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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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und zwang sie, zu mir ins Ruderhaus zu kommen. Das Boot hüpfte über die Wellenkämme. Es war achtzehn Uhr, als die Küste von Narcondam vor uns auftauchte. Ich umrundete die winzige Insel und entdeckte eine kleine Bucht mit einem Strand, wo ich den Außenborder auf den Sand ziehen konnte.
    Am Fuß des Vulkans übernahm Keira die Führung. Wir mussten noch siebenhundert Höhenmeter durch Gestrüpp bewältigen, bis wir den Kraterrand erreicht hätten, was kein Kinderspiel war. Ich schaltete das GPS ein und gab die Koordinaten ein, die mir Erwan und Martyn geliefert hatten.

London
    13° 26’ 50˝ N, 94° 15’ 52˝ O
     
    Sir Ashton faltete das Papier zusammen, das ihm sein Assistent gereicht hatte.
    »Was hat das zu bedeuten?«
    »Ich weiß es nicht, Sir, ich muss zugeben, dass ich mir keinen Reim darauf machen kann. Ihr Jeep parkt in einer Straße von Lingbao im Norden Chinas, wurde aber seit gestern Morgen nicht mehr bewegt. Diese Koordinaten wurden in das Navigationsgerät im Wagen eingegeben, doch sie können dieses Ziel nicht mit dem Wagen erreichen.«
    »Und warum denn nicht?«
    »Weil sich dieser Punkt auf einer kleinen Insel in der Andamanensee befindet und ein Jeep schließlich kein Wasserfahrzeug ist.«
    »Was gibt es Besonderes auf dieser Insel?«
    »Absolut gar nichts, Sir. Es ist eine winzige Vulkaninsel, noch dazu unbewohnt, sieht man einmal von ein paar Vögeln ab.«
    »Ist der Vulkan noch aktiv?«
    »Seit viertausend Jahren gab es keinen Ausbruch mehr.«
    »Haben sie China verlassen, um sich auf diese unglückselige Insel zu begeben?«
    »Nein, noch nicht, Sir. Wir haben bei allen Fluggesellschaften nachgeforscht und keine Spur von ihnen gefunden. Nach der Wanze zu urteilen, die wir in die Uhr des Astrophysikers
eingebaut haben, befinden sie sich immer noch im Zentrum von Lingbao.«
    Sir Ashton schob seinen Stuhl zurück und erhob sich.
    »Dieses Spielchen hat lange genug gedauert. Reservieren Sie mir einen Platz in der nächsten Maschine nach Peking. Dort sollen mich zwei Männer am Flughafen abholen. Es ist höchste Zeit, dass wir dem Ganzen ein Ende bereiten, bevor es zu spät ist.«
    Sir Ashton nahm sein Scheckheft aus einer der Schreibtischschubladen und zog einen Stift aus der Westentasche.
    »Sie bezahlen mein Ticket mit Ihrer Kreditkarte, und ich gebe Ihnen diesen unterschriebenen Blankoscheck, damit Sie sich die Summe zurückerstatten lassen können. Mir ist es lieber, wenn niemand von dieser Reise erfährt. Sollte man mich erreichen wollen, sagen Sie, ich sei krank und erhole mich bei Freunden auf dem Land.«

Die Höllenschlund-Insel
    Ich hatte ausgerechnet, dass die Nacht in etwa vier Stunden hereinbrechen würde. Da ich die Rückfahrt nicht im Dunkeln antreten wollte, blieb uns also nicht viel Zeit. Keira erreichte den Kraterrand als Erste.
    »Beeil dich, es ist großartig«, rief sie.
    Ich beschleunigte den Schritt, um sie einzuholen. Sie hatte nicht übertrieben, denn der Krater war von einer üppigen Vegetation überzogen. Ein Tukan, den wir gestört hatten, erhob sich in die Lüfte. Ich überprüfte mein Navigationsgerät, dessen Ortungsgenauigkeit fünf Meter betrug. Der Punkt, der blinkte, näherte sich der Mitte des Displays - wir waren also nicht mehr weit von unserem Ziel entfernt.
    Ich ließ den Blick über die Landschaft unter uns schweifen und stellte fest, dass ich auf das von unserem Piloten geliehene Gerät verzichten konnte. Mitten im Krater war eine kleine Parzelle zu erkennen, auf der keine Pflanzen wuchsen. Keira stürzte sich darauf. Ich durfte mich nicht nähern. Am Boden kniend nahm sie einen spitzen Stein, zeichnete damit ein Quadrat und begann zu graben. Ihre Finger durchwühlten rastlos den Staub.

Eine Stunde war vergangen, ohne dass Keira sich auch nur die geringste Pause gegönnt hätte. Ein kleiner Hügel hatte sich neben ihr gebildet. Sie war erschöpft, ihre Stirn war schweißbedeckt, ich wollte sie ablösen, doch sie befahl mir, auf Abstand zu bleiben. Und plötzlich rief sie laut meinen Namen.

    In ihren Händen funkelte ein mehr oder weniger dreieckiger Gegenstand aus einer schwarzen und glatten Materie, hart wie Ebenholz. Keira nahm die Kette ab, die sie um ihren Hals trug, und legte den Anhänger an das Objekt. Die beiden Stücke zogen sich gegenseitig an wie Magneten, bis sie vereint waren. Dann veränderte sich die Farbe von Tiefschwarz in Nachtblau. Und plötzlich begannen auf der Oberfläche der zusammengeführten Fragmente Millionen Punkte zu

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