Am Fluss des Schicksals Roman
den lockenden Gewinn gab ihm den nötigen Ansporn, um Ezra mit aller Macht und Hinterlist gefügig zu machen.
»Guten Morgen, Silas«, begrüßte Ezra ihn, als er ihn bemerkte. »Was führt Sie hierher?« Ezras Frohsinn verbarg seine ungute Vorahnung. Schließlich wusste er, dass Silas nicht hier war, um den Bau eines Schiffes in Auftrag zu geben – und das wiederum bedeutete, dass er irgendeine Gefälligkeit erwartete. Da Silas stets der Einzige war, der von solchen Gefälligkeiten profitierte, stellte Ezra sich innerlich bereits auf eine Auseinandersetzung ein.
»Ich bin hier, um Ihnen ein Geschäft vorzuschlagen«, sagte Silas, dessen Lächeln seine Verschlagenheit widerspiegelte.
»Bitte, kommen Sie in mein Büro«, entgegnete Ezra. »Bei dem Getöse hier versteht man ja sein eigenes Wort nicht.« Das Sägen und Hämmern, die Rufe der Männer und die gebrüllten Befehle machten es fast unmöglich, draußen eine Unterhaltung zu führen. Überdies wollte Ezra nicht, dass seine Arbeiter Zeugen einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Silas Hepburn wurden.
Silas folgte Ezra in das kleine Büro, in dem sich Unterlagen und Pläne stapelten, und schloss die Tür hinter sich. Er wollte sichergehen, dass niemand, der unbemerkt am Büro vorbeikam, mithören konnte. Es war eine Sache, als intrigant und berechnend zu gelten, aber es war etwas anderes, sich dabei erwischen zu lassen. »Ich will gleich zum Punkt kommen«, begann Silas, wobei er seinen Hut ablegte und Platz nahm.
»Bitte«, erwiderte Ezra und setzte sich ebenfalls, mit einem Gefühl der Beklemmung in der Brust. Er wollte diese Unterhaltung möglichst schnell hinter sich bringen. »Ich habe nämlich gleich noch einen Termin mit einem wichtigen Kunden«, fügte er hinzu.
»Handelt es sich dabei zufällig um Marshall McPhearson?«, fragte Silas und hob seine buschigen Brauen.
Alarmiert sah Ezra das kalte Funkeln in Silas’ Augen. »Ja.Ich wusste nicht, dass Sie miteinander bekannt sind.« Sein Unbehagen wuchs.
»Marshall und ich kennen uns bereits seit vielen Jahren«, entgegnete Silas viel sagend. »Er hat es zu etwas gebracht ... genau wie ich. Wie die meisten jungen Männer, die ein Ziel verfolgen, haben wir zu Anfang einige Fehler gemacht, aber wir haben gelernt, auf unseren Instinkt zu hören und uns gegenseitig zu helfen, um mögliche Schwierigkeiten von vornherein zu vermeiden.« Mit anderen Worten: Man war ihren illegalen Machenschaften auf die Schliche gekommen, und seitdem waren sie auf der Hut.
Silas verschwieg gewöhnlich seine Haftzeit in Port Arthur, einer Strafkolonie in Tasmanien, und niemand wagte ihn darauf anzusprechen. Gleichwohl war es allgemein bekannt, bestätigt durch mehrere ehemalige Mithäftlinge, und Silas hatte es nie abgestritten. Marshall McPhearson war einer dieser einstigen Mithäftlinge, und da er und Silas wegen ähnlicher Vergehen verurteilt worden waren – Silas wegen Betrugs und Wuchergeschäften, Marshall wegen Trickbetrügereien –, hatten sie rasch Freundschaft geschlossen.
Ezra begriff sofort, dass er im Nachteil war. »Worum geht es, Silas?«
»Um Joe Callaghan.«
»Was soll mit Joe sein?«
»Soviel ich weiß, beliefert er Sie mit Holz ...«
»Das ist richtig.«
»Ich wünsche, dass ein anderer Sie beliefert.«
In dem Glauben, Silas’ Absichten falsch eingeschätzt zu haben, seufzte Ezra vor Erleichterung beinahe laut auf. »Ja, ich kann in der Tat mehr Holz brauchen. Das Geschäft blüht, und ein zusätzlicher Lieferant ...«
»Ich meinte keinen zusätzlichen Lieferanten, ich meinte einen anderen Lieferanten als Joe Callaghan.«
Ezra kniff ungläubig die Augen zusammen, während erversuchte, die Situation zu erfassen. Ihm drängte sich die Frage auf, ob Silas vorhatte, Joe für sich selbst arbeiten zu lassen, oder ob er Joe aus dem Geschäft drängen wollte. »Ich bin mit Joes Arbeit sehr zufrieden.«
Silas strich sich durch den Bart. »Ich bin sicher, ein anderer wird diese Arbeit ebenfalls zu Ihrer Zufriedenheit erledigen – insbesondere, da Ihnen eine Entschädigung dafür winkt.«
Ezra witterte die Falle. »Ich sehe keinen Grund, meinen Lieferanten zu wechseln.«
»Ich würde mich erkenntlich zeigen, wenn Sie mir den Gefallen erweisen würden. Da Marshall und ich gute Freunde sind, legt er großen Wert auf meine Meinung.« Silas brauchte gar nicht deutlicher zu werden und offen damit zu drohen, dass er Marshall anderenfalls raten würde, eine andere Werft zu beauftragen: Ezra hatte den
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