Am Fluss des Schicksals Roman
Augen wurden groß. »Willst du damit sagen, Silas steckt hinter dem Brandanschlag auf Ezras Werft?«
»Ohne jeden Zweifel.«
Regina wusste, dass Silas hinterhältig sein konnte; dennoch war sie schockiert. »Aber Silas hat dich durchschaut, Francesca. Darum plant er die Hochzeit schon in zwei Wochen.«
»Wenn ich die Verlobung jetzt schon löse, kann er mir Wortbruch vorwerfen und die Marylou an sich reißen, und das würde Dad das Herz brechen.«
»Aber du kannst Silas unmöglich heiraten!«
»Er muss die Wahrheit erfahren. Das ist die einzige Lösung. Wenn er erfährt, dass ich seine Tochter bin, lässt er uns die Marylou .«
Regina verspürte aufkeimende Panik. »Silas würde überall erzählen, dass du seine Tochter bist.«
»Ich habe keine andere Wahl, Regina.«
»Ich gebe euch das Geld, um die Schulden zu tilgen.«
»Nein«, widersprach Francesca heftig. Unvorstellbar, von Regina Geld anzunehmen.
»Das ist das Mindeste, das ich tun kann, Francesca.«
»Nein!«
»Bitte, Francesca, lass mich euch helfen. Dann kann Joe die Marylou behalten. Und du legst bestimmt keinen Wertdarauf, dass Silas erfährt, dass du seine Tochter bist, wenn du ihn wirklich so verabscheust, wie du behauptest.«
Regina hatte Recht. Francesca legte nicht den geringsten Wert darauf, dass Silas die Wahrheit erfuhr. Die Vorstellung, wie er ihr dann als Vater begegnen würde, war Ekel erregend. Vor allem aber wollte sie Joe nicht verletzen. »Dad würde niemals Geld von dir annehmen. Dafür ist er zu stolz.«
»Wir können uns ja überlegen, wie wir ihm das Geld zukommen lassen, ohne dass er erfährt, dass es von mir stammt.«
Francesca dachte kurz darüber nach. Schließlich stand Regina in Joes Schuld, nachdem er sie, Francesca, großgezogen hatte.
»Ich weiß, dass du das nicht verstehst und wohl auch nie verstehen wirst«, sagte Regina, »aber ich bin froh, dass ich dir die Wahrheit gesagt habe.«
»Erleichtert das dein schlechtes Gewissen?«
Regina erwiderte traurig: »Nein, genauso wenig wie meine finanzielle Unterstützung für euch. Mit dieser Schuld muss ich für den Rest meines Lebens fertig werden.«
»Aber wenn du dein Leben noch einmal leben könntest, würdest du es wieder genauso machen, nicht wahr?«
Im Gegenteil, ging es Regina durch den Kopf. Ich würde mich nicht wieder auf eine Affäre mit Silas einlassen ...
»Im Grunde hast du mir damit einen Gefallen erwiesen«, sagte Francesca, »weil ich es nicht besser treffen konnte, als von Dad, Mary und Ned aufgezogen zu werden. Ich denke oft an Mary. Sie war eine wundervolle Mutter.«
Regina fühlte sich, als hätte Francesca ihr eine Ohrfeige verpasst. Doch sie wusste, sie hatte es nicht anders verdient. »Du hast dich zu einer bemerkenswerten jungen Frau entwickelt, Francesca. In gewisser Weise wünschte ich mir, dass du nicht meine Tochter wärst, zumal du die perfekte Frau für Monty abgeben würdest.«
Francesca empfand dies als Hohn. »Ich betrachte mich nicht als deine Tochter, Regina, aber Monty wird immer einen festen Platz in meinem Herzen haben. Hättest du den Mut und den Anstand gehabt, zu mir zu stehen, wäre er ein wunderbarer Bruder gewesen.«
Jetzt endlich verstand Francesca ihre Zuneigung für Monty und weshalb sie sich so sehr von ihren Gefühlen für Neal unterschied. Sie schätzte Montys Anständigkeit und hatte sich in seiner Gesellschaft stets wohl gefühlt. Obwohl sie die Freundschaft mit ihm genossen hatte, war sie jedoch davor zurückgeschreckt, eine Liebesbeziehung einzugehen, und dafür dankte sie dem Himmel. Sie war im Glauben gewesen, sie und Monty bräuchten mehr Zeit, bis Regina sie akzeptieren würde, dann würde sich alles von selbst ergeben. Dennoch hatte sie instinktiv gezweifelt. Nun verstand sie den Grund dafür: Ihr Instinkt hatte sich dagegen gewehrt, für Monty jemals mehr als Freundschaft zu empfinden. Neal hingegen weckte die Leidenschaft in ihr, und ihr Herz war ihm hoffnungslos verfallen.
22
S ilas hatte die halbe Nacht damit verbracht, in seinem
Zimmer auf und ab zu wandern, wobei seine Gedanken unablässig um die Feier wenige Stunden zuvor gekreist waren. Lizzies Erscheinen hatte ihm die Sprache verschlagen, und das umso mehr wegen ihres jämmerlichen Versuchs, sich als Dame zu verkleiden. Seit er Lizzie verprügelt hatte, hatte er dreimal wieder das Bordell aufgesucht. Die anderen Mädchen hatten ihm gegenüber behauptet, Lizzie sei spurlos verschwunden, und ihre besorgten Mienen hatten Silas keinen Grund
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