Am Fluss des Schicksals Roman
einander anstarrten. »Einfach großartig.«
3
A m Ruder bin ich eine Anfängerin, Dad! Wie soll ich da mit einem zusätzlichen Lastkahn zurechtkommen?«, fragte Francesca erbost. Neal Mason war an Land gegangen, um den Schleppkahn von der Anlegestelle loszubinden, was Francesca die erste Gelegenheit verschaffte, ungestört mit ihrem Vater zu sprechen.
»Du schaffst das schon, Frannie«, erwiderte Joe, ein wenig verwundert über ihren plötzlichen Zornesausbruch. »Außerdem bleibt Neal als Kahnführer auf dem Schleppkahn und sieht dort nach dem Rechten, während ich dir hier zur Seite stehe.«
Francesca wollte ihren Vater nicht enttäuschen, doch als sie gesehen hatte, wie groß der Lastkahn war, hatte sie das letzte bisschen Mut verlassen.
»Tut mir Leid, Dad. Ich weiß, wie sehr dich die Aussicht begeistert, mehr Fracht befördern zu können, und ich weiß auch, dass wir das Geld dringend benötigen, aber ich hätte noch ein paar Wochen gebraucht, um mich an die Marylou zu gewöhnen«, wandte sie ein. »Und ich bezweifle, dass Neal Mason es mir dankt, wenn sein Kahn Schaden nimmt.«
»Das passiert schon nicht«, gab Joe sich zuversichtlich. Sie konnten sich nicht den Luxus leisten, Frannie so viel Zeit einzuräumen. In ein paar Wochen würde die Ophelia wieder im Wasser liegen, und Neal würde seinen Lastkahn wieder selbst schleppen. Bis dahin mussten sie so viel Geld wiemöglich erwirtschaften, um die rückständigen Raten bezahlen zu können.
»Wie kannst du so sicher sein?«, fragte Francesca. »Bestimmt muss man ein erfahrener Schiffer sein, um einen Lastkahn zu ziehen.«
»Natürlich. Aber wenn du meinen Anweisungen folgst, schaffst du das schon.«
»Begreifst du denn nicht, dass ich mich überfordert fühle, Dad? Ich war darauf vorbereitet, die Marylou zu steuern, aber mit einem voll beladenen Lastkahn im Schlepptau sieht das völlig anders aus.«
Joe stieß einen Seufzer aus. Er verstand Frannies plötzlichen Sinneswandel nicht. »Bist du dir sicher, dass es nicht Neal ist, der dich stört?«
Francesca war erstaunt über die scharfe Beobachtungsgabe ihres Vaters. Die Vorstellung, mit dem Lastkahn im Schlepptau könnte etwas schief gehen, machte ihr zwar Angst, aber die Vorstellung, Neal Masons Nähe erdulden zu müssen, beunruhigte sie weitaus mehr. Das wollte sie ihrem Vater gegenüber nicht eingestehen, nachdem sie von ihm erfahren hatte, dass Neal bei den Damen sehr beliebt war, trotz seiner ungehobelten Art. »Aber nein«, entgegnete sie leichthin. »Warum sollte er mich stören?«
»Wie ich vorhin schon sagte, hat er eine besondere Wirkung auf Frauen.«
»Auf mich hat er überhaupt keine Wirkung«, schwindelte Francesca.
Das kaufte Joe seiner Tochter zwar nicht ab, doch er konnte ihr keinen Vorwurf machen, dass die Aussicht, einen Lastkahn zu ziehen, sie nervös machte. Es stellte Francesca damit vor eine schwierige Aufgabe, zumal sie gerade erst zwei Tage am Ruder der Marylou stand. »Tut mir Leid, Frannie. Du hast Recht. Wir werden auf den Schleppkahn verzichten, bis du so weit bist.«
Francesca setzte gerade zu einer Entschuldigung an, als Neal Mason plötzlich im Türrahmen erschien.
»Wir sind startklar, Joe.« Abwechselnd sah er von Joe zu Francesca, er spürte, dass etwas in der Luft lag.
»Wir werden auf den Schleppkahn verzichten«, erklärte Joe. Er versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen, aber es gelang ihm nicht. »Frannie ist noch nicht so weit.«
Neal richtete den Blick auf Francesca. Joe hatte ihm anvertraut, dass er bei Silas Hepburn Schulden hatte, sodass Neal wusste, was davon abhing, den Lastkahn in den nächsten Wochen einzusetzen. Francesca spürte seinen bohrenden Blick, vermied es jedoch, ihn zu erwidern.
»Es hat schon seinen Grund, weshalb nur wenige Frauen das Kapitänspatent haben«, sagte Neal. »Sie sind den Anforderungen einfach nicht gewachsen.«
Francesca funkelte ihn zornig an. »Das ist das Arroganteste, das ich je gehört habe. Aber es überrascht mich nicht, so etwas aus Ihrem Mund zu vernehmen.«
»Arrogant oder nicht, es ist die Wahrheit. Sie hätten eine so schwierige Aufgabe nicht annehmen dürfen, wenn Sie ihr nicht gewachsen sind. Als Kapitän eines Dampfers braucht man Mumm. Aus diesem Grund gibt es hier auf dem Fluss weniger als eine Hand voll Frauen mit Kapitänspatent.«
»Jetzt macht aber mal halblang ...«, sagte Joe, doch Francesca fiel ihm ins Wort.
»Ich habe lediglich meine Bedenken geäußert, was den Lastkahn betrifft, da
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