Am Fluss des Schicksals Roman
In dem erfrischenden Wasser, ganz für sich allein, ließ ihre Anspannung nach.
Kurz darauf kam Neal an Deck und fragte Joe, wo Francesca sei. Obwohl sie einander mieden, so gut es auf diesem beschränkten Raum möglich war, hatte er ein Gespür dafür, wo sie war, und dieses Gespür sagte ihm, dass sie sich nicht an Bord befand.
»Sie ist schwimmen«, antwortete Joe mit einem Blick in Francescas Richtung.
Neal schaute ebenfalls dorthin und sah, dass sie im Wasser herumpaddelte, im Schatten der überhängenden Bäume. »Gute Idee von ihr. Es ist verdammt heiß«, murmelte er. Den ganzen Tag war ihm und den anderen der Schweiß geflossen.
»Ich wollte mitkommen, aber sie wollte nichts davon hören«, bemerkte Joe.
In diesem Moment erklang Neds Stimme aus dem Maschinenraum. »Joe? Kannst du mal kurz runterkommen?« Ned hatte ein leckes Ventil entdeckt, und Joe erkannte an seinem Tonfall, dass er Hilfe benötigte.
Er fühlte sich hin und her gerissen. »Kannst du kurz auf Francesca achten?«, bat er Neal. »Nur für den Fall.«
»Klar.«
»Lass sie nicht aus den Augen. Sie behauptet zwar immer, gut schwimmen zu können, aber sie ist sehr zierlich, und wenn die Strömung sie erwischt, könnte es in wenigen Sekunden um sie geschehen sein ...«
»Ich pass schon auf, Joe. Mach dir keine Sorgen«, versicherte Neal. Joe zögerte dennoch. Er würde sich erst besser fühlen, wenn Francesca wieder an Land war.
Neal wusste, wie gefährlich die Strömung hier war. Er selbst war mehr als einmal in Schwierigkeiten geraten. Wäre er damals auf sich alleine gestellt gewesen, würde er jetztnicht an Bord der Marylou stehen. »Keine Bange, Joe. Ich schwöre, dass ihr nichts passieren wird.«
Joe verschwand im Maschinenraum.
Francesca warf einen Blick zum Schiff, wo Neal mit einem Mal den Platz ihres Vaters eingenommen hatte und mit seinen dunklen Augen zu ihr starrte. Sie versuchte, ihn zu ignorieren, doch es gelang ihr nicht. Verlegen schwamm sie dicht am Ufer entlang, weg vom Schiff, um unter den überhängenden Baumkronen Deckung zu suchen. Sie schwamm, bis die Marylou und Neal außer Sichtweite waren.
»Francesca!«, hörte sie Neal rufen.
Am liebsten hätte sie ihm nicht geantwortet, wusste aber, dass er ihr dann folgen würde. »Alles in Ordnung«, rief sie zurück und verdrehte die Augen. Sie hielt sich an einem aus dem Wasser ragenden Ast eines abgestorbenen Baumes fest und begann mit den Beinen zu strampeln, sodass das Wasser spritzte, vergnügt wie ein Kind lachend. Im Schatten der Bäume genoss Francesca die Abkühlung nach der Hitze des Tages.
Neal hörte das Platschen des Wassers, war aber beunruhigt, weil er Frannie nicht sehen konnte. »Verdammt«, murmelte er und stieg vom Schiff an Land.
Francesca entfernte sich mehr und mehr vom Ufer. Sie hatte bereits einige Meter zurückgelegt, als Neal sie erblickte und leise zu fluchen begann. Francesca spürte, dass sie umkehren musste. Das Wasser war an dieser Stelle ziemlich tief, und Neal nahm mit Erleichterung zur Kenntnis, dass sie tatsächlich zurück zum Ufer schwamm. Plötzlich verschwand Francesca aus seinem Blickfeld.
Im gleichen Moment verfing sich irgendetwas im linken Bein ihres Badekostüms, in Höhe der Wade. Francesca spürte, wie ihr Bein zerkratzt wurde und dass sie festhing. In Panik versuchte sie, sich loszureißen, doch es gelang ihr nicht. Das Wasser ging ihr schon bis übers Kinn.
Neal war beunruhigt, weil er Francesca nirgends mehr entdecken konnte. Mehrmals rief er ihren Namen, ohne eine Reaktion zu erhalten. Er rannte aufgeregt am Ufer entlang. Als er die Bäume erreichte, kletterte er über die aus der Erde ragenden Wurzeln und suchte das Wasser ab.
»Francesca!«, rief er. »Francesca!« Das Flussufer machte an dieser Stelle einen leichten Knick, sodass er es nicht vollständig einsehen konnte. Als keine Reaktion Francescas erfolgte, geriet er in Panik.
Francesca holte tief Luft und tauchte unter, um ihr Badekostüm von dem Baumstamm zu befreien. Sie zerrte verzweifelt daran, doch die Strömung behinderte sie, sodass ihre Kraft rasch aufgebraucht war. Sie tauchte wieder an die Wasseroberfläche und schnappte nach Luft, wobei sie Wasser einatmete. Sie musste husten und würgen, und erneut übermannte sie Panik. Ihr kam der Gedanke, das Badekostüm einfach abzustreifen, doch ihr wurde schnell klar, dass es ein sinnloses Unterfangen wäre, weil der Stoff sich zu sehr verheddert hatte. Ihre verzweifelten Versuche, sich zu befreien,
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