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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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verbeultes, verblasstes Schild. »A. Q. W. Motors«, war gerade noch darauf zu lesen, aber der Betrieb, den dieses Gebäude einmal beherbergt haben mochte, war längst verschwunden. Bretter und Bleche verdeckten die Fenster im Erdgeschoss, während zerschlissene Vorhänge im ersten Stock darauf hinwiesen, dass dort einmal jemand gewohnt hatte.
    Joel rechnete damit, dass The Blade ihn zu dieser Wohnung führen würde. Ein Ausweichquartier, von wo aus er dealen konnte, falls das Abrisshaus am Lancefield Court einmal zu heiß wurde. Doch stattdessen bog The Blade um die Ecke und brachte Joel auf die Rückseite des Hauses. Dort lag ein Gässchen, und nur eine einzige Glühbirne ein paar Häuser weiter hellte die tiefen Schatten auf.
    Auf der Rückseite von A. Q. W. Motors begrenzte eine Ziegelmauer einen Hof. Ein Metalltor führte hinein, und obwohl das Schloss hochoffiziell und unüberwindlich wirkte, war es das keineswegs. The Blade holte einen Schlüssel aus der Tasche und sperrte auf. Lautlos schwang das Tor auf, und The Blade bedeutete Joel mit dem Daumen einzutreten.
    Joel rührte sich nicht. Es hatte nicht viel Sinn, denn wenn The Blade die Absicht hatte, ihn umzubringen, würde er es so oder so tun, ganz gleich wie Joel auf die Situation reagierte. »Reden wir über Neal Wyatt oder was?«, fragte er.
    »Wie viel Mann is' 'n Mann?«, erwiderte The Blade.
    »Ich hab kein' Bock, mit dir Rätsel zu raten. Scheiße, Mann. Es is' scheißkalt, und ich muss heim. Wenn das hier nur 'n blödes Spielchen is' ...«
    »Meinste, jeder is' blöd, nur weil du's bis'?«
    »Ich bin nich' ...«
    »Geh rein. Wir reden, wenn wir reden. Wenn dir das nich' passt, sieh zu, dass du wegkomms'. Zu deinem warmen Bettchen, 'ner Tasse Karo und 'ner Gutenachtgeschichte. Oder was auch immer.«
    Joel fluchte, um sein Gesicht zu wahren, und trat durch das Tor. The Blade folgte.
    Es war stockdunkel auf dem Hof, ein Ort der Silhouetten.
    Erst als seine Augen sich darauf eingestellt hatten, konnte Joel die alten Müllcontainer, Kisten, eine Kommode, eine Leiter und das Unkraut erkennen, das aus den Silhouetten erwuchs. Tore hatten einmal von der Rückseite des Betriebs auf eine zementierte Rampe geführt, die sich in einem guten Meter Höhe über die ganze Gebäudelänge zog. Die Tore waren inzwischen vermauert. Sie befanden sich auf der Rückseite eines stillgelegten U-Bahnhofs, erkannte Joel, eines der zahllosen in London, die mit der Bevölkerungsentwicklung und den Streckenverlegungen im ganzen Stadtgebiet gekommen und wieder gegangen waren.
    The Blade überquerte den Hof und die Überreste zweier Bahnlinien. Er sprang auf den Bahnsteig und ging zu einer weiteren Metalltür. Um Obdachlose fernzuhalten, war sie verriegelt, doch The Blade zückte einen weiteren Schlüssel, sperrte das Vorhängeschloss auf und trat ein. Joel folgte ihm.
    Die alte U-Bahn-Station war zweckentfremdet worden: vom Bahnhof zur Autowerkstatt. Die eisige Luft roch nach Benzin und Öl, und als The Blade eine Laterne einschaltete, die er vom Boden aufhob, zeigte sich in ihrem Schein der Fahrkartenschalter und eine verstaubte Anzeigetafel mit achtzig Jahre alten Bahnverbindungen. Ansonsten offenbarte der Raum Zeugnisse seiner späteren Verwendung: Werkzeugregale, eine hydraulische Hebebühne. Schläuche baumelten von der Decke. Am Boden waren Kisten aufgestapelt, die jüngeren Datums zu sein schienen. The Blade ging zu einer davon hinüber und öffnete den Deckel mit einem Schraubenzieher.
    Nach allem, was Joel über The Blade wusste, nahm er an, dass es sich bei dem Inhalt der Kiste um Drogen handeln und nun von ihm erwartet würde, dass er sich als Fahrradkurier verdingte wie so viele andere Jungen seines Alters in North Kensington. Diese Vorahnung machte ihm zu schaffen, aber gleichzeitig brachte sie Verwegenheit in seine Stimme: »Hör mal, reden wir jetzt oder was, Mann? Denn wenn nich', hau ich wieder ab. Ich hab was Bess'res zu tun, als hier rumzuhäng' und zuzugucken, wie du deine Vorräte tätschelst.«
    The Blade würdigte ihn nicht eines Blickes. Er schüttelte nur den Kopf. »Du bis'n richtiger Kerl, Kleiner, he? Mann, ich muss mich echt in Acht nehm' in deiner Nähe.«
    »Das kannste halten, wie du wills'«, sagte Joel. »Hilfste mir oder nich?«
    »Hab ich gesagt, dass ich's nich' tu?«, fragte The Blade leise. »Du wills', dass er auf Linie gebracht wird, also wird er das auch. Aber nach allem, was in letzter Zeit passiert is', vielleicht nich' ganz auf die

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