Am Fluss des Schicksals Roman
einen schlimmen Unfall hatte.«
Joe stockte der Atem. »Was ist denn passiert?«
»Er ist an diesem Holzstapel vorübergegangen«, er deutete hinter Joe, »als der plötzlich zusammenstürzte.«
Joe wandte sich um und betrachtete das Holz, das er am Tag zuvor geliefert hatte. Er hatte es sorgfältig gestapelt, bevor er wieder gefahren war; jetzt lag es über den Boden verstreut.
»Es ist ein Wunder, dass er überlebt hat«, sagte Charlie. »Niemand hat eine Erklärung für das Unglück. Der Betrieb ist bis auf weiteres eingestellt.«
Joe war wie betäubt. »Wird Dolan wieder gesund?«
Charlie senkte den Blick und seufzte. »Er hat mehrere Knochenbrüche erlitten und wurde auch am Kopf verletzt, deshalb kann man nichts Genaues sagen. Lass uns ins Büro gehen, dann zahle ich dir aus, was wir dir noch schulden.«
»Nein«, widersprach Joe und schüttelte energisch den Kopf. »Gib das Geld Dolans Frau. Sie hat mehrere kleine Mäuler zu stopfen ...«
Wer wusste schon, wie lange es dauern würde, bis Dolan wieder arbeitsfähig war?
»Das ist sehr großzügig von dir, Joe«, sagte Charlie.
Bedrückt ging Joe zum Schiff.
Auf der Fahrt zurück nach Echuca waren alle wie benommen. Jeder neuerliche Rückschlag raubte Joe ein Stück Hoffnung, die Marylou vielleicht doch halten zu können. Er musste an das Angebot denken, das Silas ihm gemacht hatte: Silas wollte ihm die Schulden erlassen, wenn er dafür Francesca zur Frau bekäme. Aber jedes Mal, wenn Joe das unschuldige Gesicht seiner Tochter betrachtete, verspürte er Abscheu vorsich selbst, dass er so etwas überhaupt in Erwägung zog. Er wäre niemals fähig, ihr einen Mann wie Silas Hepburn zuzumuten. Lieber würde er zehn Schiffe verlieren.
Deprimiert kaufte Joe sich eine Flasche Rum, nachdem sie in Echuca angelegt hatten; dann setzte er sich mit Ned und Neal zusammen, und die Männer leerten die Flasche. Ned warf die Angelschnur aus, um einen Fisch fürs Abendessen zu fangen. Francesca, die sich große Sorgen um ihren Vater machte, lenkte sich mit Wäschewaschen ab.
Es war seit einer Stunde dunkel, als Francesca plötzlich einen seltsamen rötlichen Schimmer über den Bäumen flussaufwärts bemerkte. »Was ist das?«, fragte sie die Männer, die mit dem Rücken zu ihr saßen. Sie schnupperte die Luft, die eine Brise zu ihr trug. »Es riecht nach Rauch.«
Joe, Ned und Neal erhoben sich und wandten sich flussaufwärts. Sie sahen auf den ersten Blick, dass der helle Schein am Nachthimmel von einem Feuer stammte.
»Die Werft von Ezra Pickering liegt in dieser Richtung«, sagte Joe. Im nächsten Augenblick hallten die Glocken der Löschwagen durch die nächtliche Stille. »Schnell«, sagte Joe, schnappte sich Francescas Wassereimer, kippte ihn aus und sprang mit einem Satz an Land. Er lief am Ufer entlang in Richtung Werft. Neal und Ned folgten ihm dichtauf.
Doch als sie das Gelände der Werft erreichten – außer Atem, weil sie ein gutes Stück gerannt waren, bevor sie auf einen Wagen mit Löschhelfern aufspringen konnten –, war nichts mehr zu retten. Zusammen mit weiteren schockierten Augenzeugen, darunter Ezra Pickering, konnten sie nur noch hilflos mit ansehen, wie das Holz und die Schiffsrohbauten den Flammen zum Opfer fielen. Das Feuer brannte lichterloh und verbreitete eine Hitze wie ein Hochofen. Niemand wagte sich näher heran.
Joe schob sich durch die versammelte Menge zu Ezra. Als er ihn erreicht hatte, legte er ihm tröstend von hinten dieHand auf die Schulter. Ezra wandte sich um, und beim Blick in sein Gesicht hätte Joe schwören können, dass Ezra auf einen Schlag um zehn Jahre gealtert war. Seine Miene drückte Entsetzen und Wut aus, und beide Männer wussten, was dem anderen durch den Kopf ging: Obwohl niemand einen Beweis hatte, war offensichtlich, wer hinter dem Brandanschlag steckte.
»Dolan O’Shaunnessey wäre gestern Abend beinahe ums Leben gekommen«, murmelte Joe leise, dem plötzlich der Zusammenhang aufging.
»Jetzt kann er uns nicht mehr viel antun, nicht wahr?«, sagte Ezra, der sich wieder dem Feuer zuwandte und beobachtete, wie sein Lebenswerk in Schutt und Asche fiel. »Mir jedenfalls nicht. Ich bin am Ende.«
»Es tut mir Leid, Ezra.«
»Hätte ich gewusst, dass er dazu fähig ist, hätte ich mich seinen Drohungen widersetzt. Ich bin derjenige, der sich bei Ihnen entschuldigen muss, Joe. Ich kann mir selbst nicht mehr in die Augen sehen ...«
»Sagen Sie das nicht, Ezra. Ihre Selbstachtung kann er Ihnen nicht nehmen.
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