Am ersten Tag - Roman
Ärztin inspizierte weiter die Piper Cup.
»Jeder Pilot muss sich alljährlich einem Gesundheitstest unterziehen, bei dem auch die Sehkraft geprüft wird. Bisher hat das ein alter befreundeter Augenarzt übernommen, der sehr hilfsbereit war. Er tat freundlicherweise so, als wüsste er nicht, dass ich die Testtafel auswendig kenne, inklusive der letzten Reihe, wo die Buchstaben viel zu klein für meine Augen sind. Doch jetzt ist er in Rente gegangen, und die anderen werde ich nicht lange täuschen können. Nun ziehen Sie nicht so ein Gesicht, die alte Piper kann ich sogar mit geschlossenen Augen fliegen!«, rief die Ärztin und lachte laut auf.
Sie wollte lieber nicht in Athen landen. Um einen internationalen
Flughafen anfliegen zu dürfen, musste man per Funk eine Genehmigung einholen und sich bei der Ankunft einer Polizeikontrolle unterziehen, das wären viel zu viele Formalitäten. Hingegen kannte sie bei Porto Eli einen ehemaligen Landeplatz, dessen Piste noch praktikabel war. Von dort aus könnten wir ein Wassertaxi nach Hydra nehmen.
Walter nahm als Erster Platz, und ich zwängte mich, so gut ich konnte, auf seinen Schoß. Der Gurt war nicht lang genug für uns zwei, also mussten wir darauf verzichten. Der Motor stotterte, die Propeller begannen sich langsam zu drehen und legten dann in einer schwarzen Rauchwolke an Tempo zu. Sophie Schwartz klopfte auf das Armaturenbrett, um uns zu bedeuten, dass wir bald abheben würden. Der Lärm war derart ohrenbetäubend, dass dies die einzige Möglichkeit der Kommunikation war. Die Maschine rollte über die Piste, wendete gegen den Wind, und der Motor heulte auf. Sie vibrierte so heftig, dass ich befürchtete, sie würde auseinanderfallen, noch ehe wir in der Luft wären. Unsere Pilotin löste die Bremsen, und der Asphalt sauste unter den Rädern hinweg. Erst als wir fast das Ende der Rollbahn erreicht hatten, hob die Piper Cub endlich vom Boden ab. Unten winkten die Jungs zum Abschied. Ich brüllte Walter zu, er solle zurückwinken, um sich zu bedanken, doch er schrie zurück, bei der Ankunft bräuchte er wohl einen Schraubenschlüssel, um seine Finger von den Eisenbeschlägen zu lösen, an denen er sich festkrallte.
Noch nie hatte ich die Insel Milos aus der Perspektive gesehen wie an diesem Morgen. Wir überflogen das Meer in einigen hundert Metern Höhe, das Cockpit des Flugzeugs war seitlich nicht verglast, der Wind pfiff uns um die Ohren, und ich hatte mich noch nie so frei gefühlt.
Amsterdam
Vackeers brauchte einige Zeit, um sich an das Dämmerlicht im Untergeschoss zu gewöhnen. Noch vor wenigen Jahren hatten sich seine Augen sofort darauf eingestellt, aber er war gealtert. Als er das Gefühl bekam, sich im Gewirr der Stützbalken orientieren zu können, lief er vorsichtig über die Holzbrücken, die sich in etwa zehn Zentimeter Höhe über das Wasser spannten, und achtete nicht auf die vom unterirdischen Kanal aufsteigende Kälte und Feuchtigkeit. Vackeers kannte die Örtlichkeiten gut, über ihm befand sich jetzt der große Saal. Als er unterhalb der Marmorkarten angelangt war, drückte er auf den Kreuzanker, der in einem Balken steckte, und wartete, bis der Mechanismus reagierte. Zwei Planken glitten zur Seite und gaben den Weg zur Mauer am Ende des Ganges frei. In den eintönigen Ziegelsteinen zeichnete sich eine Tür ab. Vackeers trat in einen Raum ein, schloss hinter sich ab und machte Licht. Das Mobiliar bestand aus einem Sessel und einem Metalltisch, auf dem ein Computer mit Flachbildschirm stand. Vackeers nahm davor Platz und sah auf seine Uhr. Ein dumpfer Ton informierte ihn darüber, dass die Konferenz begann.
»Guten Tag, meine Herren«, tippte Vackeers. »Sie wissen, warum wir uns heute versammelt haben.«
MADRID: »Ich dachte, der Fall sei seit Jahren abgeschlossen?«
AMSTERDAM: Davon sind wir alle ausgegangen, doch angesichts der jüngsten Ereignisse war eine Reaktivierung des Komitees
nötig. Diesmal wäre es wünschenswert, dass keiner von uns versucht, die anderen zu provozieren.«
ROM: »Die Zeiten haben sich geändert.«
AMSTERDAM: »Sehr erfreut, das von Ihnen zu hören, Lorenzo.«
BERLIN: »Was erwarten Sie von uns?«
AMSTERDAM: »Dass wir unsere Kräfte bündeln und sich jeder an die gemeinsam getroffenen Entscheidungen hält.«
PARIS: »Ihr Bericht lässt vermuten, dass Ivory vor dreißig Jahren recht hatte, oder irre ich mich? Sollten wir ihn nicht in unsere Runde aufnehmen?«
AMSTERDAM: »Diese Entdeckung scheint Ivorys
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