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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Drehbuchteam nichts zu bieten. Er konnte sich einfach nicht mehr mit so unwichtigen Dingen wie dem unerfüllbaren Traum von einem Filmprojekt befassen.
    Ivan wartete. Er hielt Joels Zögern für den Ausdruck seiner Verzweiflung, was es in gewisser Weise ja auch war. Ivan führte Joels Trostlosigkeit allerdings auf die falsche Ursachezurück. Er sagte: »Im Moment zweifelst du, Joel, aber es wird nicht immer so sein. Manchmal muss man die Rettungsleine ergreifen, die einem zugeworfen wird, selbst wenn es nicht so aussieht, als könne sie einen aus den aktuellen Schwierigkeiten erlösen.«
    Joel ging wieder dazu über, auf seine Füße hinabzustarren. Von oben war Dampforgelmusik zu hören. Joel erkannte die Titelmelodie einer Trickfilmserie.
    Ivan sagte: »Denk daran, dass ich nicht dein Feind bin, Joel. Das war ich nie und werde ich niemals sein.«
    Doch für Joel war jeder in seiner Umgebung ein Feind, und überall lauerte Gefahr. Gefahr für ihn selbst und jeden, der sich trotz aller Widrigkeiten entschloss, sein Freund zu sein.
    Joel war auf dem Weg, Toby vom Lernzentrum abzuholen, als Cal Hancock plötzlich wie aus dem Nichts an Joels Seite auftauchte. Der Junge passierte gerade ein Wettbüro. Als Erstes nahm er das Haschischaroma wahr, das in Cals Kleidung hing.
    Cal eröffnete ihm: »Nächste Woche, Mann.«
    »Was?«, entfuhr es Joel.
    »Was soll das heißen, was? Es gibt kein Was, Mann. Es gibt nix außer dem Deal.«
    »Ich hab nix ...«
    »Is' dir klar, was passiert, wenn du nich' tus', was The Blade von dir will? Er hat dich rausgeholt. Genauso einfach kann er dich wieder reinschicken. Ein Wort von ihm, und die Cops hol'n dich, klar? Haste das kapiert, Mann?«
    Es war unmissverständlich. Joel blieb stehen, antwortete aber nicht. Worte kamen ihm zunehmend bedeutungslos vor. Er hörte sie, aber sie drangen nicht mehr zu ihm durch. Sie waren nur ein Rauschen im Hintergrund, während im Vordergrund eine Sinfonie erklang, die sich aus den Tönen seiner Furcht zusammensetzte.
    »Du bist ihm was schuldig«, erklärte Cal. »Und er kassiert. Wenn du's wieder so vermasselst wie mit der Paki-Tante aufder Portobello Road, dann haste mehr Probleme, als du dir vorstell'n kannst.«
    Joel schaute zu dem Schulhof hinüber, den sie gerade passierten. Er war nicht sicher, wo sie sich befanden. Er kam sich vor wie jemand, der in einem Labyrinth gefangen war: zu weit drinnen, zu oft abgebogen, kein Weg in die Mitte und keiner hinaus. Aber da war immer noch eine Sache, die er nicht verstand: »Wie macht er das alles, Cal?«
    »Wie macht er was?«
    »Was er alles fertigbringt. Mich rauszuholen. Mich wieder reinzubringen. Schmiert er die Cops? Hat er so viel Kohle?«
    Cals Atem hing wie Nebel in der eisigen Luft. Er trug ein graues Sweatshirt, die Kapuze über die Baseballkappe gezogen, eine schwarze Windjacke, schwarze Jeans und weiße Turnschuhe - unüblich für Cal, und Joel fragte sich, was es zu bedeuten hatte, ebenso wie er sich fragte, wie Cal ohne einen dickeren Anorak warm sein konnte.
    »Scheiße, Mann.« Cal hielt die Stimme gesenkt und schaute sich um, als fürchte er, belauscht zu werden. »Es gibt Dinge, die den Cops mehr wert sind als Kohle. Haste das noch nich' kapiert? Weißte immer noch nich', wie die Dinge hier laufen? Warum die Bullen nicht mit Maschinenpistolen die alte Abrissbude stürmen?« Er steckte die Hand in die Jackentasche, und Joel glaubte, Cal werde irgendein Beweisstück zutage fördern, das dem Jungen ein für alle Mal demonstrierte, wer The Blade war und womit er es zu tun hatte. Doch es war nur ein Joint. Cal zündete ihn an, ohne sich auch nur umzusehen, was an sich schon hätte ausreichen sollen, um Joel zu illustrieren, wovon Cal sprach, doch das tat es nicht.
    »Ich versteh nich' ...«
    »Musste auch nich'. Du musst nur funktionieren. Nächste Woche, klar? Sei bereit. Haste sie dabei?«
    »Was?«
    »Komm mir nich' andauernd mit >Was<. Haste die Pistole dabei?«
    »'türlich nich'! Wenn ich damit geschnappt werd ...«
    »Von jetzt an nimmste sie jeden Tag mit, klar? Wenn ich dir Bescheid geb, dass es so weit is', und du hast sie nich' dabei, dann war's das. Dann kriegen die Cops grünes Licht und holen dich.«
    »Was will er von mir ...«
    »Das erfährste, wenn's so weit is', Mann.« Cal zog an seinem Joint und sah auf Joel herab. Er schüttelte den Kopf, während er den Rauch langsam aus der Lunge entweichen ließ. »Ich hab's versucht«, sagte er. Es klang resigniert.
    Und mit diesen

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