Am Fluss des Schicksals Roman
Mungos Anordnung mit einem Nagelblockiert hatte. Leo fürchtete, dass der Kessel an seine Leistungsgrenze stieß, denn die Nadel des Druckmessers stand bis zum Anschlag.
»Mungo!«, rief er, verängstigt wie nie zuvor im Leben. »Der Kessel wird explodieren, wenn wir nicht Druck ablassen!«
»Behalt ja die Nerven!«, gab Mungo mit hochrotem Gesicht zurück. Vor Wut stand er ebenfalls kurz vor der Explosion. Er sah, dass die Marylou ihren Vorsprung ausbaute, und war fest entschlossen, sie einzuholen. Doch die Mündung des Goulburn River war nicht mehr weit, sodass der Kittyhawk nur noch eine knappe Meile blieb.
»Geht’s nicht schneller?«, sagte Gerry mit kläglicher Stimme, den Blick auf die Marylou geheftet und die Unterlippe vorgestülpt wie ein bockiges Kind.
»Leg mehr Holz nach«, rief Mungo zu Leo in den Maschinenraum hinunter. Er wollte vor seinem Sohn nicht das Gesicht verlieren, und vor allem wollte er sich nicht zum Gespött der anderen machen.
»Aber der Kessel ...«, sagte Leo.
»Tu’s einfach, Leo«, brüllte Mungo wütend.
»Nein! Ich werde die Maschine nicht weiter anfeuern!« Leo eilte aus dem Maschinenraum an Deck. »Sonst explodiert der Kessel ...«
»Es ist nur noch eine Meile, das hält er aus«, gab Mungo zurück. »Er muss einfach!«
Leo schüttelte energisch den Kopf und weigerte sich, in den Kesselraum zurückzugehen, sodass Mungo die Treppe vom Ruderhaus hinuntereilte und selbst Holz nachlegte.
»Teufel nochmal, Mungo, das ist Wahnsinn«, rief Leo zu ihm hinunter. »Komm sofort rauf, solange du noch kannst.«
»Wir hängen sie ab, nicht wahr, Dad?«, fragte Francesca, wobei Joe ihr entschlossener Tonfall nicht verborgen blieb.
»Bis jetzt schon, aber ich habe den Eindruck, sie holen wieder auf.« Joe machte sich Sorgen um Leo Mudluck, den Maschinisten der Kittyhawk. Er kannte Leo seit vielen Jahren. Auch wenn er für Mungo arbeitete, war er ein rechtschaffener Mann.
Als sie die Goulborn-Flussmündung passierten, holte die Kittyhawk weiter auf.
»Ist da unten alles in Ordnung?«, rief Joe zu Ned hinunter. Er hatte zwar Vertrauen in den neuen Kessel, zumal dieser unter Hochdruck getestet worden war, aber dennoch bestand die Möglichkeit, dass von den zweihundert Innenrohren eines eine Schwachstelle aufwies.
»Alles klar«, rief Ned zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
Joe plagten Gewissensbisse, als er die Anstrengung aus Neds Stimme heraushörte. Ned war nicht mehr der Jüngste, und offenbar war er mit den Kräften fast am Ende. Im Stillen verfluchte Joe Mungo McCallister. Glücklicherweise war Flemings Bend, wo sie endlich das Tempo drosseln konnten, um diesem Albtraum ein Ende zu machen, weniger als eine Meile voraus. Joe hoffte nur, dass niemand verletzt werden würde.
»Da vorn ist Flemings Bend«, rief Francesca aufgeregt.
Joe wandte sich um. Inzwischen befand die Kittyhawk sich nur noch dreißig Meter hinter ihnen und holte weiter auf. Er konnte Mungo in dem Ruderhaus nicht erspähen, aber er sah, dass Leo Mudluck an Deck war.
»Was, zum Teufel, geht da vor sich?«, murmelte er vor sich hin. Er hatte ein ungutes Gefühl, das er aber rasch verdrängte.
Francesca sah genau in dem Augenblick nach hinten, als Leo Gerry etwas zubrüllte. Gleich darauf gab es eine fürchterliche Detonation. Francesca schrie vor Entsetzen laut auf,als die Druckwelle die Marylou erfasste. Sie brachte die Scheiben zum Klirren, und gesplittertes Holz regnete auf den Fluss.
»Großer Gott! Das habe ich befürchtet«, sagte Joe. »Stopp die Maschine.«
Joe blickte aus dem Fenster des Ruderhauses und beobachtete, dass Mungo an die Reling taumelte und sich den Arm hielt. Er schrie vor Schmerzen. Augenblicke später gab es eine kleinere Explosion im Kesselraum, und die drei Männer sprangen von Bord. Leo zog Mungo durchs Wasser, während von der Kittyhawk dunkle Rauchschwaden emporstiegen.
Ned kam an Deck, während Joe die Treppe vom Ruderhaus hinuntereilte. Die drei Schiffbrüchigen standen zehn Meter vom Dampfer entfernt im seichten Wasser, starrten ungläubig auf ihr rauchendes Schiff und warteten angespannt, ob es eine weitere Detonation geben würde oder ob die Kittyhawk womöglich sank.
»Soll ich wenden?«, rief Francesca aus dem Ruderhaus ihrem Vater zu.
»Das ist ratsam«, entgegnete Joe. »Wenn ein Feuer ausbricht, sind sie vielleicht auf unsere Hilfe angewiesen.«
Während Francesca ein Wendemanöver einlenkte, sah Joe, wie Mungo, Gerry und Leo zur Kittyhawk
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