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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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beunruhigte mich aus vielen Gründen.
    »Du musst zugeben, dass wir nach einer Nadel im Heuhaufen suchen. Und dein Heuhaufen befindet sich in China!«
    »Was ist denn mit dir los? Du musst ja nicht mitkommen, Adrian, wenn du lieber deine braven Schüler unterrichtest,
dann bleib in London, ich würde es verstehen, du zumindest hast dein Leben hier.«
    »Was meinst du damit?«
    »Damit will ich sagen, dass ich gestern mit Eric telefoniert habe. Die äthiopische Polizei war im Lager, und wenn ich irgendwann dorthin zurückkehre, werde ich sofort der Vorladung des Richters Folge leisten müssen. Damit will ich sagen, dass ich wegen dieses kleinen Ausflugs an den Turkana-See, bei dem ich dich leider begleitet habe, zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres von meiner Ausgrabungsstätte vertrieben worden bin! Ich habe keinen Job und kein Zuhause mehr, und in wenigen Monaten muss ich vor dieser Walsh-Foundation , die mir ein Vermögen anvertraut hat, Rechenschaft ablegen. Welche Alternative schlägst du vor? In London bleiben und putzen gehen, bis du von der Arbeit nach Hause kommst?«
    »In Paris ist bei dir eingebrochen worden, in Deutschland wurde unser Zimmer durchwühlt, man hat vor unseren Augen einen Priester ermordet, jetzt sag mir bitte nicht, dass du dich nicht nach dem Grund für den Tod des Dorfältesten fragst. Findest du nicht, dass wir schon genug Schwierigkeiten hatten, seit wir uns für diesen verdammten Anhänger interessieren? Und wenn du die Kugel des Schützen abbekommen hättest? Wenn der Fahrer in Nebra uns nicht verfehlt hätte? Du bist ebenso leichtfertig wie Walter.«
    »Mein Beruf ist ein Wagnis, Adrian, ich muss ständig Risiken eingehen. Glaubst du, diejenigen, die Lucys Skelett gefunden haben, hätten einen Plan des Friedhofs gehabt oder die GPS-Koordinaten wären vom Himmel gefallen? Natürlich nicht!«, sagte sie aufbrausend. »Instinkt, das zeichnet die Rasse der Entdecker aus, ebenso wie die der großen Detektive.«
    »Aber du bist kein Polizist, Keira.«
    »Mach, was du willst, Adrian. Wenn du Angst hast, fahre
ich alleine. Ist dir das Ausmaß der Entdeckung bewusst, sollten wir nachweisen können, dass mein Anhänger wirklich fast vierhundert Millionen Jahre alt ist? Ist dir klar, was das bedeuten, welche Umwälzungen das hervorrufen würde? Ich wäre bereit, alle Heuhaufen dieser Welt zu durchwühlen, wenn es sein müsste. Erinnere dich, du warst derjenige, der mir vorgeschlagen hat, mich mit einem Schlag dreihundertfünfundachtzig Millionen Jahre Zeit gewinnen zu lassen. Und jetzt soll ich aufgeben? Würdest du wirklich darauf verzichten, die ersten Momente des Universums zu sehen, nur weil es schwer ist, an das benötigte Teleskop zu kommen? Allein wegen der Hoffnung, deinen Sternen näher sein zu können, wärest du beinahe in fünftausend Meter Höhe gestorben. Bleib in deinem kleinen verregneten und risikolosen Leben, das ist dein gutes Recht. Das Einzige, worum ich dich bitte, ist, mir bei der Finanzierung dieser Reise zu helfen, und ich verspreche dir, dir eines Tages alles zurückzuzahlen.«
    Ich sagte nichts, denn ich war wütend, wütend, sie in diese Geschichte hineingezogen zu haben, wütend, weil ich mich für den Verlust ihrer Arbeit verantwortlich fühlte, und unfähig, die Gefahren, die ich ahnte, von ihr fernzuhalten. Ich habe diesen furchtbaren Streit später hundertmal durchlebt, hundertmal daran gedacht, dass ich Angst hatte, sie zu verlieren, wenn ich sie enttäuschen würde. Über diese Feigheit bin ich heute noch viel wütender.
     
    Ich ging zu Walter, um Hilfe bei einem Freund zu suchen. Wenn es mir nicht gelänge, Keira diese Reise auszureden, vielleicht würde er die richtigen Worte finden, um sie zur Vernunft zu bringen. Doch diesmal verweigerte er mir seine Unterstützung. Er war vielmehr froh, dass wir London verließen. Zumindest, so sagte er, würde niemand darauf kommen, uns in China
zu suchen. Er fügte sogar hinzu, Keiras Standpunkt sei legitim, und provozierte mich, indem er mich fragte, ob ich meinen Sinn für Abenteuer verloren hätte. Wäre ich nicht auf dem Atacama-Hochplateau unsinnige Risiken eingegangen? Nun fing auch er damit an!
    »Ja, aber diese Risiken haben mich betroffen, nicht sie!«
    »Hören Sie auf, den Retter zu spielen, Adrian. Keira ist erwachsen. Bevor sie uns kannte, lebte sie allein in Afrika, umgeben von Löwen, Tigern, Leoparden und ich weiß nicht welchen anderen wilden Nachbarn. Und keiner hat sie verschlungen! Diese

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