Am Ende siegt die Liebe
ging mit ihm mit.
Carola fühlte sich wie verzaubert. Sie hatte sich nie für eine gute Tänzerin gehalten, zumal sie nach der Tanzschule kaum G elegenheit zum Tanzen gehabt hatte, doch in Michaels Armen kam es ihr vor, als würde sie schweben. Ihre Füße fanden ganz von allein den Takt. Es war, als hätte eine unbekannte Macht von ihr Besitz ergriffen.
»Ah, Dr. Schumann ist auch hier«, sagte Michael plötzlich. Er nickte dem Arzt zu.
Carola wandte leicht den Kopf. »Hallo!« grüßte sie.
»Ich sehe, Sie sind in bester Gesellschaft«, meinte Marc. »Das freut mich. Vielleicht haben wir nachher noch Gelegenheit, ein paar Worte miteinander zu reden.«
»Das wäre schön, Herr Doktor«, erwiderte Michael. Er tanzte mit Carola weiter. »Woher kennen Sie unseren Arzt?« fragte er.
»Ich bin seine Patientin«, erwiderte sie und erzählte ihm von den Anwendungen, die sie in Bad Wiessee erhielt.
»Warum haben Sie nichts davon gesagt?«
Die junge Frau hob die Schultern. »Ich weiß es nicht«, gestand sie.
»Gehen wir ein paar Schritte.« Er führte sie von der Tanzfläche und legte den Arm um ihre Schultern. »Ich...« Michael blieb stehen. »Ich bestimme einfach über Sie. Wenn ich zu unverschämt werde, sagen Sie es mir bitte.«
Carola mußte lachen. »Geben Sie zu, es würde Ihnen nur schme icheln.«
»Halten Sie mich für so einen Macho?«
Die junge Frau spürte die Betroffenheit in seiner Stimme. »Nein«, sagte sie weich. »Nein, ich halte Sie nicht für einen Macho.«
»Gott sei Dank.« Er führte sie zum Ufer hinunter. »Schauen Sie nur, wie schön es hier ist. Wir sollten auf den See hinausfa hren, mitten auf dem Wasser anhalten und die Sterne beobachten.«
Carola spürte genau, daß er ihr nichts vormachte. Daß er wir klich empfand, was er sagte. »Ich habe nicht mit Ihnen über meinen Arztbesuch gesprochen, weil ich nicht wollte, daß Sie sich Gedanken um meine Gesundheit machen«, gestand sie.
Michael umfaßte sanft ihre Schultern. »Sollten Freunde nicht am Leben des anderen Anteil nehmen?« Er strich ihr sanft über die Stirn.
»Dr. Schumann konnte mich beruhigen«, sagte sie. »Meine ganzen Beschwerden hängen damit zusammen, daß ich nur selten Zeit für mich selbst gefunden habe und stets für andere dasein mußte.«
»Ich bin froh, daß du zur richtigen Zeit nach Rottach-Egern gekommen bist«, meinte Michael leise, »und vor allen Dingen auch, daß du das richtige Hotel gewählt hast.« Er nahm sie lieb evoll in die Arme. »Ich habe mich in dich verliebt, Carola.« Zärtlich hob er ihr Kinn an. »Warum sagst du nichts? - Bist du entsetzt?«
»Entsetzt«, wiederholte sie fast lautlos und schaute ihm in die Augen. »Nein, nur unendlich glücklich.«
»Bestimmt nicht glücklicher als ich«, behauptete er und küßte sie.
Es war sehr spät, als Michael Lange seine Freundin ins Hotel zurückbrachte. Draußen auf dem Parkplatz küßten sie sich zum letzten Mal in dieser Nacht. Auch wenn das Personal längst wußte, daß es zwischen dem Hotelier und der jungen Frau gefunkt hatte, es war nicht nötig, daß mehr als nötig darüber geredet wurde.
»Frühstücken wir morgen miteinander?« fragte er, als sie die Hotelhalle betraten.
»Einverstanden. Allerdings möchte ich au sschlafen.«
»Das macht nichts. Ich werde um halb zehn auf der Terrasse sein.« Michael nahm ihre Hand. Er wollte ihre Fingerspitzen kü ssen, gerade noch im letzten Moment besann er sich. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Michael!« wünschte sie und ging zum Aufzug. Obwohl es ihre ganze Kraft kostete, drehte sie sich nicht zu ihm um, aber sie wußte auch so, daß er noch nicht den Gang betreten hatte, der zu seiner Wohnung führte.
Der vergangene Abend hatte ihr ganzes Leben verändert. Unruhig drehte sie sich in ihrem Bett von einer Seite zur anderen. Sie konnte keinen Schlaf finden. Zuviel ging ihr durch den Kopf. Schließlich hielt sie es nicht länger aus, sondern stand auf, machte sich etwas frisch und zog ihren Jogginganzug über. Wenig später verließ sie durch die Hintertür das Hotel.
An und für sich hatte Carola vorgehabt, zum See hinunterzug ehen, statt dessen schlug sie den Weg ein, der in das Wäldchen führte. Sie dachte an den Jungen, den sie dort in der ersten Woche ihres Aufenthaltes gesehen hatte, und fragte sich, was aus ihm geworden war. Ob er in dieser Nacht ruhig in seinem Bettchen schlief?
Überrascht blieb sie stehen. Auf dem Stein, auf dem sie damals den Buben gesehen hatte, saß
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