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Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Sears
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wäre schön gewesen, jemanden zu haben, der mich verstand –, aber ich wusste nicht, mit welchem Vorkommnis der vergangenen Tage ich anfangen sollte. »Meine Ex hat den Jungen geholt.« Das war das, was am meisten wehtat, aber im Vergleich dazu, dass ich überfallen worden war und ein Mörder meine Wohnung verwüstet hatte, klang es so harmlos. »Und dann hatte ich noch ein paar andere Probleme«, schloss ich.
    »Wenn das so ist, gib ihm lieber noch einen Cognac dazu«, sagte Vinny.
    Der Cognac heizte mir ein und beruhigte mich, aber schmecken konnte ich auch ihn nicht.
    Ich sah auf die Uhr. Es war kurz vor halb zwölf.
    »Wär’s in Ordnung, wenn wir einen Augenblick Nachrichten schauen?«
    Rollie zog fragend eine Braue hoch, Vinny nickte. Sie meinten es gut mit mir. Rollie schaltete um auf CNN.
    »Weißt du noch, diese Untersuchung, mit der ich beschäftigt war?«
    Vinny nickte.
    »Na ja, das hat eine Lawine losgetreten. Und es gibt jemanden, der Leute umbringt, damit sie nicht auspacken können. Gestern Abend hatte ich noch meine persönliche Leibgarde,heute habe ich nichts mehr. Okay, nicht gar nichts. Brady geht immerhin ans Telefon, wenn ich anrufe.«
    Wieder nickte Vinny, als wisse er, wovon ich redete.
    Am unteren Bildschirmrand, über den sonst der Nachrichtenticker lief, erschien ein roter Balken. Eilmeldung. Bleiben Sie dran! Ich hatte nicht vor, irgendwohin zu gehen.
    Statt des Nachrichtensprechers wurde eine Straßenszene eingeblendet. Eine Gruppe von Männern in grauem Anzug stand vor den Glastüren eines grauen Gebäudes. Einer löste sich aus der Gruppe, trat ein paar Schritte vor und sprach in Richtung Kamera.
    »Mach mal laut, Rollie!«
    Danach konnte ich immer noch nicht jedes einzelne Wort verstehen, aber in groben Zügen bekam ich die Geschichte mit. Sie war einfach. Eine gemeinsame Einsatztruppe aus FBI-Agenten und Kräften der Börsenaufsicht hatte soeben den höchst angesehenen, aber zurückgezogen lebenden Chef eines großen Hedgefonds festgenommen. Er hatte zugegeben, im Lauf der vergangenen zwanzig Jahre ein Schneeball-Vertriebssystem aufgebaut zu haben, bei dem fünfzig Milliarden Dollar im Spiel waren. Eines der größten, die es überhaupt je gegeben hatte. Ich sah Brady und andere Agenten der unteren Chargen Kiste um Kiste Akten aus dem Gebäude tragen. Maloney war unter den höher gestellten Ermittlern, die dastanden und das Ganze beobachteten, alle mit angemessen ernster, betroffener Miene. Der Generalbundesanwalt sprach – es wirkte, als sei er erst unmittelbar vor dem Einschalten der Kameras gebrieft worden. Er schaute leicht beleidigt drein, so als amüsiere er sich nicht annähernd so, wie er es sich vorgestellt hatte.
    Sie boten dem Delinquenten die Möglichkeit zu seinem Walk of Shame, doch er spielte nicht mit. Lächelnd trat er aus der Glastür und wirkte eher erleichtert als schuldbewusst.Nicht, dass er in die Kameras gewinkt hätte, aber er achtete doch darauf, dass sie ihn von seiner Schokoladenseite zeigten. Für ihn war die Sache gelaufen. Die Angst, bei einem Betrug erwischt zu werden, wiegt immer schwerer als das schlechte Gewissen.
    Ich hatte dieses Gefühl der Erleichterung selbst erfahren.
    Ich wollte mich nicht mit ihm identifizieren. Dieser Typ hatte, wie die Experten erläuterten, Hunderte von Investoren ruiniert. Er hatte Leuten in die Augen gesehen, ihnen Vertrauenswürdigkeit vorgegaukelt, ihr Geld genommen und nie auch nur einen Penny davon investiert. Er war ein Raubtier. Ein Vampir.
    Aber mir lief doch ein Schauer über den Rücken. Von außen betrachtet waren er und ich gleich. Mir war klar, warum Leute wie Barilla mich hassten. Ich wusste, warum Freunde mich nicht zurückgerufen hatten, und bei denen, die es doch getan hatten, argwöhnte ich, dass sie Mitleid mit mir hatten, weil sie sich einer eigenen Schwäche bewusst waren.
    »Rollie«, ich schob die Tasse und den leeren Schwenker beiseite, »machst du mir bitte einen Cocktail? Wodka on the rocks. Ketel one. Mit Limone.«
    Es machte nichts, wenn ich die nicht schmeckte.

25
    Beide New Yorker Baseball-Mannschaften waren bei den Playoffs lahme Enten, und Vinny reichte es, das Pferderennen auf nur zwei Fernsehschirmen zu verfolgen, deshalb konnte Rollie auf dem dritten die Nachrichten weiterlaufen lassen. Das zusammengebrochene Schneeballsystem war die Nachricht des Tages. Die Sender weideten sich daran, als handele es sich um die Schlacht um Bagdad 2003.
    »Ist das das Ding, an dem du dran warst?«,

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