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Am ersten Tag - Roman

Am ersten Tag - Roman

Titel: Am ersten Tag - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Levy
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es gibt kaum noch Ersatzteile auf dem Markt.«
    Der Wagen war eine wahre Rostlaube, die Windschutzscheibe über die ganze Länge gesprungen. Walter fragte aufgeregt, ob wir weit zu fahren hätten. Ich machte die beiden kurz bekannt, dann kletterte Martyn als Erster ins Innere und über die Rückbank hinweg auf den Fahrersitz. Wir folgten seinem Beispiel. Als auch wir Platz genommen hatten, bat er Walter, die Heckklappe zu schließen. Wir verließen den kleinen Bahnhof und fuhren über die schlechten Straßen der Grafschaft Macclesfield.
    Walter gab seinen Versuch auf, sich an der Halteschlaufe festzuklammern, als die letzte Befestigungsschraube ausriss. Ich sah, dass er kurz zögerte und sie dann in seine Tasche schob.
    »Ich glaube, es ist so weit«, erklärte er, als sich der Kombi in eine Kurve legte. »Der Truthahn und die Gurke sind für immer und ewig vereint.«
    »Entschuldigen Sie, dass ich so schnell fahre, aber wir dürfen das unter keinen Umständen verpassen. Halten Sie sich fest, wir sind bald da.«
    »Und wo soll ich mich festhalten?«, rief Walter und zog die Halteschlaufe aus der Tasche. »Wohin fahren wir überhaupt?«
    Martyn sah mich verwundert an, doch ich machte ihm ein Zeichen, nichts zu verraten. Nach jeder Kurve warf mir Walter einen vernichtenden Blick zu. Er hörte erst auf zu schimpfen, als sich vor uns plötzlich die riesige Teleskopantenne des Jodrell-Bank-Radio-Observatoriums erhob.

    »Wow!«, rief Walter, »so was habe ich noch nie gesehen.«
    Das Jodrell-Observatorium gehört zur astronomischen Fakultät der Universität Manchester. Ich hatte hier während meines Studiums einige Monate lang ein Praktikum absolviert und mich mit Martyn angefreundet, der seine Karriere am Observatorium fortgesetzt hatte, weil er während seiner Uni-Zeit eine gewisse Eléonor Atwell, Erbin der gleichnamigen örtlichen Molkerei, geheiratet hatte. Nach fünfjähriger, scheinbar harmonischer Ehe trennte sie sich von Martyn und zog mit dessen bestem Freund, dem Erben eines Finanzimperiums, das in diesen unsicheren Zeiten noch stabiler als die Milchwirtschaft schien, nach London. Natürlich sprachen Martyn und ich nie über dieses heikle Thema.
    Das Jodrell-Observatorium war einmalig in seiner Art. Eine riesige Parabolantenne mit einem Durchmesser von sechsundsiebzig Metern war dessen wichtigster Bestandteil. Auf einem Metallgestell thronte siebenundsiebzig Meter über dem Boden das drittgrößte Radioteleskop der Welt. Drei weitere kleinere Teleskope vervollständigten die Einrichtung. Jodrell gehörte zu einem komplexen Netzwerk von Antennen, die in ganz England verteilt und miteinander verbunden waren, um die Vielzahl an Informationen, die aus dem All kamen, koppeln zu können. Das Netzwerk war auf den Namen MERLIN getauft worden, leider nicht zu Ehren des Zauberers, sondern weil die Initialen einer Reihe wissenschaftlicher Namen diese Abkürzung ergaben. Die Hauptaufgabe der Astronomen, die in Jodrell arbeiteten, bestand darin, Meteoriten, Quarsare, Pulsare oder Gravitationslinsen am Rande der Galaxien aufzuspüren, vor allem aber die Schwarzen Löcher, die sich bei der Entstehung des Universums gebildet haben.
    »Werden wir ein Schwarzes Loch sehen?«, fragte Walter mit plötzlich überschäumendem Enthusiasmus.

    Martyn lächelte und enthielt sich einer Antwort.
    »Wie war es auf dem Atacama-Hochplateau?«, fragte er mich, während sich Walter mühsam aus dem Wagen quälte.
    »Faszinierend, ein großartiges Team«, antwortete ich mit einer Nostalgie, die meinem früheren Kollegen nicht entging.
    »Warum kommst du nicht zu uns? Wir haben zwar keine so bedeutenden Mittel, aber die Arbeitsgemeinschaft hier hat auch ihre Vorzüge.«
    »Daran zweifele ich nicht, und ich hätte mir nie erlaubt anzudeuten, dass meine Berufskollegen dort mehr Qualitäten besäßen als deine hier in Jodrell. Doch die Luft von Chile fehlt mir, die Einsamkeit der Hochebenen, die Klarheit der Nächte. Aber nun sind wir erst einmal hier, und dafür danke ich dir.«
    »Also«, schimpfte Walter, der auf dem Rasen wartete, »werden wir nun Schwarze Löcher sehen oder nicht?«
    »In gewisser Weise«, antwortete ich und kletterte ebenfalls aus dem Kombi. Martyn konnte nicht umhin, in Lachen auszubrechen.
    Seine Kollegen begrüßten uns und machten sich schnell wieder an die Arbeit. Walter, der hoffte, durch eines der riesigen Objektive blicken zu dürfen, war enttäuscht, als ich ihm mitteilte, er müsse sich mit dem, was er auf den

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