Am ersten Tag - Roman
bereitete dem Zweikampf ein Ende, indem er den Wachmann beim Ohr packte und mit unerwarteter Kraft hochriss. Dieser schrie auf und ließ mich los, während Walter mich wütend anfunkelte.
»Machen Sie sich nützlich und legen Sie ihm die Handschellen an, die er am Gürtel trägt. Ich will ihm schließlich nicht das Ohrläppchen abreißen!«
Ich gehorchte und fesselte den Wachmann so, wie Walter es mir befohlen hatte.
»Sie wissen nicht, was Sie da tun!«, winselte der Professor.
»Nein, ich habe Ihnen vorhin schon gesagt, dass wir nicht die geringste Vorstellung haben«, gab Walter zurück. »Wie kommt man hier raus?«, fragte er Magdalena. »Bitte zwingen Sie mich
nicht, körperliche Gewalt gegen Sie anzuwenden. Ich hasse es, die Hand gegen eine Frau zu erheben.«
Magdalena starrte ihn entgeistert an und weigerte sich offenbar zu antworten. Ich dachte wirklich, Walter würde sie ohrfeigen, und stellte mich zwischen die beiden. Walter schüttelte den Kopf und befahl mir, ihm zu folgen. Er griff nach dem Telefon, das auf dem Pult stand, und riss es aus der Halterung. Dann öffnete er die Tür zum Untergeschoss, sah sich um und zog mich auf seiner Flucht mit. Auf dem Gang war niemand zu sehen. Walter schloss die Tür hinter uns und erklärte, wir hätten höchstens fünf Minuten Zeit, bis der Alarm ausgelöst würde.
»Aber was ist nur in Sie gefahren?«, fragte ich.
»Darüber reden wir später«, antwortete er und rannte los.
Die Treppe vor uns führte hinauf ins Erdgeschoss. An ihrem Ende hielt Walter inne, rang nach Luft und stieß dann die Tür zur Eingangshalle auf. Er eilte zum Pförtner, der uns im Austausch gegen die Badges unsere Ausweise zurückgab. Als wir den Ausgang ansteuerten, begann ein Walkie-Talkie zu knistern; Walter sah mich an.
»Haben Sie dem Wachmann nicht das Funkgerät abgenommen?«
»Ich wusste nicht mal, dass er eins bei sich hatte.«
»Also, dann rennen Sie!«
Wir liefen, so schnell wir konnten, durch den Park auf das Gittertor zu und beteten, dass uns niemand den Weg versperren würde. Der Sicherheitsposten hatte keine Zeit zu reagieren. Als er aus seinem Häuschen trat, um uns aufzuhalten, versetzte ihm Walter einen Schulterstoß, der eines Rugbyspielers würdig gewesen wäre und ihn im wahrsten Sinne des Wortes umhaute. Mein Freund drückte auf den Türöffner, und wir suchten das Weite.
»Walter, Herrgott noch mal, was ist bloß in Sie gefahren?«
»Nicht jetzt«, schrie er, während er die Treppe hinabstürmte, die zur Unterstadt führte.
Wir jagten durch die Straßen, und Walters Tempo ließ nicht nach. Am Ende einer abschüssigen Gasse kam eine scharfe Biegung, dann gelangten wir auf eine Hauptstraße, wo wir gerade noch einem Motorradfahrer ausweichen konnten. In diesem Rhythmus hatte ich Kreta noch nie besichtigt.
»Hier entlang«, brüllte Walter, als ein Polizeiwagen mit heulender Sirene auf uns zuhielt.
Im Schutz eines Eingangstors versuchte ich, zu Atem zu kommen.
»Der Hafen, wo ist der Hafen?«, schrie Walter.
»Dahinten«, antwortete ich und deutete auf eine kleine Straße zu unserer Rechten.
Walter packte mich am Arm, und schon ging die Flucht, deren Sinn ich noch immer nicht ganz verstand, weiter. Als die Mole in Sicht kam, verlangsamte Walter das Tempo. Die beiden Polizisten auf dem Bürgersteig schienen uns keine Beachtung zu schenken. Am Kai lag die Fähre, die bald nach Athen auslaufen würde, die Autos fuhren schon über die Rampe, und die Fußgänger warteten hinter der Sperre, bis sie an der Reihe waren.
»Besorgen Sie uns zwei Tickets«, befahl Walter, »ich passe solange auf.«
»Wollen Sie übers Meer nach Hydra zurück?«
»Wollen Sie lieber die Sicherheitskontrollen am Flughafen durchlaufen? Also kaufen Sie diese Tickets, statt zu diskutieren.«
Kurz darauf kam ich zurück. Die Fähre wäre einen guten Teil der Nacht unterwegs, und es war mir gelungen, eine Kabine mit zwei Betten zu buchen. Walter hatte inzwischen bei
einem fliegenden Händler eine Baseballkappe und einen merkwürdigen Hut erstanden, den er mir jetzt reichte.
»Wir gehen nicht gleichzeitig an Bord, sondern lassen etliche Passagiere zwischen uns einsteigen. Falls uns die Polizei verfolgt, sucht sie nach zwei Männern, die gemeinsam unterwegs sind. Und jetzt setzen Sie diesen albernen Hut auf, der wird Ihnen hervorragend stehen! Wir treffen uns auf dem Vorderdeck, sobald das Schiff abgelegt hat.«
Ich befolgte Walters Anweisungen und traf ihn eine Stunde später am
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