Am Fluss des Schicksals Roman
die Schachtel wieder zu und machte sich auf den Weg in ihre Kajüte. Bei dem Gedanken, mit Montgomery Radcliffe zu Abend zu speisen, umspielte ein Lächeln ihre Lippen.
»Wie können Sie nur mit so einem Schnösel ausgehen!«, bemerkte Neal Mason, als sie an ihm vorüberging.
»Was meinen Sie?« Francesca blieb stehen.
»Ich meine damit die Sorte Männer, die sich das Abendessen mit einer Frau erkaufen ... mit einem Kleid.«
Erstaunt vernahm Francesca den Unterton in seiner Stimme. »Montgomery Radcliffe ist kein Schnösel, und das Kleid soll kein Bestechungsversuch sein, sondern eine nette Geste.« Jedenfalls hoffte Francesca, dass keine Bedingungen an das Geschenk geknüpft waren, doch ihre Bedenken lösten sich in nichts auf, wenn sie Neal Mason, der jetzt eingeschnappt schien, auf die Palme bringen konnte.
Francesca verspürte das Bedürfnis, Montgomery in Schutz zu nehmen. »Monty ist charmant und attraktiv ...«
»Ach, sind wir schon bei Monty ?«, meinte Neal spöttisch. »Ich nehme an, es schadet nichts, dass Monty sehr reich ist.«
»Was wollen Sie damit andeuten?«
»Dass sein Vermögen genauso attraktiv ist wie er.«
»Das stimmt nicht! Außerdem ist es eine Beleidigung. Ich würde auch mit Monty ausgehen, wenn er keinen Penny besäße, weil er nämlich weiß, wie man eine Dame behandelt ... im Gegensatz zu Ihnen. Gerade Sie könnten sich von einem Mann wie Monty einige Umgangsformen abschauen.«
Neal lachte. »Jedenfalls muss ich mir nicht die Gunst einer Dame erkaufen, damit sie mir Gesellschaft leistet.«
»Ich nehme an, alle Frauen sind ganz wild auf Ihre wundervolle Gesellschaft«, entgegnete Francesca spöttisch.
Neal machte ein selbstgefälliges Gesicht. »Offenbar ist Ihnen mein Charme nicht verborgen geblieben.«
Francescas Augen wurden schmal. »Charme? Sie sind unerträglich.«
»Und Sie sind eine gute Schwindlerin, Miss Callaghan.«
Francesca schüttelte den Kopf. »Offenbar ist Ihre Selbsteinschätzung wesentlich höher als die Ihrer Mitmenschen.«
Bevor Neal eine Antwort geben konnte, verschwand Francesca in ihrer Kajüte.
Um halb acht fand Montgomery Radcliffe sich auf dem Pier ein. Joe betrachtete den maßgeschneiderten Abendrock,bemerkte Montgomerys leichte Nervosität und lächelte in sich hinein. Er hatte auch nicht erwartet, dass Montgomery den Snob spielen würde, zumal er ihn stets als bodenständigen Gentleman erlebt hatte. Er machte sich auf den Weg zu Francesca, um ihr Bescheid zu geben, dass ihre »Verabredung zum Dinner« eingetroffen sei. Das Kleid passte ihr wie angegossen, und die Farbe des Stoffes brachte ihre dunklen Haare und ihren hellen Teint zur Geltung.
»Du siehst bezaubernd aus«, sagte Joe, nachdem er ihre Kajütentür geöffnet hatte. »Montgomery Radcliffe ist der Neid der Gäste im Bridge Hotel sicher.«
»Danke, Dad.« Für Francesca war es die erste richtige Verabredung mit einem Gentleman, und sie war so nervös, dass ihr die Knie schlotterten.
Joe musste daran denken, wie schön es wäre, wenn Mary jetzt dabei sein könnte, und Francesca ging der gleiche Gedanke durch den Kopf. Sie hätte einen mütterlichen Rat gebrauchen können.
»Du bist bildschön, Frannie«, sagte Ned, als sie an Deck kam.
Unwillkürlich musste Francesca lächeln. Trotz ihrer Nervosität verspürte sie Vorfreude ... bis sie sich umwandte und Neal Mason gegenüberstand. Sie war erstaunt, ihn immer noch an Bord zu sehen, da sie angenommen hatte, er wäre längst in einem der Hotels in der Stadt.
Er musterte sie besitzergreifend, sparte sich aber jeden Kommentar, verschränkte lediglich die Arme vor der Brust und reckte das Kinn vor. Sie bedachte ihn mit einem finsteren Blick, bevor sie sich mit einem Lächeln Montgomery zuwandte, der inzwischen an Bord gekommen war und Joe und Ned die Hände schüttelte. Francesca sah, dass Neal ihr den Rücken zugewandt hatte und so tat, als wäre er beschäftigt.
Nachdem sie Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht hatten, wünschte Joe ihnen einen angenehmen Abend, woraufhinMonty Francesca unterhakte und sie gemeinsam über den Pier davonschlenderten.
»Die beiden geben ein hübsches Paar ab«, sagte Joe, der ihnen nachsah. Er war stolz, auch wenn ihm die Vorstellung nicht behagte, sein kleines Mädchen eines Tages an einen anderen Mann zu verlieren.
»Es überrascht mich, dass du nicht den Charakter eines Mannes hinterfragst, der sich die Gunst deiner Tochter erkauft«, sagte Neal, sprang an Land und trollte sich in die
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