Am Ende war die Tat
sind heiß und hart und wissen, was sie woll'n. Und du verschwindest wieder und sie auch, denn sie geht ja immer in die Spielhalle, und da kommen sie. Nehm' sich einfach, was sie woll'n. George und seine Freunde, auf Grans
Bett. Sie haben alle ihre Schwänze rausgeholt ... Sie klettern aufs Bett ... Und ich kann nich' ... kann nich' ...«
»Ness! Ness!«, rief Kendra. Sie hielt sie fest und wiegte sie. Und an Joel gewandt: »Hast du das gewusst?«
Er schüttelte den Kopf. Er hatte sich in die Faust gebissen, als seine Schwester sprach, und hatte den metallischen Geschmack seines Blutes auf der Zunge. Was immer Ness passiert war, war in aller Stille und hinter verschlossenen Türen geschehen. Aber er erinnerte sich daran, wie oft sie vorbeigekommen waren, Georges Freunde. Angeblich zum Kartenspielen. Manchmal bis zu acht von ihnen. Und er erinnerte sich daran, was Glory gesagt hatte, wenn sie in den Mantel schlüpfte: »George, kannst du auf die Kinder aufpassen?«
Und George hatte immer fröhlich geantwortet: »Keine Bange, Glory. Mach dir nur keine Sorgen. Ich hab hier genug Hilfe, um ein, zwei Ozeandampfer zu bemannen, also sollten drei Kinder kein Problem sein. Außerdem is' Ness doch schon groß genug, um zu helfen, wenn die Jungs über die Stränge schlagen. Stimmt's nich', Nessa?«, und schickte ein Augenzwinkern in ihre Richtung.
Und Ness sagte nur: »Geh nicht, Gran.«
Und Gran erwiderte: »Mach deinen Brüdern einen Becher Malzkaffee, Liebes. Bis ihr ausgetrunken habt, ist eure Gran wieder zu Hause.«
Aber sie kam nie rechtzeitig zurück.
Als Ness sich also ein Obstmesser schärfte, schien es nur eine logische Folge dessen, was in der Küche passiert war und was sie ihnen offenbart hatte. Joel sah, wie sie es tat, sagte jedoch nichts. Ness war in dieser Hinsicht genau wie er: Wenn sie sich mit dem Obstmesser sicherer fühlte, was war dagegen einzuwenden, fand er.
Nach diesem Ereignis stellte Dix alles infrage. Das romantische Ideal einer Familie war immer zentraler Gegenstand seiner Träume gewesen, und seine Zukunftsträume hatten ihre Wurzeln in der Vergangenheit, deren prägendste Erfahrung die
Nestwärme innerhalb seiner eigenen Familie gewesen war. Seine Vorstellung von Familie war ein Paterfamilias, der am Kopfende des Tisches saß und den Sonntagsbraten anschnitt. Adventslichter in der Weihnachtszeit, ein Ausflug nach Brighton an einem Feiertag, wenn genug Geld da war für Zuckerwatte, Lutscher und Fish 'n' Chips auf der Promenade am Meer. Eine Familie - das waren für ihn Eltern, die ein wachsames Auge auf die Schulleistungen ihrer Kinder richteten, ihre nachmittäglichen Aktivitäten, ihre Freunde, ihre Kleidung, ihre Manieren und ihr Wachstum. Regelmäßig zum Zahnarzt und zum Kinderarzt für die Impfungen. Ein Thermometer unter die Zunge und Suppe und Toastbrot ohne Rinde, wenn sie krank waren. In solch einer Familie sprachen die Kinder respektvoll mit ihren Eltern, die sie wiederum mit fester, aber liebevoller Hand führten, sie zur Ordnung riefen, wenn es nötig war, und dafür sorgten, dass man offen miteinander sprechen konnte. Wenn man eine Familie je als normal bezeichnen konnte, dann diejenige, in der Dix D'Court aufgewachsen war. Das hatte ihm eine Folie dafür geliefert, wie seine eigene Zukunft mit Frau und Kindern aussehen sollte. Aber nichts hatte ihn auf den Umgang mit Kindern vorbereitet, die von derlei Schrecken geplagt waren.
Er glaubte, die Campbells brauchten Hilfe. Mehr Hilfe, als Kendra oder er ihnen jemals geben konnten. Als Dix das zur Sprache brachte, blockte Kendra ab. »Willst du, dass ich sie abschiebe?«, fragte sie.
»Das hab ich nich' gesagt«, entgegnete er ruhig. »Nur, dass sie zu viel durchgemacht haben, und wir sind einfach nicht in der Lage, sie aus diesem tiefen Loch herauszuholen.«
»Ness geht doch schon zur Therapie. Toby hat sein Lernzentrum. Und Joel tut, was wir ihm sagen. Was willst du denn noch?«
»Ken, das hier ist zu groß für dich und mich. Das musst du doch einseh'n.«
Aber das konnte Kendra nicht. Wäre sie nur nicht so stur darauf fixiert gewesen, ihr Leben genau so zu belassen, wiees war, als Glory die Kinder bei ihr abgeliefert hatte wie drei Kornsäcke, dann hätte sie ihnen allen vielleicht ein gutes Leben schaffen können, glaubte sie. Irgendetwas zu unternehmen, das auch nur im Geringsten nach Abschieben aussah, kam für sie nicht infrage. Sie würde tun, was nötig war, um die Kinder zu retten, und wenn sie es allein tun
Weitere Kostenlose Bücher