Am Fluss des Schicksals Roman
Wink mit dem Zaunpfahl verstanden. Zum ersten Mal verfluchte Ezra, dass er keine verbindlichen Verträge schloss. Bislang hatte er es nicht für nötig gehalten. Sein Grundsatz war, den Vertragspartnern eine Ausstiegsklausel zuzubilligen.
Ezras Miene verfinsterte sich. Es widerstrebte ihm, manipuliert zu werden. »Versuchen Sie etwa, mich einzuschüchtern, Silas? Ich habe mein Geschäft bestens im Griff und verbitte mir jegliche Einmischung von außen.« Es war ihm schon lange ein Dorn im Auge, mit anzusehen, wie anständige Männer Silas’ üblen Machenschaften zum Opfer fielen.
»Aber keineswegs ...«
»Was haben Sie dann damit zu schaffen, wer mir mein Holz liefert?«, fuhr Ezra ihm ins Wort.
»Lassen Sie es mich so ausdrücken: Ich habe ein berechtigtes Interesse an Joe Callaghans Aktivitäten«, antwortete Silas. Er dachte an Francesca, an ihr zartes Gesicht und ihren jugendlichen, geschmeidigen Körper, wobei er sich begierig mit der Zunge über die Unterlippe fuhr.
Ezra wusste, dass Joe sein Schiff längst abbezahlt hatte, wusste aber auch, dass es vor einiger Zeit Probleme mit dem Kessel gegeben hatte. Er konnte nur vermuten, dass Joe sich dafür Geld von Silas geliehen hatte, der nun Profit daraus schlagen wollte. »Ich lasse mir nicht vorschreiben, was ich tun und mit wem ich zusammenarbeiten soll«, gab Ezra gereizt zurück. Er überlegte fieberhaft, welche Konsequenzen es haben würde, wenn er sich Silas widersetzte.
»Ich denke nicht im Traum daran, Ihnen vorzuschreiben, was Sie tun sollen. Ich habe Ihnen bloß einen Vorschlag unterbreitet.«
Ezra atmete auf. Dennoch war er fest entschlossen, Silas eine Abfuhr zu erteilen.
»Aber ich brauche Sie wohl nicht darauf hinzuweisen«, fuhr Silas fort, »dass ich zahlreiche Freunde habe, die großen Wert auf meine Empfehlungen legen ...« Er lächelte, doch sein Blick war kalt und starr.
»Jetzt mal im Ernst, Silas. Ich habe Ihre Drohung durchaus verstanden, dass es in Ihrer Macht liegt, mir meine sämtlichen Aufträge zu entziehen. Haben Sie das wirklich vor?«
Silas zeigte den Anflug eines Lächelns. »Nicht, wenn Sie mir die kleine Gefälligkeit erweisen. Ihr Nachschub an Holz wird gesichert sein, da ich Miteigentümer mehrerer Raddampfer bin und Ihnen einen Lieferanten zu einem günstigeren Preis vermitteln kann als der, den Joe Callaghan Ihnen abknöpft. Das ist ein äußerst faires Angebot.«
Wie sehr es Ezra auch widerstrebte, sich auf Silas’ Handel einzulassen – er hatte sich zum Ziel gesetzt, so viel Kapital wie möglich zurückzulegen, solange es noch reichlich Arbeit gab, da er sich in einigen Jahren zur Ruhe setzen wollte. Er hatte den Eindruck, die Binnenschifffahrt hatte ihren Höhepunkt erreicht; zudem kursierten Gerüchte, dass der Transport immer mehr auf die Schiene verlagert werden sollte. Dies bedeutete, dass der Transport per Schiff bald überholtsein würde, und infolgedessen auch sein Geschäft. »Und was soll ich Joe sagen?«, gab Ezra sich geschlagen.
»Ich bin sicher, Ihnen fällt etwas ein«, entgegnete Silas und erhob sich, sehr zufrieden mit sich selbst. Sein Plan schien wunderbar aufzugehen.
Als die Marylou in Echuca einlief, erspähten Joe und Francesca Neal Masons Schleppkahn, der am Ufer gleich hinter dem Pier festgemacht war. Neal selbst war nirgendwo zu sehen.
»Ich hoffe, Neal geht es gut«, sagte Joe, der zum ersten Mal die Möglichkeit in Betracht zog, dass Neal etwas zugestoßen sein könnte.
»Dem geht es bestimmt gut«, erwiderte Francesca, der es nicht gefiel, dass ihr Vater sich um einen Schwerenöter wie Neal Mason sorgte.
Die Marylou legte am Ufer von Ezra Pickerings Werftgelände an. Gleich darauf machten mehrere Männer sich an die mühsame Arbeit, die Holzklötze abzuladen, die anschließend zersägt wurden, um damit die Dampfsäge zu befeuern, die aus dem hochwertigen Holz die Bauteile für die Schiffe zurechtschnitt. Francesca zog sich derweil in ihre Kajüte zurück, um dort aufzuräumen. Während Joe das Abladen der Fracht überwachte, machte Ned sich daran, ihren eigenen Vorrat mit Holzabfällen von der Werft aufzustocken. Dies war eine der Vergünstigungen, wenn man Sägewerke und Werften mit Holz belieferte.
»Mr Pickering wünscht Sie in seinem Büro zu sprechen, Mr Callaghan«, ließ ein junger Bursche ihn wissen. »Er hat gesagt, ich soll Ihnen das gleich nach Ihrer Ankunft ausrichten.«
»Danke, mein Junge«, entgegnete Joe. In der Annahme, seinen Lohn für die Fracht ausbezahlt
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