Am Fluss des Schicksals Roman
ich erst seit zwei Tagen am Steuer der Marylou stehe. Ich finde das nicht unvernünftig.«
Neal zuckte lässig die Achseln. »Ihr Vater will Geld verdienen. Wenn Sie nicht in der Lage sind, ihn dabei zu unterstützen, sollte er sich vielleicht nach einem fähigen Mann umsehen.«
Jetzt war es mit Francescas Beherrschung ganz vorbei.»Ich bin durchaus in der Lage, ihn zu unterstützen ... und das werde ich auch tun.«
»Sind Sie sicher?«, erwiderte Neal herausfordernd.
»Ja. Schließlich bin ich die Tochter meines Vaters. Ich kann es mit jedem Mann aufnehmen, was ich unter Beweis stellen werde.«
»Also gut«, entgegnete Neal, und seine dunklen Brauen hoben sich ein Stück. »Dann los.«
Neal Mason befand sich wieder auf dem Schleppkahn, bevor Francesca begriff, dass sie ihm auf den Leim gegangen war. Joe hingegen hatte Neals List von Anfang an durchschaut, aber er war nicht wirklich glücklich darüber. »Traust du dir das wirklich zu, Frannie?«, fragte er behutsam. »Falls nicht, mach ich dir keinen Vorwurf. Schließlich musst du niemandem etwas beweisen, und ich möchte unter gar keinen Umständen, dass du dich genötigt fühlst.«
Francesca wusste, dass es zu spät dafür war, und sie hatte auch nicht vergessen, was auf dem Spiel stand. »Ich schaff das schon, Dad.« Und wenn ich den Kahn von Neal Mason auf Grund setze, hat er sich das selbst zuzuschreiben, fügte sie in Gedanken hinzu.
»Falls es dir hilft, mein Mädchen, ich habe das größte Vertrauen in dich«, sagte Joe. »Du kannst dich auf deine Instinkte verlassen, und am Ruder bist du ein Naturtalent.«
»Danke, Dad.« Plötzlich kam Francesca ein schrecklicher Gedanke. »Neal wird aber nicht mit uns an Bord leben, oder, Dad?«
»Doch, mehr oder weniger. Er wird zwar nachts am Ufer schlafen, aber die Mahlzeiten wird er mit uns einnehmen. Vor uns liegen lange Arbeitstage ... und wenige Stunden Schlaf.«
Dennoch beschäftigte Francesca die Frage, wie sie die Gesellschaft Neal Masons aushalten sollte.
»Ist das ein Problem für dich, Frannie?«, fragte Joe. »Ist Neal dir unsympathisch?«
»Er ist so ...« Ihr fiel nicht das passende Wort für diesen Mann ein, der so lästig war wie Hummeln im Hintern.
»Nervtötend?«, kam Joe zu Hilfe.
»Oh, das auf jeden Fall, aber es klingt noch viel zu nett.«
Auf Joes Gesicht erschien ein Lächeln. »Du magst ihn also doch.« Er ignorierte Francescas entsetzten Blick, beugte sich über die Reling und rief Ned im Kesselraum zu: »Alles klar zum Ablegen?«
»Aye«, rief Ned zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er stand vor der offenen Feuerbüchse des Kessels und legte Holz nach. Die enorme Hitze, die benötigt wurde, um ausreichend Dampfdruck für den Antrieb aufzubauen, strahlte nach draußen und drängte ihn zurück.
»Von wegen ich mag ihn!«, widersprach Francesca entrüstet. Sie folgte ihrem Vater die Treppe zum Ruderhaus hinauf. »Lass mich etwas klarstellen, Dad. Ich kann Neal Mason nicht ausstehen. Aus Rücksicht auf dich halte ich mich lieber zurück und sag dir nicht, was genau ich von Neal Mason halte.«
Joe musste über seine Tochter schmunzeln. »Deine Rücksichtnahme in allen Ehren, aber ich möchte dir trotzdem den Rat geben, nicht dein Herz an Neal zu verlieren, Frannie. Er ist kein Mann zum Heiraten.«
Francescas Augen wurden groß. »Welch ein Glück für die weibliche Bevölkerung Australiens.«
Zu ihrer Bestürzung brach ihr Vater in schallendes Gelächter aus.
Es erwies sich als leichte Aufgabe, den Lastkahn in unbeladenem Zustand stromaufwärts zu schleppen, sodass Francesca den Kopf schüttelte, als sie an ihre anfänglichen Bedenken dachte. Stromabwärts jedoch, als es mit voller Ladung zur Werft von Ezra Pickering ging, verhielt es sich gänzlich anders. Da sie mit der Strömung fuhren, war es schwierig, den Schleppkahn hinter der Marylou zu halten. Jetzt warendie Fähigkeiten eines Schiffsführers gefragt. Neal hatte alle Hände voll zu tun, um den Kahn auf Kurs zu halten, doch sein Geschick war bewundernswert. Francesca war das reinste Nervenbündel und geriet in Panik, als der Schleppkahn das erste Mal seitlich auf ihre Höhe aufschloss, doch Joe blieb an ihrer Seite, um ihr unermüdlich Zuspruch und Anweisungen zu geben. Als sie schließlich die Werft erreichten, atmete Francesca auf. Von ihrem Vater erntete sie Lob, während Neal sich auffällig bedeckt hielt, was sie erneut ärgerte.
Nach einer Woche fühlte Francesca sich sicher genug, um für kurze
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