Am Fluss des Schicksals Roman
weiß, das ist schon Jahre her, aber Francesca meinte, dass du dich häufig einsam gefühlt haben musst.« Er wusste, dass seine Mutter früher regelmäßig das Zimmer seines Vaters im Erdgeschoss aufgesucht hatte, doch in den letzten Jahren hatte sie sich angewöhnt, oben zu schlafen, da er häufig schlaflose Nächte hatte und sie wach hielt.
»Ach, hat sie das?« Regina fragte sich misstrauisch, was diese Francesca im Schilde führte. Ihr war bewusst, dass viele junge Frauen in Monty eine gute Partie sahen. Deshalb ging es darum, die Spreu vom Weizen zu trennen, bis sich die perfekte Ehefrau Montys, die Mutter seiner Kinder und die zukünftige Matriarchin der Radcliffes fand. Regina sah sich in der Pflicht, ein entscheidendes Wörtchen dabei mitzureden.
»Francesca hat mich auf den Gedanken gebracht, dass du häufig auf dich alleine gestellt warst. Es beschämt mich, dass ich nie selbst daran gedacht habe. Es war bestimmt nicht leicht für dich, ohne Mann an deiner Seite.«
Unwillkürlich drängten sich Regina Bilder aus der Vergangenheit auf. Sie kniff die Augen zusammen, um die Erinnerungen abzuschütteln, und sammelte sich wieder. »Ich habe mich selbst beschäftigt. Außerdem ... hat deine Francesca nicht daran gedacht, dass ich dich hatte?«
Monty hörte über den besitzergreifenden Tonfall seiner Mutter hinweg und lächelte. »Gute Nacht.«
»Gute Nacht, Monty. Angenehme Träume.«
»Wünsche ich dir auch, Mutter. Ich sehe noch einmal kurz nach Vater.«
»Er schläft schon.«
»Nun, dann bleib nicht mehr so lange auf. Du siehst müde aus.«
Regina lauschte den Schritten ihres Sohnes auf der Treppe. »Eine Schifferstochter!«, murmelte sie. »Tut mir Leid, Monty, aber ich werde deiner Francesca Callaghan wohl sämtliche Ambitionen nehmen müssen, falls sie vorhat, Mitglied dieser Familie zu werden.«
Joe Callaghan klopfte an die offene Tür von Silas Hepburns Büro, gegenüber dem Treppenaufgang im Flur des Bridge Hotels. Silas rechnete schon seit längerem mit Joes Besuch. Ihm war nämlich zu Ohren gekommen, dass Joe die Arbeit wieder aufgenommen hatte, wobei Silas jedoch bezweifelte, dass Joe im Stande war, seine Zahlungsrückstände zu begleichen. Silas verlangte happige Zinsen, damit jeder seiner Schuldner, der in Zahlungsschwierigkeiten geriet, sich gleich von den Sicherheiten verabschieden konnte, die er für den Kredit geleistet hatte.
»Kommen Sie herein, Joe«, sagte Silas freundlich.
Joe verspürte jedes Mal Unbehagen, wenn Silas versuchte, sich als ein Gentleman mit Herz darzustellen, zumal er wusste, was für ein Halsabschneider er war.
»Wie geht es Ihnen?«, sprach Silas weiter, während er sich wieder setzte und Joe bedeutete, ihm gegenüber Platz zu nehmen.
Joe hatte nicht die Absicht, einen Augenblick länger zu bleiben als nötig, sodass er ein Geldbündel aus der Tasche zog und auf den Schreibtisch legte. Mit versteinertem Gesicht blickte Silas auf die Scheine. Er wusste, dass Joe rund um die Uhr gearbeitet haben musste, um in so kurzer Zeit so viel Geld zu verdienen.
»Geben Sie mir drei Monate, höchstens vier, und ich begleiche meine sämtlichen Rückstände«, sagte Joe. Es bereitete ihm Genugtuung, Silas Hepburns überraschtes Gesicht zu sehen.
Silas heftete den Blick wieder auf das Geld. »Eine großartige Leistung, Joe. Ich bin erfreut.« Sein Gesichtsausdruck und der plötzliche kalte Schimmer in seinen grauen Augen straften seine Worte Lügen.
»Sie sind also erfreut, dass Sie Ihr Geld bekommen«, stellte Joe fest, während er zusah, wie Silas die zwei Monatsraten zählte und eine Quittung ausstellte.
»Selbstverständlich«, erwiderte Silas und blickte zu ihm auf. »Ich bin genauso glücklich wie Sie, dass Ihr Schiff wieder den Fluss befährt.«
»Nächsten Freitag komme ich wieder«, sagte Joe. Es war der Tag, an dem die nächste Monatsrate fällig war. Eilig schnappte er sich die Quittung und wandte sich zur Tür, um zu gehen.
»Gut«, sagte Silas, der sich über Joes dreistes Auftreten ärgerte. »Die Zinsen sind nämlich schon wieder gestiegen.«
Joe verharrte abrupt, als hätte Silas ihm ein Messer in den Rücken gerammt. Dieser Mistkerl hat keinen Funken Anstand!, ging es ihm durch den Kopf. Er drehte sich zu Silas um. »Das weiß ich, aber Sie kriegen Ihr Geld. Die Marylou ist mein Zuhause, und was noch wichtiger ist, das Zuhause für Ned und Frannie. Ich darf das Schiff nicht verlieren. Und ich werde es nicht verlieren.«
Silas entging nicht der
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