht, was sie meinte. Ich konnte es zunächst gar nicht fassen. Ich dachte, sie müsse schreckliche Schmerzen haben, und es tat mir so leid, was sie alles durchmachen musste. Ich wollte ihr so gerne ein wenig Erleichterung verschaffen, deshalb rief ich die Schwester und bat sie, Mary Beth etwas gegen die Schmerzen zu geben.
»Möchtest du wirklich zu Mam und Dad?«, fragte ich sie.
»Ja«, antwortete sie ruhig und streckte die Hände zur Zimmerdecke.
Ich fing an zu weinen und sagte: »Bitte verlass mich nicht, ich habe dich doch so lieb.«
»Lass mich gehen, Ellen«, bat mich Mary Beth. »Mam und Dad sind hier, um mich abzuholen.«
Während wir darauf warteten, dass die Krankenschwester die Medikamente brachte, sah ich im Stillen ein, dass meine Schwester dauerhaftere Erleichterung suchte. Ich dachte daran, Larry anzurufen (er hatte das Krankenhaus vor ein paar Stunden verlassen) und ihm zu sagen, dass unsere Schwester unsere toten Eltern sah, aber ich beschloss dann doch, ihm seinen Nachtschlaf zu gönnen und ihn gleich am nächsten Morgen anzurufen.
Meine Schwester wiederholte immer wieder, dass unsere Eltern auf sie warteten. Ohne viel darüber nachzudenken, sagte ich ihr: »Ich hab dich lieb, und wenn du mit Mam und Dad gehen willst, dann geh nur.«
Die Krankenschwester kam und gab Mary Beth ein Schmerzmittel. Danach schliefen wir beide ein. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, rief ich meinen Bruder an und erzählte ihm, was geschehen war. Er fuhr sofort ins Krankenhaus. Doch bis er ankam, hatte sich der Zustand unserer Schwester verschlechtert, und sie war nicht mehr ansprechbar. Larry rief sie ein paar Mal leise beim Namen und schüttelte sie ganz sanft. »Was ist passiert?«, wollte er wissen.
»Ich weiß nicht«, antwortete ich. »Ich habe ihr einfach nur gesagt, dass es okay ist, wenn sie gehen muss.«
»Du hast was ?!« Larry war außer sich. »Wie konntest du nur! Wenn sie stirbt, werde ich dir nie verzeihen, dass du ihr gesagt hast, es sei in Ordnung, wenn sie geht!« Ich sagte ihm, dass Mary Beth mich immer wieder gebeten hatte, sie mit unseren Eltern mitgehen zu lassen, aber er war immer noch wütend auf mich.
Meine Schwester starb noch am selben Tag, und Larry kam nicht mehr von dem los, was ich ihr gesagt hatte. Die Vorstellung, dass unsere Eltern zu ihr ans Bett gekommen waren, um sie abzuholen, verwarf er als völligen Unsinn.
Für mich ist die Tatsache, dass meine Eltern Mary Beth in Empfang genommen haben, ein gewisser Trost. Auf jeden Fall hatte sie am Ende wohl keine Angst; ihre Gegenwart schenkte ihr tiefen Frieden. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich meine Schwester zum Aufgeben überredet habe oder die Macht gehabt hätte, ihren Tod zu verhindern – ich habe einfach nur ihr Erleben ernst genommen und sie unterstützt, so gut es mir möglich war.
Die Vision, dass meine Eltern zu meiner Schwester kamen, gab ihrem Sterben für mich etwas Heiliges und Tiefes, aber leider sah mein Bruder das nicht so. Bis heute glaubt er, dass ich an ihrem Tod mit schuld bin, weil ich ihr die Erlaubnis gegeben hatte zu gehen. Ich frage mich manchmal, was geschehen wäre, wenn ich sie gebeten hätte zu bleiben. Ich werde es nie erfahren, aber ich weiß, dass ich meinem Instinkt gefolgt bin. Und ich hoffe sehr, dass meine Mutter und mein Vater auch zu mir kommen, wenn es bei mir so weit ist.
Angst hält den Tod nicht auf – sie verhindert das Leben
von Jane
Ich erinnere mich an einen Vorfall während meines Medizinstudiums. Ich war im zweiten Semester. Heilen hatte mich schon immer interessiert, denn vor Jahren war meine Mutter gestorben, und ich hatte immer viel mit Ärzten und Krankenhäusern zu tun gehabt. Ich wusste zwar, dass ich Ärztin werden wollte, aber mich überkamen oft Ängste und Zweifel, ob ich Schule und Studium überhaupt schaffen würde.
Als ich erfuhr, dass bei meinem Vater
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