Am Fluss des Schicksals Roman
Verkauf der Wolle zuständig bin. Außerdem bin ich für unsere Geschäfte in der Stadt verantwortlich.«
Francesca musste sich eingestehen, dass Monty keine Arbeiterhände hatte, und es fiel ihr schwer, sich ihn auf dem Rücken eines Pferdes vorzustellen, um ein Rind mit dem Lasso einzufangen oder die Schafe zusammenzutreiben. Dafür war er zu elegant. Sie fragte sich, wie Frederick zu seinem Sohn stand, zumal die beiden grundverschieden waren.
»Sie sind unglaublich, Francesca«, bemerkte Monty. »Mit derselben Leichtigkeit, mit der Sie sich in einem hinreißenden Abendkleid bewegen, gehen Sie in Gummistiefeln übereine Weide voller Kuhfladen. Aber was noch wichtiger ist, Sie sind ein Glücksfall für mich.« Er schlang den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. »Es kommt mir vor, als hätte ich mein Leben lang auf Sie gewartet.«
Francesca war geschmeichelt, und erneut durchströmte sie das warme, behagliche Gefühl, das sie jedes Mal in Montys Gesellschaft spürte. Neal Masons Gesellschaft dagegen bewirkte genau das Gegenteil; dann verspannte sie sich. Bei dem Gedanken an Neal dachte sie unweigerlich an seine leidenschaftlichen Küsse und musste sich zwingen, die Erinnerung daran rasch wieder zu verdrängen.
Am Tag darauf weigerte Regina sich nach wie vor, nach unten zu kommen. Sie hatte kein Auge zugetan, und sie war nicht im Stande, Francesca gegenüberzutreten, ohne sich zu verraten. Sie hatte sich die ganze Nacht den Kopf zerbrochen, wie sie Monty beibringen sollte, dass die junge Frau, die er heiraten wollte, seine Halbschwester war. Es überstieg ihr Begriffsvermögen, dass das winzige Baby, das sie vor so vielen Jahren im Fluss ausgesetzt hatte, sich in diesem Moment hier befand, in ihrem Haus, und Monty als zukünftigen Bräutigam betrachtete. Das war unfassbar. So ungeheuerlich, dass Regina es nicht wahrhaben wollte.
Nachdem sie stundenlang der Gedanke gequält hatte, dass ihre Welt bald in Scherben liegen würde, kam sie zu dem einzig möglichen Schluss. Weder Monty noch Frederick durften erfahren, dass Francesca ihre Tochter war. Sie wollte nicht ihre Liebe aufs Spiel setzen, und das Leben, das sie mit ihnen teilte – geschweige denn ihr Zuhause und ihr Ansehen. Dafür war ihr alles viel zu wichtig. Vor allem Francesca durfte nicht die Wahrheit erfahren. Sie würde ihr gegenüber bestimmte Erwartungen hegen, und das stand nicht zur Diskussion. Es gab nur eine Möglichkeit: Sie musste Monty und Francesca auseinander bringen, und zwar endgültig. Und es mussteschnell geschehen, bevor es zwischen den beiden zu Intimitäten kam. Am Abend zuvor hatte Regina von ihrem Balkon aus den beiden nachgesehen, als sie davonschlenderten, und beobachtet, dass Monty Francesca eng an sich gezogen hatte. Der Anblick hatte ihr geradezu Übelkeit bereitet ... so konnte es nicht weitergehen.
Bei dem Gedanken, Frederick könnte die Wahrheit erfahren, verspürte Regina kalte Angst. Frederick war ein liebevoller, rücksichtsvoller Ehemann, aber wenn sie im Lauf der Jahre eins gelernt hatte, dann, dass er nicht verzeihen konnte, wenn er hintergangen wurde – und sie hatte ihn auf schlimmste Weise hintergangen. Er würde niemals verstehen, dass sie aus Einsamkeit und Schwäche heraus gehandelt hatte und dass sie in den Armen ihres Liebhabers Trost gefunden hatte, während Frederick damit beschäftigt gewesen war, ein Imperium aufzubauen, und monatelang fort war, um die Viehtriebe über mehrere hundert Meilen zu begleiten. Vielleicht konnte er sich sogar daran erinnern, dass sie einmal nach seiner Rückkehr zu krank gewesen war, das Bett mit ihm zu teilen, und dass ihre Unpässlichkeit einen ganzen Monat lang anhielt, bis er wieder fortgeritten war. Das alles hatte nur dem Zweck gedient, vor ihm zu verbergen, dass sie ein Kind erwartete. Zu behaupten, das Baby sei von ihm, war völlig unmöglich; er war zu lange fort gewesen.
Regina hatte das Kind am Flussufer zur Welt gebracht, alleine und voller Angst und Schmerz ... gerade einmal drei Tage, bevor Frederick zurückerwartet wurde. In dem Glauben, keine andere Wahl zu haben, hatte sie die Entscheidung gefällt, sich für immer von ihrem Kind zu trennen, und selbst das klägliche Wimmern des Neugeborenen hatte sie nicht umgestimmt. Jetzt kannte sie den Namen ihres Babys. Francesca. Dadurch aber ließ sie sich nicht in ihrem Entschluss beirren. Die Schwangerschaft und die Geburt waren ein schrecklicher Fehler gewesen – ein Fehler, von dem nicht einmal derleibliche
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