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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Füße und floh zum Ententeich am östlichen Rand des Parks und durchquerte den jenseitigen Wildpark mit seinem erhöhten Holzsteg, der in eine Dunkelheit führte, die ihr zugleich bedrohlich und willkommen erschien. Sie war über das Stadium hinaus, sich um ihre Sicherheit zu sorgen, und so zuckte sie weder zusammen, als plötzlich eine Katze ihren Weg kreuzte, noch scherte sie sich um das Knacken der Zweige hinter ihr, das darauf hindeutete, dass sie verfolgt wurde. Sie ging einfach weiter, durchdrang die Finsternis, bis sie den hintersten Teil von Meanwhile Gardens, den Duftgarten, erreichte. Wie ein dunkler Schatten ragte dort am Ende des Pfades ein Gärtnerschuppen auf.
    Sie befand sich an der Rückseite des Trellick Tower, der wie ein Wachsoldat zu ihrer Linken aufragte. Sie war nicht weit von der Golbourne Road entfernt, wusste sie, und ohne dass sie eine bewusste Entscheidung getroffen hätte, trugen ihre Füße sie zum Mozart Estate.
    Sie wusste, dass Six zu Hause war. Sie hatte sie angerufen, sobald Kendra am Abend ausgegangen war, und hatte erfahren, dass Natasha und zwei Jungen aus der Nachbarschaft bei Six zu Besuch waren. Ness wäre das fünfte Rad am Wagen auf dem Weg ins Nirwana gewesen, und darum hatte sie sich allein auf einen Zug um die Häuser begeben. Doch jetzt brauchte sie Six.
    Ness fand das Grüppchen - Six, Natasha und die beiden Jungen - im Wohnzimmer. Die Jungen - Greve und Dashell, der eine schwarz, der andere gelbhäutig - waren so betrunken wie Fußball-Hooligans, deren Team gerade gewonnen hatte. Die Mädchen waren in ganz ähnlichem Zustand. Die ganze Gesellschaft war spärlich bekleidet. Six und Natasha trugen, was als Slips und BHs durchgehen mochte, aber nur aus winzigen
    Fetzen bestand, während die Jungen sich ungeschickt Handtücher um die Hüften geschlungen hatten. Six' Geschwister waren nirgends zu sehen.
    Musik drang in ohrenbetäubender Lautstärke aus zwei kühlschrankgroßen Lautsprechern links und rechts eines abgewetzten Sofas, darauf ausgestreckt Dashell, der offenbar soeben Natashas liebevolle Dienstleistungen empfangen hatte. Tash wiederum war gerade dabei, sich in ein Geschirrtuch zu erbrechen, als Ness eintrat. Ein geöffneter Karton von Alibabas Pizzaservice stand vergessen an einem Ende der Couch, und eine leere Jack-Daniel's-Flasche lag daneben.
    Die sexuelle Komponente dieses Beisammenseins störte Ness nicht. Der Jack Daniel's hingegen schon. Sie war nicht hergekommen, um Alkohol zu trinken, aber die Tatsache, dass ihre Freundinnen auf Whiskey zurückgegriffen hatten, konnte nur eines bedeuten: Das, weswegen Ness hierhergekommen war, war hier und heute nicht zu kriegen.
    Trotzdem wandte sie sich an Six. »Haste was?«
    Six' Augen waren blutunterlaufen, und ihre Zunge wollte nicht so recht gehorchen, doch ihr Hirn funktionierte noch einigermaßen. » Seh ich so aus, Süße?«, entgegnete sie. »Was brauchste ? Scheiße, Ness, was machst du jetzt eigentlich hier? Ich verdien mir grad selbs ' was bei dem Typ, kapiert?«
    Ness kapierte in der Tat; nur ein debiler Außerirdischer hätte nicht verstanden, was hier vor sich ging. »Hör ma', ich brauch was, Six«, erklärte sie. »Gib mir irgendwas, und ich hau wieder ab. Sticky reicht.«
    Natasha sagte: »Der da hat was, was du dir ins Maul stopfen kannst, das sag ich dir.«
    Dashell lachte träge, während Greve sich in einen dreibeinigen Sessel sinken ließ.
    » Meinste , wir würden Jack Daniel's saufen, wenn wir was zu rauchen hätten? Ich hass das Zeug, Ness, das weißte doch genau, verdammte Scheiße.«
    »Okay. In Ordnung. Lass uns abhau'n und was Besseres suchen, ja?«
    »Hier is' was Besseres«, bemerkte Greve und zeigte auf das Geschenk, das unter dem Handtuch auf Six wartete.
    Alle vier lachten. Ness war versucht, einen nach dem anderen zu ohrfeigen. Sie ging zur Tür und signalisierte Six, ihr zu folgen. Six torkelte auf sie zu. Natasha plumpste auf den Boden, und Dashell zerzauste ihr mit dem nackten Fuß die Haare. Greve ließ den Kopf hängen, als sei es zu anstrengend, ihn aufrecht zu halten.
    Ness sagte zu Six: »Du musst nur für mich anrufen. Den Rest mach ich selbs'.« Sie war nervös. Seit dem Abend ihrer Ankunft in North Kensington war Six ihre verlässliche Drogenquelle gewesen, aber jetzt erkannte sie, dass sie einen direkteren Weg einschlagen musste.
    Six zögerte. Über die Schulter fuhr sie Greve an: »Hey, werd hier ja nicht ohnmächtig! Vergiss es!«
    Greve antwortete nicht.

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