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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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außerordentlich neugierig. Er erinnerte sich vage, etwas gelesen zu haben, das uns interessieren könnte. Er sagte, er müsse Ordnung in seine Gedanken, aber ebenso in seine Archive bringen. Er schlug vor, sich mit uns am Abend zum Essen zu treffen. Unterdessen würde er sein Bestes tun, um uns bei unseren Recherchen behilflich zu sein. Da wir einen freien Nachmittag hatten, nutzte ich den Computer, der im Hotel den Gästen zur Verfügung stand, um Walter zu schreiben und ein paar Kollegen zu mailen, wobei ich abwägen musste, was ich aufdecken und was ich verschweigen wollte, um nicht für einen wirklichkeitsfremden Schwärmer gehalten zu werden.

Frankfurt
    Sobald Wassily Yurenko aus dem Flugzeug gestiegen war, begab er sich zu den vier Autovermietungsschaltern am internationalen Terminal. Jedem der Angestellten zeigte er ein Foto und fragte, ob er das Paar, das darauf war, gesehen hatte. Drei von ihnen verneinten, der vierte erklärte, solche Informationen seien vertraulich. Jetzt wusste Wassily, dass die Gesuchten nicht mit dem Taxi in die Stadt gefahren waren und, was noch wichtiger war, bei wem sie einen Wagen gemietet hatten. In solchen Tricks bestens bewandert betrat er eine Telefonzelle, von der aus er den Angestellten, mit dem er zuletzt gesprochen hatte, anrief und dem er in fast perfektem Deutsch erklärte, auf dem Parkplatz habe sich ein Unfall ereignet, der seine sofortige Anwesenheit erfordere. Wassily beobachtete, wie der Mann auflegte, sich wütend zum Lift begab und ins Untergeschoss fuhr. Sobald er verschwunden war, kehrte Wassily zum Schalter zurück, beugte sich über die Tastatur des Computers, woraufhin der Drucker sich in Gang setzte. Gleich darauf verschwand Wassily, in der Tasche eine Kopie des Mietvertrags, den Adrian abgeschlossen hatte.
    Nachdem er die Telefonnummer gewählt hatte, die in dem Umschlag aus dem Schließfach des Moskauer Bahnhofs notiert war, wusste er, dass der graue Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen KA-PA-521 von einer Überwachungskamera auf der Autobahn B43 und später auf der A5 in Richtung Hannover gefilmt worden war. Einhundertfünfzig Kilometer weiter
entfernt wurde der Wagen auf der A7 geortet, wo er die Ausfahrt 86 nahm. Nach weiteren hundert Kilometern fuhr er mit Tempo einhundertdreißig über die A71 und kurz darauf über eine Bundesstraße in Richtung Weimar. Da es auf den Nebenstraßen keine solchen Vorrichtungen gab, schien das Auto von der Bildfläche verschwunden zu sein, bis es dank einer Blitzampel an einer Kreuzung in Rothenberg wieder auftauchte.
     
    Wassily mietete eine große Limousine und verließ Frankfurt, um genau dem Weg zu folgen, den er notiert hatte. An diesem Tag hatte er Glück, an der Stelle, wo der Mercedes zum letzten Mal gesichtet worden war, gab es nur eine weiterführende Straße. Erst fünfzehn Minuten später, als er durch Saulach fuhr, musste er sich an einer Abzweigung entscheiden. Die Karl-Marx-Straße führte Richtung Nebra, die andere zu seiner Linken nach Bucha. Karl Marx zu folgen, schien ihm nicht vielversprechend, und so fuhr er gen Bucha. Die Straße führte durch ein Gehölz, dann weiter durch endlose Rapsfelder. Als er in Memleben an einen Fluss kam, entschied sich Wassily anders. Richtung Osten zu fahren, verlockte ihn nicht, also bog er unvermittelt in die Thomas-Müntzer-Straße ein. Vermutlich war er im Dreieck gefahren, denn bald gelangte er erneut an einen Wegweiser nach Nebra. Als er zu seiner Rechten den Parkplatz eines archäologischen Museums sah, öffnete er das Fenster und genehmigte sich die erste Zigarette an diesem Tag. Der Jäger witterte seine Beute, es würde nicht mehr lange dauern, bis er sie ausgemacht hätte.

    Der Kurator des Museums war in unser Hotel gekommen. Zur Feier des Tages trug er einen Cordanzug, ein kariertes Hemd
und eine Strickkrawatte. Selbst in unserer Kleidung, die wir aus Afrika gerettet hatten, sahen wir eleganter als er aus. Er führte uns in eine Wirtschaft, wartete, bis Keira und ich Platz genommen hatten, und fragte dann, wie wir uns kennengelernt hätten.
    »Wir sind seit der Schulzeit befreundet«, antwortete ich. Keira versetzte mir einen heftigen Fußtritt unter dem Tisch.
    »Adrian ist mehr als ein Freund, er ist fast ein Mentor für mich. Übrigens nimmt er mich oft auf Reisen mit, wofür ich ihm sehr dankbar bin«, erklärte sie und bearbeitete dabei meine Zehen mit ihrem Absatz.
    Der Kurator zog es vor, das Thema zu wechseln. Er winkte die Bedienung heran und

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