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Am Ende ist da nur Freude

Am Ende ist da nur Freude

Titel: Am Ende ist da nur Freude Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kessler
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Mundschutz und Handschuhe. Sammy befand sich im fortgeschrittenen Stadium, und ich fuhr in den vierten Stock des Krankenhauses, um mit ihm zu sprechen. Ich erinnere mich noch gut an das große Zimmer, die so genannte »Sonderpflegestation«. Es stand leer und wurde nun für Aids-Patienten genutzt. Das Zimmer war recht kahl und ziemlich trist, nur eine einzige Vase und ein Tisch standen darin. Sammy war ein bunter Vogel und erzählte liebend gern Geschichten, bekam aber nie Besuch.
Wir hatten keine Ahnung von seinem bisherigen Leben. Er war bei uns, weil er nirgendwo anders hinkonnte und niemanden hatte, der sich um ihn kümmerte.
    Im Laufe der folgenden Wochen beobachtete ich, wie sich Sammys Zustand zusehends verschlechterte. Sein Haar wurde grau, und obwohl er groß und breitschultrig war, sah er völlig ausgezehrt aus und schlang die Decke immer enger um sich. Er aß nicht eben viel, deshalb fragten wir ihn nach seinen Lieblingsgerichten. Er sagte, er äße gern Stielmus und gebratenes Hähnchen. Das besorgten wir ihm, um ihn ein wenig zu verwöhnen. Wir konnten so wenig für ihn tun, und auf diese Weise fühlten wir uns nicht ganz so hilflos.
    Mit Sammys Gesundheit ging es rasch bergab, immer wieder verlor er das Bewusstsein. Er verfiel in einen traumähnlichen Zustand und murmelte etwas in meine Richtung, aber es war, als redete er mit jemand anderem. Zum Beispiel sagte er: »Bitte mach die Fenster zu. Mach die Fenster zu.«
    »Die Fenster sind zu«, sagte ich ihm dann und fragte mich, ob ihm vielleicht kalt war. Als er dann verkündete: »Ich bin noch nicht so weit«, war mir klar, dass er vom Tod sprach.
    Eines Tages bat er mich, die Zimmertür zu schließen. Das überraschte mich, denn normalerweise wollte er immer, dass sie offen stand. Es wirkte, als versuche er mit allen Mitteln, im Zimmer zu bleiben. Dann fiel er in Schlaf.
    Wenn ich bei ihm saß, sang ich ihm gern Schlaflieder
und andere Melodien vor. Gerade summte ich wieder ein Lied, da ergriff er meine Hand. Plötzlich sprach er mit seiner Mutter und streckte die Arme aus wie ein Baby, das aufgenommen werden möchte. Ich hörte zu, als er anfing zu singen wie ein kleines Kind.
    In jener Nacht sagte er mehrere Male, es sei sehr windig, und ich solle die Fenster schließen. Ich ging darauf ein und sagte ihm, er sei in Sicherheit, und wir seien alle da, falls er etwas brauche. Er schilderte das Gefühl, vom Wind aus dem Bett gehoben zu werden. Immer wenn er die Kraft des »Windes« spürte, bat er mich, das Fenster zu schließen, damit er nicht vom Wind fortgetragen würde. Außerdem sprach er auch wieder mit seiner Mutter. Dabei wurde er weniger ängstlich. In dem Moment wusste ich, dass er eine Dimension sah, in die ich ihm nicht folgen konnte. Das war mir neu. Zwar hatte ich im Zuge meiner Arbeit schon viele Menschen sterben sehen, aber jetzt war ich zum ersten Mal die Einzige, die außer dem Sterbenden noch im Zimmer war.
    Schließlich fragte ich Sammy, wonach er vorher die Hände ausgestreckt hatte.
    »Ich wollte umarmt werden«, erwiderte er.
    Da wurde mir klar, dass er wahrscheinlich schon eine ganze Weile nicht mehr umarmt worden war, besonders weil er Aids hatte und die Leute ihn aus Angst nicht berühren wollten. Meinen mütterlichen Instinkten folgend überging ich meine eigenen Ängste, legte mich neben ihn auf sein Bett und nahm ihn in meine Arme. Er kuschelte
sich an mich und wiegte sich, als singe er. Ich sang ihm ein Schlaflied, was ihn anscheinend tröstete. Er entspannte sich in meiner Umarmung, doch streckte er immer noch die Arme nach oben. Dann machte er den Mund weit auf und sagte: »Sie ist da. Mam, du bist da!«
    Ich wusste, dass Sammy aufgrund von Komplikationen bei seiner Krankheit praktisch blind war, aber dann merkte ich, dass er für das, was er jetzt sah, keine Augen brauchte. Er streckte sich noch weiter, beugte sich aus meiner Umarmung heraus in seine Blickrichtung und sagte: »Mam, du holst mich ab.« Er lächelte und glitt in den Schlaf hinüber.
    Als ich eine Veränderung in seiner Atmung bemerkte, rief ich die Schwestern. Sie waren heilfroh, dass sich jemand um Sammy kümmerte. Inzwischen hatte ich nicht mehr die geringste Angst, und ich hielt ihn fest, als ich spürte, dass er langsam hinüberglitt. Seine Atmung verlangsamte sich, und das Luftholen fiel ihm schwer. Inzwischen sprach er nicht mehr, und es kam mir vor, als gehe er dieses Mal »mit dem Wind«, statt sich ihm zu widersetzen.
    Sammy lag nicht mehr in

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