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Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition)

Titel: Am Ende schmeißen wir mit Gold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fabian Hischmann
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ihr mir den lahmenden Igel gebracht habt. Stundenlang habt ihr über seinen Namen gestritten. Wie hieß er zum Schluss? Mikado?«
    »Ja, deine Tochter hat auf den Namen bestanden«, sage ich.
    »Das stimmt nicht«, sagt Maria.
    »Klar stimmt das«, bestätigt Jan. »Wir waren für R2-D2.«
    Ich halte Jan meine Hand über die Schulter. Er schlägt ein.
    »Die Rückkehr der Jedi-Kinder«, ätzt Maria.
    Am Straßenrand steht eine Schneemannfamilie. Irgendein Rabauke hat dem Kind seinen Kopf abgeschlagen. Eine Gruppe Schüler aus dem nahen Wintersport-Internat gleitet auf Langlaufskiern dahin.
    »Vielleicht findet ihr heute wieder einen Igel«, sagt Marias Vater.
    »Igel sind Winterschläfer«, antworten wir alle drei gleichzeitig.
    »Ist also doch was hängengeblieben«, stellt er lächelnd fest.

77
    Mit der Rohfassung des Films und Lio an meiner Seite mache ich mich auf den Weg zum Friedhof. Die nächste Generation tummelt sich auf dem Schlittenhang.
    »Attacke!« – eines der bunt-vermummten Kinder kracht mit seinem futuristischen Bob ungebremst in eine Mädchengruppe, die dabei ist, Fotos mit ihren Smartphones zu machen.
    Der Bruchpilot jubelt in den Trümmern.
    Auf halber Strecke helfe ich einer Fahranfängerin, ihr abgewürgtes Auto wieder ins Rollen zu bringen. Sie zittert vor Aufregung, ist dummerweise im steilsten Stück zum Stehen gekommen. Durch das runtergekurbelte Fenster sage ich ihr, dass mir das früher auch passiert ist und sie einfach nur Gas geben und die Handbremse lösen muss. Sie lächelt gequält, ihre Zahnspange wirkt sehr eng, sagt: »Okay, okay.«
    Der Motor heult, die Hinterräder drehen durch, brechen aber zum Glück nicht aus, und sie fährt davon. Ein bisschen stolz halte ich meinen Daumen in ihren Rückspiegel.
    Ich erreiche das ehemalige Haus meiner Großmutter. Die Heuluke steht offen, mehrere Matratzen liegen darunter im Schnee. Ein weiteres Kopf- oder Fußende wird über den Rand geschoben und landet auf dem Boden. Die Köpfe des hessischen Paares erscheinen.
    »Ach, hallo Max. Wie geht’s dir denn?«, ruft er angestrengt.
    »Besser, danke. Macht ihr zu oder weshalb schmeißt ihr die Betten weg?«
    Er winkt mich näher ran, formt eine Flüsterhand: »Wanzen. Der Kammerjäger hat gesagt, da kann man nichts machen außer neu kaufen.«
    »Verdammt«, sage ich.
    Sie sagt: »Ich weiß beim besten Willen nicht, wo die herkommen sollen. Was Sauberkeit angeht, bin ich total penibel. Wenn sich das rumspricht, können wir die Pension dichtmachen.«
    »Das wird schon wieder. Ich sag nix, Ehrenwort.«
    Sie sehen mich betroffen an, wie die meisten in den letzten Monaten. Nur bemitleiden sie sich selbst und nicht mich. Es tut fast schon gut, das zu wissen.
    »Ich wünsche euch trotzdem frohe Weihnachten.«
    »Das wünschen wir dir auch.«
    Ich schnippe mit den Fingern und Lio lässt widerwillig von der gelben Pissspur eines anderen Hundes ab.
    Ich grüble und grüble, aber die Namen der beiden wollen mir nicht mehr einfallen.

78
    Jemand hat bereits eine Kerze für meine Eltern angezündet, der Schnee ist einige Zentimeter um das rote Licht herum geschmolzen. Seit dem Sommer sind zwei neue Gräber hinzugekommen. Ich lese die Namen und Daten auf den Kreuzen, beide waren weit über siebzig, beide habe ich gekannt. Direkt neben Claudia und Hans liegt der Metzgersenior Happle, von dem habe ich beim Einkaufen mit meiner Mutter immer eine Scheibe Wurst bekommen. »Eine nette Kleine«, hat er am Anfang gesagt, und ich hab die Wurst in meinen Mund gestopft und schmatzend protestiert: »Ich bin ein Junge.«
    Und noch eins weiter haben sie die verwirrte Frau Dufner begraben, die mich einen Nachmittag lang entführt, mit in ihre Stube genommen und Schokoladenpudding gekocht hat. »Lieber, lieber Rainer«, hat sie wieder und wieder gesagt und mir übers Haar gestrichen. Ihre jüngere Schwester hat mich abends gefunden und nach Hause gebracht. »Die Clara hat ihn für den Rainer gehalten, unseren Bruder, der ist mit acht unter den Zug geraten.« Für mich war die Frau Dufner einfach eine Frau, die prima Pudding kochen konnte. Meine Eltern befinden sich in guter Gesellschaft.
    »Hallo Mama, hallo Papa. Viel Schnee dieses Jahr … keine Sorge, ich schippe und streue, die Nachbarn haben keinen Grund zu meckern … auf Kreta war es übrigens schön, Hannah ist nett, ich kann euch verstehen … trotzdem hat es mich umgehauen … na ja, und jetzt weiß ich noch nicht so genau, erst mal bleib ich wohl hier und …

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