Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
Vom Netzwerk:
ach so, ich hab euch was mitgebracht … stellt euch vor, ich hab einen Film gemacht, wie ich es früher schon wollte. Ich gewinne sicherlich keinen Preis damit, aber ein paar Bilder sind mir echt gelungen … die Adlerszenen oder … –«
    In der Kapelle schlagen die Glocken aneinander, das machen sie nur noch in der Woche vor Weihnachten. Ich wische mir die Tränen weg und lehne meinen Erstling gegen das Kreuz.

79
    Valentin hat sich das Bein gebrochen. Er ist auf einer gefrorenen Pfütze vor der Capri Bar ausgerutscht. Die Lokalzeitung behauptet, er sei »sturzbetrunken« gewesen, er selbst dementiert das. Sie interessieren sich für ihn, weil sein Vater der Senator für Umwelt, Bau und Verkehr ist und Valentin dadurch irgendwie prominent.
    »Der Typ, der den Artikel geschrieben hat, war an dem Abend auch in der Bar. Wir hatten mal was, aber es hat mir nicht so gut gefallen wie ihm«, erzählt er mir am Telefon.
    Zum Glück ist gerade kein Wahlkampf und sein Vater ziemlich entspannt für einen Spitzenpolitiker. Als ich ihn damals kennenlernte, gab er mir die Hand und zog mich ein Stück zu sich: »Du bist also Valentins neuer Freund. Schön, dass er sich endlich mal ernsthaft auf jemanden einlässt.«
    »Find ich auch«, antwortete Valentin für mich und grinste.
    Ich nickte höflich, das Personal des Edelitalieners verjagte einen Rosenverkäufer, der sich ins Restaurant geschlichen hatte, und warf entschuldigende Blicke in die Lokalrunde. Ich hätte ihnen gerne meinen Vorspeisenteller an den Kopf geworfen. Wenig später aß ich mit Trüffeln gefüllte Ravioli, die nach Erde schmeckten. Sehr teurer Erde.
    Erst nach dem Dessert klärte Valentin seinen Vater auf, der nahm es mit Humor, bestellte Grappa und sagte: »Dann tob dich aus. Du wirst sehen, irgendwann wünschst du dir, dass jemand da ist, wenn du abends nach Hause kommst. Meinst du nicht auch, Max?«
    Ich nippte am Grappaglas, es war schon leer, und antwortete: »Meine Freundin hat sich vor einiger Zeit von mir getrennt.«
    »Ach je«, sagte Valentins Vater und rief dann: »Francesco, noch drei Grappa, bitte.«
    Valentins Handicap bedeutet, dass er Silvester nicht in Königsburg sein wird.
    »Das Gelände ist zu steil und eisig für nordische Invaliden«, meint er.
    Ich biete ihm an, nach Bremen zu kommen, aber er sagt: »Du warst lange genug unterwegs. Bleib zu Hause.«

80
    Seit meiner Rückkehr vor fünf Tagen habe ich damit begonnen, den Hausrat zu ordnen, einige Möbel, unter anderem die Metallhocker aus der Küche, und Klamotten ausgemistet und sozialen Einrichtungen der Region gespendet.
    An das Büro meiner Eltern wage ich mich noch nicht heran. Ich habe Angst, versehentlich wichtige Dokumente in den Müll zu werfen oder einen Entwurf, einen Grundriss, zu entdecken, den sie für sich selbst entwickelt hatten. Eine Wohnung in Lindau am Bodensee oder ein restauriertes Winzerhaus im Kaiserstuhl, mit solchen Gedanken für ihr Alter, ihre Zukunft, spielten sie hin und wieder.
    Um 18 Uhr kommt ein Simon Billinger, um sich den Golf anzuschauen. Inseriert habe ich den für verhandelbare 700 Euro. Den Kombi behalte ich fürs Erste. Die Leute auf dem Hof brauchen vielleicht bald ein tüchtiges Auto, falls Maria noch ein paar Tiere überfährt.
    Nach fünfminütigem Probesitzen besiegeln wir den Kauf per Handschlag. Mir bleiben vier Mix-Kassetten und zwei Wunderbäume.
    Simon Billinger ist mit seinem Vater gekommen, hat ihn aber gebeten, im Auto zu warten. Er sagt, dass er das Geld für den Wagen in den Semesterferien selbst verdient hat und nicht will, dass sein »skeptischer Alter« versucht, ihm die Sache auszureden.
    »Magst du Britpop?«, fragt er, als ich ihm die Schlüssel überreiche und eine der Kassetten auf dem Boden landet. Sie ist mit »Be Here Now« beschriftet.
    »Früher sehr gern«, antworte ich.
    »Wir spielen heute mit unserer Band im Bali. Komm doch vorbei.«
    Er zieht einen knittrigen Flyer aus seiner Lederjacke.
    Live: Our City is the Forest.
    Wann: 23. Dezember, 21 Uhr.
    Wo: Bali, Mühlenstraße 2, Villingen.
    »Bring your friends and dance.
    Or just clap your hands.«

81
    Obwohl ich Lust habe, gehe ich nicht auf das Konzert.
    Zum Fest fahren alle heim, rotten sich, wenn sie genug von der Verwandtschaft haben, im Bali zusammen. Sicherlich würden mir einige Leute, die ich längst und gern vergessen habe, um den Hals fallen und sagen, dass man sich öfter sehen müsse. Jemand würde wissen wollen, wo ich inzwischen wohne, und auf mein

Weitere Kostenlose Bücher