Am Fluss des Schicksals Roman
hineinzugelangen, aber drinnen wütete ein undurchdringliches Flammeninferno. Kurze Zeit später traf endlich der Löschwagen ein, doch die Flammen hatten das Büro bereits völlig zerstört, genau wie die Holzböden, die Treppen und dieZwischenböden im Innern der Mühle. Übrig blieb lediglich der ausgebrannte, rauchgeschwärzte Turm. Silas ließ seine ganze Wut an den Feuerwehrmännern aus und wurde sogar tätlich. Sie versuchten, ihn damit zu beschwichtigen, dass niemand bei dem Brand umgekommen war, aber trotzdem musste Silas festgehalten werden. Gegen seinen Willen wurde er in eine Kutsche verfrachtet und zum städtischen Hospital gebracht, wo man ihm unter Zwang ein Beruhigungsmittel verabreichte. Nachdem er fort war, ereigneten sich zur Verblüffung der Feuerwehrleute im Keller mehrere Detonationen. Als es ihnen gelungen war, den Brand vollständig zu löschen, deutete alles auf ein geheimes Alkohollager im Keller hin, wo sich zudem die Überreste von Leinensäcken fanden, die offensichtlich mit Geldbündeln gefüllt gewesen waren. Die Säcke waren in einem Mauerspalt versteckt gewesen, doch ihr Inhalt war größtenteils verkohlt, sodass nicht genau bestimmt werden konnte, wie viel Geld Silas dort gehortet hatte. Da es gegen das Gesetz verstieß, ohne Lizenz Alkohol zu lagern, war die Feuerwehr gezwungen, ihren Fund der Polizei zu melden.
Zwei Stunden nach seiner Einlieferung ins Hospital entließ Silas sich selbst und begab sich ins Bridge Hotel, um sich zu betrinken. Binnen kürzester Zeit entfaltete die Mischung aus Alkohol und dem Beruhigungsmittel ihre Wirkung, aber er schaffte es dennoch, zum Bordell zu torkeln. Hätte er Lizzie dort angetroffen, hätte er ihr den Garaus gemacht. Stattdessen trat er Türen ein und zertrümmerte Fensterscheiben. Er machte einen solchen Lärm, dass einer der Nachbarn die Polizei verständigte, die ihn kurz darauf verhaftete.
Silas hatte die Nacht in der Ausnüchterungszelle verbracht. Am nächsten Morgen bot er einen erbärmlichen Anblick und war so deprimiert wie nie zuvor.
»Es ist mir ein Rätsel, was letzte Nacht in Sie gefahren ist,Mr Hepburn«, bemerkte Constable Walters, als er ihn wieder freiließ. »Sollten Sie weiterhin Unfrieden stiften, muss ich Sie für dreißig Tage einsperren. Beim Richter stehen Sie momentan ohnehin in keinem günstigen Licht da, zumal Ihnen mehrere schwere Vergehen zur Last gelegt werden. Deshalb rate ich Ihnen, sich in nächster Zeit bedeckt zu halten. Außerdem müssen Sie mit einer Untersuchung rechnen, weil man in Ihrer Mühle Spuren illegaler Alkoholvorräte gefunden hat. Daher möchte ich Sie bitten, uns heute noch für eine Befragung zur Verfügung zu stehen.«
Silas starrte den Constable an. »Zuerst verliere ich meinen Ponton, dann liegt mein bestes Dampfschiff auf dem Grund des Flusses, und jetzt wurde auch noch meine Mühle abgefackelt, und ihr Idioten habt nichts Besseres zu tun, als euch um meinen Schnapsvorrat zu kümmern! Warum schnappt ihr stattdessen nicht diesen Wahnsinnigen, der ständig Anschläge auf mein Eigentum ausübt? Ihr solltet nicht mich verhören, sondern Joe Callaghan!«
»Warum gerade Joe Callaghan? Haben Sie Beweise, dass er hinter den Anschlägen auf die Mühle und das Schiff steckt?«
»Nein. Beweise zu erbringen ist eure Aufgabe.« Mit diesen Worten stürmte Silas zurück ins Bridge Hotel, kurz davor, den Verstand zu verlieren. »Diese Narren haben ja keine Ahnung, was ich verloren habe«, murmelte er vor sich hin, während er die Einrichtung seines Zimmers demolierte. Seine Gedanken landeten unweigerlich wieder bei Joe. »Diese Ratte ist sicher der Grund für mein Unglück«, schäumte er. »Ich werde dir alles nehmen, was du besitzt, Callaghan, und zwar sofort und für die nächsten zehn Jahre. Als Erstes schnappe ich mir die Marylou ... und glaub bloß nicht, ich hätte Francesca abgeschrieben! Da täuschst du dich gewaltig. Ich schwöre bei Gott, dass du für alles bezahlen wirst, was du mir angetan hast.«
24
A ls Francesca am nächsten Morgen erwachte, betrachtete sie Lizzie, die friedlich neben ihr schlief. Mittlerweile waren ihre Blutergüsse verblasst und die Blessuren verheilt. Ihr Gesicht wirkte so entspannt wie nie zuvor. Zum ersten Mal konnte Francesca sich vorstellen, dass Lizzie ein normales Leben führen würde. Sie hatte den Eindruck, dass es dafür nicht zu spät war, wenn Lizzie nur den Mut aufbrachte. Auch wenn sie nicht in Echuca bleiben konnte, weil ihr dann Silas das
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