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Am Fluss des Schicksals Roman

Titel: Am Fluss des Schicksals Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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wiederzusehen.« Am liebsten hätte sie Regina gefragt, ob sie irgendetwas falsch gemacht habe, brachte es aber nicht über sich. Von Angesicht zu Angesicht wäre es vielleicht möglich gewesen, aber nicht durch eine geschlossene Tür. Sie horchte auf eine Antwort oder irgendeine Reaktion, doch Regina blieb stumm.
    »Also dann ... auf Wiedersehen«, sagte Francesca und begab sich wieder nach unten.
    Regina hatte Francescas Worte vernommen, und ihr Magen zog sich schmerzhaft zusammen. In ihren schlimmsten Albträumen hatte sie nicht damit gerechnet, dass ihre Sünden aus der Vergangenheit sie eines Tages einholen würden. Von dem Moment an, als sie der Wanne im Wasser den letzten Stoß verpasst hatte, war sie davon überzeugt gewesen, das Baby nie wieder zu Gesicht zu bekommen. Nun war dieses Kind in Gestalt einer wunderschönen jungen Frau wieder aufgetaucht und stellte eine Bedrohung für Reginas Familie dar ...
    »Haben Sie mit Mutter gesprochen?«, fragte Monty, der Francesca nicht so rasch zurückerwartet hatte.
    »Nein. Wahrscheinlich schläft sie.«
    Monty blieb Francescas Beunruhigung nicht verborgen. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin sicher, Sie sehen sie bald wieder. Ich werde ihr ausrichten, dass Sie sich von ihr verabschieden wollten.«
    »Danke, Monty.«
    »Ihr Besuch war wunderschön für mich«, meldete Frederick sich zu Wort. »Ich hoffe, Sie kommen bald wieder.«
    »Das hoffe ich auch. Ich habe den Aufenthalt hier sehr genossen«, erwiderte Francesca, erleichtert, dass weder Monty noch Frederick sie für Reginas plötzliche Erkrankung verantwortlich machten.
    Francesca stieg die Eingangsstufen hinunter, wo Montys Kutsche wartete. Während er ihre Tasche verstaute, blickte sie auf und fuhr zusammen, als sie Regina auf dem Balkon entdeckte. Sie starrte zu ihr hinunter. Froh, sie zu sehen, lächelte Francesca ihr zu, doch Reginas Gesicht blieb ausdruckslos, und gleich darauf zog sie sich ins Zimmer zurück.
    Francesca wusste nicht, was sie davon halten sollte. Es war offensichtlich, dass sie Regina verärgert hatte, aber wodurch? Was hatte sie getan, Regina derart zu verstimmen? Und weshalb hatte Regina so großes Interesse an ihrem Muttermal und ihrem Geburtsdatum gezeigt? Die ganze Nacht kreisten ihr diese Fragen im Kopf herum, ohne dass sie eine plausible Erklärung fand.

11
    L izzie Spender bahnte sich ihren Weg entlang des Ufers zum Wrack der Platypus. Vor sich erspähte sie den düsteren, massigen Schatten des Schiffes, und hinter einer Luke mit zerbrochener Scheibe war ein flackerndes Licht zu sehen. Lizzie blieb stehen und schaute sich ängstlich um, wobei sie ihr Tuch fester um die Schultern zog. Es war nicht kalt – aber Lizzie zitterte vor Angst.
    Unschlüssig starrte sie auf das verlassene Schiff. Ihr Unbehagen rührte daher, dass sie nicht wusste, was sie erwartete, nachdem sie sich darauf eingelassen hatte, ihre Kundschaft an so einem abgeschiedenen Ort zu treffen. Das sah ihr im Grunde gar nicht ähnlich. Doch was Männer anging, konnte nichts mehr Lizzie überraschen. Nicht mal eine Hand voll Männer behandelten sie mit Respekt. Die meisten führten sich abscheulich auf; am unheimlichsten aber waren Lizzie die schrägen Vögel, beispielsweise Typen, die sie an einen verlassenen Ort wie diesen baten. Wäre ihr nicht eine beträchtliche Geldsumme in Aussicht gestellt worden, hätte sie abgelehnt.
    Dabei hatte gerade die Höhe der ihr angebotenen Summe Lizzies Misstrauen geweckt. Sie hatte die schriftliche Nachricht erhalten, sich um sieben Uhr bei der Platypus einzufinden. Es las sich fast wie ein Befehl. Außerdem war Lizzie zu spät. Sie hatte ein sehr ungutes Gefühl. Schon viele Dirnen hatten ein schlimmes Ende gefunden, weil sie nicht auf ihren Instinkt gehört hatten. Ein gutes Gespür konnte über Leben und Tod entscheiden.
    Lizzie setzte ihren Weg fort, wobei sie auf jeden ihrer Schritte achten musste, denn die knorrigen Wurzeln der alten Flussbäume ragten wie riesige Finger aus dem sandigen Untergrund, der sie mit dem Ufer verband. Vor zwei Jahren hatte »Brownie« Wilson die Platypus auf einer Sandbank zurückgelassen, wo das Schiff nach und nach verrottete, weil Brownie das Geld für die Reparaturen fehlte. Er hatte sich als Hilfsarbeiter am Pier verdingt, erlitt jedoch den nächsten Schicksalsschlag, als er bei einem Kranunglück schwer am Bein verletzt wurde und mehrere Wochen arbeitsunfähig war. Silas Hepburn bot ihm ein Darlehn an, doch Brownie hatte erlebt, wie es

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