Am Fluss des Schicksals Roman
Neal. Missbilligend registrierte er Neals Erscheinen und nahm sich vor, ihn im Auge zu behalten. »Und nun möchte ich meiner bezaubernden Verlobten einige Leute vorstellen, die sie unbedingt kennen lernen wollen.«
Francesca wusste, sie hatte keine andere Wahl, als Silas’ Aufforderung Folge zu leisten. Sie kam sich vor wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wurde. Silas machte sie mit mehreren Farmern und deren Gattinnen bekannt, die ihr mit höflicher Distanz begegneten. Man beglückwünschte sie, doch Francesca entgingen nicht die missbilligenden Blicke, die hinter Silas’ Rücken gewechselt wurden. Sie wusste, dass insbesondere die Frauen sie für viel zu jung hielten, um seine Ehefrau zu werden – was ja auch zutraf –, und da Silas bereits dreimal verheiratet gewesen war, war sein Privatleben ein gefundenes Fressen für die Klatschmäuler bei den morgendlichen Zusammentreffen und Wohltätigkeitsbasaren, die von der Landfrauenvereinigung veranstaltet wurde.
Sobald die Möglichkeit sich bot, gesellte Francesca sich rasch wieder zu ihrem Vater, Ned und Neal, die in einer EckePlatz genommen hatten. Vor ihrem Vater standen bereits zwei leere Gläser, und er kippte gerade das dritte herunter. Francesca verspürte einen Anflug von Angst, weil sie wusste, dass Joe in betrunkenem Zustand im Stande war, Silas und seinen hochnäsigen Konsorten deutlich zu sagen, was er von ihnen hielt.
»Sieh mal, wer gekommen ist«, sagte Joe.
Francesca wandte sich um und sah Regina den Saal betreten. Dahinter wurde Frederick in seinem Rollstuhl von Amos Compton hereingeschoben, der sich gleich darauf diskret zurückzog, um zusammen mit dem Kutscher, Claude Mauston, draußen zu warten.
Bei Reginas Anblick begann Francescas Herz zu hämmern. Wieder musste sie daran denken, dass Regina gesagt hatte, sie wäre eine Schande für die Radcliffes. Allein die Erinnerung an ihre kaltherzige Grausamkeit trieb Francesca die Röte ins Gesicht, sodass sie sich rasch wieder umdrehte.
Ihr Vater reichte ihr ein Glas Wein. »Den kannst du vielleicht gebrauchen«, sagte er. Ihm war aufgefallen, dass Reginas Gesicht erstarrt war, als sie seine Tochter erblickt hatte. Sein Beschützerinstinkt war sofort geweckt. Lieber würde er in der Hölle schmoren statt zuzulassen, dass Francesca ein Leid zugefügt wurde, und das galt auch für die vornehme Gesellschaft von Echuca.
Dankbar nippte Francesca an dem Glas Wein. Sie hatte den ganzen Tag kaum etwas gegessen und genoss die Wärme, die ihren Körper durchströmte. Sie spürte, dass Neals dunkle Augen auf ihr ruhten, und wandte sich ihm zu. Er machte ein besorgtes Gesicht, sodass sie sich zu einem Lächeln zwang, das er mit einem Augenzwinkern erwiderte.
»Silas glaubt, dass jeder hier ihn bewundert und respektiert«, sagte sie, »aber ich habe einen anderen Eindruck. Die Stimmung unter den Gästen scheint mir ziemlich kühl zu sein.«
»Du hast wohl Recht, Frannie«, entgegnete Joe. »Ich bezweifle, dass Silas wirkliche Freunde hat. Die meisten Leute gehen ihm lieber aus dem Weg. Bloß die, die genauso reich sind wie er, arbeiten mit ihm zusammen. Sie handeln nach der Devise, dass eine Hand die andere wäscht.«
»Da sind mir die einfachen Schiffersleute doch wesentlich lieber«, meinte Ned, der den Blick über die Anwesenden schweifen ließ. Die Männer trugen maßgeschneiderte Anzüge, und die Damen hatten sich ebenfalls in Schale geworfen. Ned wusste, Joe und Neal fühlten sich genauso fehl am Platze wie er selbst.
Wir sind hier so erwünscht wie drei nackte Buschmänner, ging es ihm durch den Kopf.
Francesca konnte sehen, wie unbehaglich sich Joe, Ned und Neal zwischen den Farmbesitzern und Silas’ Geschäftsfreunden fühlten. Lediglich zwei angesehene Kaufleute aus der Stadt schenkten ihnen Beachtung, und das auch nur, weil man häufig geschäftlich miteinander zu tun gehabt hatte. Sogar Silas ließ sie links liegen. Am liebsten wäre Francesca wieder gegangen, aber das durfte sie nicht.
»Da bist du ja, meine Teuerste«, sagte Silas und nahm sie beim Arm. »Komm, es warten noch andere Gäste auf dich.« Bevor Francesca widersprechen konnte, zog er sie zu einer kleinen Runde, in der sich auch Regina und Frederick befanden. Silas machte sie miteinander bekannt. »Das sind Warren Peobbles und seine bezaubernde Gattin Rebecca. Sie sind Teilhaber des Riverine Herald, gemeinsam mit Frederick und Regina, deren Bekanntschaft du ja bereits gemacht hast.«
Francesca schenkte den Peobbles
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