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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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gesagt, dass Joel dastehen und warten müsse, während irgendeine Tante aus dem Mittleren Osten mit zitternden Händen ihre Habseligkeiten auf der Suche nach dem Portemonnaie durchstöberte. Er hatte nur gesagt, er wolle, dass Joel einer Frau auf der Straße Kohle abknöpfte. Mehr Instruktionen hatte The Blade nicht gegeben. Joel nahm an, dass er sie doch bestimmt so interpretieren konnte, wie er wollte.
    Alles an diesem Abend schien dafür zu sprechen, dass Joel die Aufgabe, die The Blade ihm gestellt hatte, mühelos erfüllen würde. Er hatte sich auf die Suche nach dem Mann gemacht, doch stattdessen hatte The Blade ihn gefunden. Ihre Unterredung hatte ungefähr zu der Zeit geendet, da auch Führt Worte statt Waffen zu Ende ging. Er kam pünktlich und unbehelligt nach Hause und hatte sogar Notizen über die Kritiken zu seinem erbärmlichen Gedicht vorzuweisen. All dies würde seine Position in den Augen seiner Tante verbessern. Und wenn das alles kein Zeichen sein sollte, was ihm als Nächstes zu tun bestimmt war, was dann?
    Joel rechnete damit, seine Tante am Küchentisch vorzufinden, den Blick auf die Wanduhr fixiert, um zu überwachen, dass der zeitliche Ablauf des Abends eingehalten wurde. Doch als er das Haus betrat, fand er das Erdgeschoss verlassen und dunkel vor. Doch von oben hörte er Geräusche, und er stieg die Treppe hinauf. Im Wohnzimmer lief ein Videofilm: Eine Gangsterbande galoppierte von einem explodierten Güterwaggon weg, verfolgt von den Männern des Sheriffs, und Geldscheine flogen durch die Luft. Doch es war niemand im Raum. Joel zögerte, lauschte besorgt, und der Rucksack in seiner Hand wog schwerer, alser sollte. Er ging weiter nach oben und sah einen Lichtstreifen unter der Tür zu seinem Zimmer, während er aus dem Zimmer seiner Tante die Bettfedern rhythmisch quietschen hörte. Letzteres erklärte, warum Kendra nicht auf ihn gewartet hatte. Er öffnete seine Zimmertür. Toby war noch wach. Er saß auf dem Bett und bemalte sein Skateboard mit dicken Filzstiften.
    »Hat Dix mir geschenkt«, teilte Toby Joel grußlos mit. Er meinte die Stifte. »Hat sie aus dem Café mitgebracht, zusamm' mit 'nem Malbuch. Malbücher sind was für Babys, aber die Stifte sind gut. Er hat auch noch 'n Video mitgebracht, das ich gucken sollte, weil er's mit Tante Ken treiben wollte.«
    »Warum guckste's dann nich'?«, fragte Joel.
    Toby begutachtete sein Werk, betrachtete es blinzelnd und konzentriert, als könne das den Wert irgendwie steigern. »Hatte keine Lust allein«, antwortete er.
    »Wo is' Ness?«
    »Bei dieser Frau und ihr'm Sohn.«
    »Welche Frau und welcher Sohn?«
    »Von der Kindertagesstätte. Sie sind irgendwo essen gegangen. Ness hat sogar angerufen und Tante Ken gefragt, ob sie darf.«
    Diese Entwicklung versetzte Joel in Erstaunen. Sie deutete auf eine Veränderung an Ness hin, und auch wenn ein Höflichkeitsanruf bei ihrer Tante kein weltbewegendes Ereignis war, machte es Joel doch nachdenklich.
    Toby hielt ihm das Skateboard hin. Joel sah, dass sein Bruder einen Blitz gemalt hatte, vielfarbig ausgestaltet und großteils innerhalb der Umrisslinie, die er zuerst gezogen hatte. »Super, Tobe«, lobte Joel und stellte seinen Rucksack aufs Bett. Er war sich nur zu bewusst, was dieser enthielt, und entschlossen, die Waffe an einem sicheren Ort zu verstecken, sobald Toby eingeschlafen war. Vielleicht in seinem alten Koffer unter den Sommerklamotten.
    »Ich hab nachgedacht, Joel.«
    »Worüber?«
    »Das Skateboard. Wenn ich es ganz toll anmale, und wirbringen es Mum, meinste nich', es kann sie gesund machen? Ich find's selber cool und würd's gern behalten, aber wenn Mum es von mir bekäm, und du würdes' ihr sagen, was es is' und so ...«
    Tobys Blick war so voller Hoffnung, dass Joel nicht wusste, was er sagen sollte. Er konnte den Gedankengang seines Bruders genau nachvollziehen: Wenn er das ultimative Opfer brachte, musste das nicht irgendeine Bedeutung haben für Gott oder wen auch immer, der darüber bestimmte, welcher Mensch krank wurde, krank blieb und welcher gesund wurde? Carole Campbell sein Skateboard zu schenken, wäre für Toby fast so, als schenkte er ihr seine Lavalampe. Es bedeutete, ihr etwas zu geben, das er mehr als alles andere liebte, und wenn die Empfängerin verstand, dass sie eine so große Bedeutung für sein Leben hatte, dann würde sie doch sicher daran teilhaben wollen.
    Joel bezweifelte, dass es funktionieren würde, aber er war gewillt, es zu versuchen. »Wenn wir sie

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