Am Fluss des Schicksals Roman
Auge auf und blinzelte Francesca an. »O Gott. Das alles war nur ein Traum ...?« Sie klang eher erschüttert als erleichtert, als hätte sie Angst, der Traum könnte sich in der Wirklichkeit wiederholen.
»Sie hatten einen Albtraum. Aber hier sind Sie sicher. Ich werde Ihnen aus der Kombüse heiße Milch holen. Das wird Ihnen gut tun.«
Kurz darauf kam Francesca mit einem Becher dampfender heißer Milch zurück, in die sie einen Löffel Honig gegeben hatte. Sie reichte Lizzie die Tasse und sah zu, wie sie sich mit ihren geschwollenen, aufgeplatzten Lippen anstrengen musste, um überhaupt trinken zu können.
»Sie haben vorhin im Schlaf den Namen Silas erwähnt, Lizzie«, sagte Francesca, die seinen Namen nur mühsam über die Lippen brachte. »Sie haben bestimmt Silas Hepburn gemeint. Er ist der Mistkerl, der Sie zusammengeschlagen hat, nicht wahr?«
Lizzie war nicht fähig, Francescas Blick zu erwidern.
»Er war heute Abend hier«, bemerkte Francesca. Lizzie erschrak.
»Bevor ich Sie gefunden habe«, beruhigte Francesca sie. »Er wollte über meinen Vater mit mir sprechen. Vor einiger Zeit hat Dad sich Geld von ihm geliehen, um den Kessel seines Schiffes zu flicken, und ist mit den Ratenzahlungen in Verzug geraten. Silas erzählte mir, dass er meinem Vater angeboten hat, ihm die Schulden zu erlassen, wenn er dafür um meine Hand anhalten darf.«
Lizzie schüttelte energisch den Kopf. »Tun Sie das nicht, Francesca!«, sagte sie verzweifelt. »Silas ist ein schlechter Mensch.«
»Ich verabscheue ihn, Lizzie. Trotzdem habe ich mit dem Gedanken gespielt, mich auf den Handel einzulassen. Für meinen Vater würde ich alles tun, denn das Schiff bedeutet ihm unendlich viel. Doch wenn Silas zu einer solchenSchandtat fähig ist, gehört er hinter Gitter. Was hat ihn denn so sehr gegen Sie aufgebracht?«
»Normalerweise braucht Silas keinen Grund, Francesca, aber heute Abend trug ich ein Armband, das ich gefunden hatte, und er glaubte, ich hätte es gestohlen.« Sie ließ den Kopf sinken. »Ich weiß, wem es gehört. Bis jetzt hatte ich allerdings keine Gelegenheit, das Armband zurückzugeben, und wenn ich ehrlich sein soll ... ich weiß auch nicht, ob ich es wirklich vorhatte. Aber trotzdem ist es nicht dasselbe wie Stehlen, oder?«
Francesca beschäftigte viel stärker die Frage nach Silas’ Motiv, die arme Lizzie beinahe totzuprügeln. »Weiß Silas, wem das Armband gehört?«, fragte sie.
»Es kam ihm jedenfalls bekannt vor. Es gehört Regina Radcliffe, und das wird Silas bestimmt früher oder später wieder einfallen.« Lizzie war sichtlich erstaunt über Francesca, die sie offenbar nicht verurteilte wie andere. Für Lizzie war sie der einzige Mensch, der ihr aufrichtige Freundschaft entgegenbrachte. »Sie sind so freundlich zu mir, Francesca ... deshalb möchte ich Ihnen etwas erzählen, das sich vor ein paar Tagen zugetragen hat.«
Francesca sah sie neugierig an. »Und was?«
»Ich wurde abends zu einem Treffen auf die Platypus bestellt.«
»Das alte verlassene Schiff flussaufwärts?«
»Ja.«
»Ein merkwürdiger Treffpunkt.«
»Ja. Und als sich herausstellte, dass Regina Radcliffe mich dort erwartete, war meine Überraschung noch größer.«
Francesca kniff ungläubig die Augen zusammen. »Was wollte sie denn?«
Lizzie zögerte einen Moment. Wenn sie Reginas Anliegen verriet, konnte ihr das schrecklichen Ärger einbringen. Dennoch, Francesca hatte ihre Loyalität verdient. »Sie hatmir Geld angeboten, dass ich mich mit Ihnen anfreunde, um Ihren Ruf zu ruinieren. Allerdings hat Regina mir keinen Grund dafür genannt.«
Francesca durchlief es eiskalt. Sie konnte sich Reginas Verhalten nicht erklären.
»Als ich ihr sagte, dass einer der einflussreichsten Bürger von Echuca Sie zur Frau nehmen möchte, glaubte sie zuerst, ich würde von ihrem Sohn sprechen. Nachdem ich ihr gesagt hatte, dass es sich auf Silas bezog, bekam sie einen hysterischen Anfall.«
»Silas hat Ihnen gesagt, dass er mich heiraten will?«, fragte Francesca ungläubig.
»Ja. Und er ist ganz sicher, dass Sie seine Frau werden.«
In Francesca stieg Übelkeit auf.
»Er hatte immer schon eine Vorliebe für hübsche junge Frauen«, fuhr Lizzie traurig fort, »deshalb war ich nicht überrascht.«
»Ich möchte mir lieber nicht ausmalen, was seine bisherigen Ehefrauen erdulden mussten. Von meinem Vater weiß ich, dass Silas schon dreimal verheiratet war«, murmelte Francesca. Der Gedanke, Silas’ vierte Frau zu werden, war
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