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Am Ende war die Tat

Am Ende war die Tat

Titel: Am Ende war die Tat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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Objekt seiner Faszination eins werden. »Meinste, ich kann die haben?«
    Joel suchte nach dem Preis, den er auf einem kleinen Etikett am schwarzen Plastikfuß der Lampe entdeckte. £ 15,99, stand dort in roter Schrift - acht Pfund mehr, als er zurzeit besaß. »Das kannste vergessen, Tobe«, sagte er. »Wo soll denn das Geld herkomm'?«
    Toby schaute von der Lavalampe zu seinem Bruder. Er hatte sich heute davon abbringen lassen, den Schwimmreifen aufzublasen, und trug lediglich die schlaffe Hülle unter der Kleidung, aber seine Finger zupften trotzdem daran, befühlten krampfartig die Leere um seine Hüften. »Aber was is' mit meinem Geburtstag?«, fragte er niedergeschlagen.
    »Ich red mal mit Tante Ken. Vielleicht auch mit Ness.«
    Toby ließ die Schultern hängen. Er war sich der Lebensumstände im Haus am Edenham Way 84 hinreichend bewusst, um zu verstehen, dass Joel ihm mit diesen Worten keine großen Hoffnungen machte.
    Joel hasste es, Toby so bedrückt zu sehen. Er sagte ihm, er solle sich keine Sorgen machen. Wenn es die Lavalampe war, die er sich zum Geburtstag wünschte, dann würde er sie auch irgendwie bekommen.
    Von seiner Schwester würde er kein Geld erwarten können, das war Joel klar. Man konnte derzeit ohnehin nicht mit Ness reden, über Geld schon mal gar nicht. Seit sie von der Henchman Street hierhergezogen waren, war sie immer verschlossener geworden. Die Erinnerung daran, wer sie einmal gewesenwar, verblich allmählich wie ein altes Schwarz-Weiß-Foto. Wenn man es ein wenig schräg hielt, konnte man fast noch das Mädchen aus East Acton erkennen, das im Krippenspiel den Engel Gabriel gegeben hatte. Mit weißen Flügeln wie Wolken und einem goldenen Heiligenschein, Ballettschuhen und einem rosa Tutu hatte Ness sich aus dem Fenster des Weedon House gelehnt und hinunter auf die Straße gespuckt. Heute tat sie nicht einmal mehr so, als ginge sie zur Schule. Niemand wusste, womit sie ihre Tage zubrachte.
    Joel war klar, dass seiner Schwester an irgendeinem Punkt etwas Einschneidendes widerfahren war. Er wusste nur nicht, was, und in seiner Unschuld und Ahnungslosigkeit nahm er an, dass es etwas mit dem Abend zu tun hatte, da sie sie allein gelassen hatte, während Kendra mit ihrer Freundin ausgegangen war. Er wusste, dass Ness in der Nacht nicht nach Hause gekommen war und dass es einen furchtbaren Streit zwischen seiner Tante und seiner Schwester gegeben hatte. Doch was dem vorausgegangen war, ahnte er nicht.
    Es schien jedenfalls, als habe seine Tante in dem Punkt resigniert und als sei Ness mit diesem Umstand äußerst zufrieden. Sie kam und ging, wann und wie es ihr passte, und wenngleich Kendra sie mit verengten Augen und einem angewiderten Ausdruck betrachtete, wartete sie nur ab. Joel wusste allerdings nicht, worauf sie wartete.
    Gleichzeitig trieb Ness ihr unmögliches Benehmen immer weiter auf die Spitze, als wolle sie Kendra dazu provozieren, ihr Einhalt zu gebieten. Waren die beiden zusammen im Haus, war die Spannung mit Händen greifbar. Irgendetwas musste irgendwann nachgeben, und die darauf folgende Lawine würde gewaltig sein.
    Kendra wartete auf das Unvermeidliche: die unentrinnbaren Konsequenzen des Lebenswandels, für den ihre Nichte sich entschieden hatte. Sie war sich darüber im Klaren, dass eine dieser Konsequenzen vermutlich die Intervention des Jugendamtes sein würde, vielleicht auch die der Polizei. Womöglich würde man ihr Ness sogar wegnehmen und in irgendeine neue
    Lebenssituation hineinverpflanzen. Kendra hatte inzwischen den Punkt erreicht, wo ihr all das willkommen gewesen wäre. Sie war bereit anzuerkennen, dass Ness' Leben seit dem frühen Tod ihres Vaters schwierig gewesen war. Aber Tausende Kinder hatten ein schweres Leben und warfen das, was ihnen geblieben war, trotzdem nicht weg. Kam Ness also betrunken oder stoned nach Hause getorkelt, was hin und wieder vorkam, befahl sie ihr, ein Bad zu nehmen, auf dem Sofa zu schlafen und ihr ansonsten nicht unter die Augen zu treten. Und wenn sie nach Sex roch, sagte Kendra ihr, sie müsse allein damit fertig werden, wenn sie schwanger würde oder sich irgendeine Krankheit einhandelte.
    »Mir doch egal«, war Ness' Standardantwort.
    Was schließlich auch bei Kendra zu Gleichgültigkeit führte. Hin und wieder verlangte sie noch: »Wenn du erwachsen sein willst, dann benimm dich auch so«, aber meistens sagte sie gar nichts mehr.
    So kam es, dass Joel zögerte, seine Tante beim Kauf der Lavalampe für Toby um Hilfe zu

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