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Am Ende zählt nur das Leben

Am Ende zählt nur das Leben

Titel: Am Ende zählt nur das Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja B.
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nicht, ob ich das annehmen kann.«
    »Du kannst«, sagte er und lächelte.
    Wenig später schmückte ein schlafender Engel den kleinen Stein. Er hatte seine Hände unters Kinn gelegt und ruhte in einer friedlichen Pose. Mir war er zwischen den unterschiedlichen Gravuren sofort aufgefallen. Der steinerne Engel passte zu meiner Sarah.
    Ich ging häufig auf den Friedhof, stand an ihrem Grab und weinte. Immer wieder zog es mich an diesen Ort, wo ich ungestört weinen konnte. Häufig setzte ich mich auch aufs Fahrrad und fuhr kilometerweit durch die Landschaft. Manchmal joggte ich und ließ meine Gedanken kreisen. So fühlte ich mich wohler, als daheim in Grübelei zu verfallen. Wenn das Wetter es zuließ, machte ich lange Pausen an einem See, lag in der Sonne und starrte in den Himmel. Die Wärme und die Weite des Himmels taten mir gut. Manchmal trösteten sie mich sogar, aber oft fühlte ich die feuchte Wärme meiner Tränen an meinen Wangen hinunterlaufen. Ich ließ es geschehen und wehrte mich nicht gegen die abwärtsführende Spirale meiner grübelnden Gedanken. Wenn die schlimmsten Bilder vor meine Augen traten, machte es mir Angst, aber ich kannte kein Gegenmittel.
    Und auch am Abend, wenn ich zu Hause war, wollten die Tränen nicht versiegen. Irgendwann hielt Robert es nicht mehr aus. Trauer und Traurigkeit dominierten mein Leben und damit auch seines.
    »Meine Liebe! Du brauchst Hilfe, professionelle Hilfe. So geht es nicht weiter. Du kannst doch nicht immer nur weinen.«
    »Ich weiß«, schluchzte ich. Wir hatten in letzter Zeit schon häufiger darüber gesprochen, aber bisher hatte ich keine Taten folgen lassen. Mir fehlte die Kraft, einen Therapieplatz zu suchen. Außerdem scheute ich die Erinnerungen und befürchtete, eine anhaltende Beschäftigung mit der Vergangenheit könne meinen Zustand gar verschlimmern. Man würde mir Fragen stellen, ich müsste antworten: So zumindest stellte ich es mir vor. Insgeheim hoffte ich, die Zeit allein würde einen Teil der Wunden heilen, aber danach sah es bisher nicht aus, eher im Gegenteil.
    Das Weinen und das Grübeln brachten mich nicht weiter. Unerträgliche Schuldgefühle drückten mich nieder und marterten mich manchmal mehr als die Trauer um Sarah. Ich wollte endlich begreifen. Hätte ich etwas merken müssen? Hatte ich Cay vollkommen verkannt? Wen hatte ich überhaupt geheiratet? Warum war mir nichts aufgefallen? Hatten seine Eltern womöglich recht, und hatte mein Wunsch nach einer Scheidung zur Katastrophe geführt? Könnte mein Engelchen noch leben? Hätte ich mich anders verhalten sollen?
    »Wenn du dir keinen Therapieplatz suchst, dann tue ich es«, sagte Robert eines Abends.
    Seinem Blick konnte ich ansehen, wie ernst er es damit meinte. Und noch etwas konnte ich ihm ansehen: Er wünschte mir Hilfe, die er selbst nicht leisten konnte. Hilfe, die niemand aus meinem Umfeld leisten konnte. Ich brauchte professionellen Beistand. Meine Seele brauchte mehr als Mitgefühl.
    Und so machte ich mich selbst auf die Suche nach einem Therapieplatz. Bisher hatte ich keine Erfahrung mit Beratungsstellen oder gar mit den unterschiedlichen Methoden der Psychotherapie gemacht. Ich suchte mir eine Therapeutin in der Nähe und vereinbarte einen Termin.
    Wenig später hatte ich mein erstes Gespräch. Diese Situation war enorm belastend für mich, weil ich zum ersten Mal einer Fremden von Ereignissen erzählen musste, die mir den Boden unter den Füßen weggerissen hatten. Ich wollte mich verständlich ausdrücken, ohne mich in Tränenausbrüchen zu verlieren. Die Therapeutin saß mir gegenüber, ließ mich erzählen und machte sich Notizen. Während sie schrieb, hörte ich gelegentlich ein teilnahmsloses Mh oder ein Ja. Sie stellte einige wenige Fragen und wirkte in meinen Augen beinahe desinteressiert. Ihre Art verunsicherte mich, aber ich versuchte mir einzureden, ihre Zurückhaltung sei eine Methode der Therapie. Ich fühlte mich ausgesprochen unwohl und brachte am Ende der Sitzung sogar den Mut auf, es ihr sofort zu sagen.
    »Frau B., es tut mir leid, aber ich bin keine ausgebildete Traumatherapeutin. Ich fürchte, Ihnen nicht helfen zu können«, antwortete sie.
    Ich war überrascht. »Was bedeutet das?«
    »Sie leiden unter einem tiefen Trauma und brauchen eine spezielle Therapie! Eine Traumatherapie. In Ihnen dominieren Schuld, Wut, Angst und Trauer. Für die Behandlung dieser Form der Traumatisierung habe ich keine Befähigung. Es wird besser sein, Sie suchen sich eine

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