Am Fluss des Schicksals Roman
unteren Deck hinauf. Für gewöhnlich machte er mit solchen Narren kurzen Prozess; zudem hielt er große Stücke auf die Marylou, selbst als der Kessel noch reparaturbedürftig gewesen war.
»Wir kümmern uns um unsere eigenen Angelegenheiten«, rief Joe zu ihm hinunter und hörte, wie Ned einen Fluchausstieß, bevor er sich wieder der Maschine zuwandte. Joe wusste, dass Ned an seiner Stelle schon vor langer Zeit eine Wettfahrt mit der Kittyhawk ausgetragen hätte, und sei es nur, um Mungo McCallister damit ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen.
Joe sah zur Kittyhawk hinüber. Er konnte in das Ruderhaus sehen, wo Mungo seinem Sohn offenbar Anweisungen erteilte. Im nächsten Moment riss Gerry das Ruder in Richtung Marylou herum.
»Zum Teufel, was macht er da?«, sagte Joe.
Er konnte Frannie nicht anweisen, nach backbord auszuweichen, da sich vor ihnen ein Riff befand. Als die beiden Schiffe kollidierten, verlor Francesca bei dem Aufprall beinahe das Gleichgewicht. Sie stürzte nur deshalb nicht, weil sie sich am Ruder festklammerte.
»Jetzt reicht’s!«, brummte Joe. »Kesseldruck erhöhen«, rief er zu Ned hinunter.
»Na also!«, gab dieser vergnügt zurück.
»Ist die Marylou beschädigt?«, fragte Francesca besorgt.
Joe warf einen Blick aus dem Fenster. »Sieht so aus, als wäre am Radkasten ein wenig Holz gesplittert, aber sonst scheint nichts zu sein.«
In diesem Moment wurden sie von der Kittyhawk überholt. Joe und Francesca konnten Mungos selbstgefälligen Gesichtsausdruck erkennen, während Gerry dämlich grinste, als er sich zu ihnen umwandte.
»Wenn er noch näher kommt, wird er uns wieder rammen«, sagte Francesca. Ihr brach der Schweiß aus, als der Bug der Marylou beinahe das Heck der Kittyhawk streifte.
»Mungo macht ständig solchen Unfug«, sagte Joe zornig. »Kein Wunder, dass er seinen Sprössling auch dazu antreibt.«
»Was soll ich tun?«, fragte Francesca, die das Ruder so fest umklammerte, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
Joe erkannte, dass seine Tochter kurz davor stand, in Panik zu geraten. Ihm war bewusst, dass sie für ein Rennen zu wenig Erfahrung hatte, aber was noch schlimmer war: Ein Zusammenstoß mit der Kittyhawk konnte ihr Selbstvertrauen untergraben. »Wir sollten am Ufer anlegen, bis er weiterfährt«, sagte er.
»Aber wir dürfen keine Zeit verschenken, Dad, wenn wir das Holz heute noch anliefern wollen.«
»Ich weiß«, erwiderte Joe mit besorgter Miene. Er konnte es sich nicht leisten, seine Vereinbarung mit Ezra Pickering zu brechen, erst recht nicht, solange Silas ihm im Nacken hing; deshalb verwarf er den Gedanken, sich mit der Kittyhawk ein Rennen zu liefern. Es war zu gefährlich. »Drossle die Maschine, bis er Leine gezogen hat.«
Als die Marylou langsamer wurde, gewann die Kittyhawk zu Joes und Francescas großer Erleichterung rasch einen Vorsprung. Allerdings nur so lange, bis die Kittyhawk ebenfalls das Tempo drosselte und vor der Marylou plötzlich ausscherte, sodass Francesca zu einem Ausweichmanöver gezwungen war, um eine Kollision zu vermeiden, was Joe endgültig aus der Haut fahren ließ. Er stürmte auf das Unterdeck und schleuderte Mungo McCallister einen Schwall Beschimpfungen entgegen. Doch Mungo lachte ihn aus.
Auf dem Weg zurück zum Ruderhaus zog Joe an der Schnur für das Pfeifsignal, aber die Kittyhawk legte sich erneut vor ihnen quer, sodass Francesca nach steuerbord ausweichen musste, um einen Zusammenstoß zu verhindern.
Joe erkannte, dass es nur noch eine Möglichkeit gab: Sie mussten sich der Herausforderung stellen.
»Wir haben nur eine Chance, aus der Gefahrenzone zu bleiben und dennoch nach Barmah zu gelangen, damit wir Holz laden können, Frannie – indem du die Kittyhawk überholst. Die McCallisters behindern den Schiffsverkehrflussaufwärts. Wenn nicht ein Wunder geschieht, wird es früher oder später zu einem Unglück kommen.«
Mehrere Dampfschiffe, die sich aus der entgegengesetzten Richtung näherten, gaben der Kittyhawk Warnsignale, weil das Schiff unkontrolliert auf dem Fluss hin und her schlingerte, worauf Gerry seinerseits die Dampfpfeife betätigte, ohne sein sinnloses Unterfangen aufzugeben.
»Was für ein verdammter Narr«, murmelte Joe zornig.
»Bringt unsere Maschine genug Leistung, diesen Trottel zu überholen?«, fragte Francesca.
»Das werden wir bald herausfinden. Traust du dir das zu, mein Mädchen?«
Francesca nickte. Zwar zitterte sie am ganzen Leib, wollte ihren Vater aber nicht im Stich
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