Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
fragte Vinny.
»Nein, das ist eine andere Geschichte.«
Immer wieder tastete ich in meinen Taschen die USB-Sticks ab, die ich aus Hochstadts Wohnung mitgenommen hatte, und suchte nach dem in Silberpapier eingewickelten. Und jedes Mal, wenn ich ihn gefunden hatte, belohnte ich mich mit einem tröstlichen Schluck Wodka. Ich wurde immer betrunkener, aber nach Hause gehen und dort allein warten wollte ich nicht.
Noch einmal wählte ich die Nummer des FBI.
Es meldete sich wieder Robert Duvalls Stimme. »Der Anschluss von Agent Maloney.«
»Ich fand Sie toll in Apostel .«
»Wie bitte?«
»Hier ist Jason Stafford. Die Agenten Maloney und Brady kennen mich. Bitte holen Sie einen von beiden ans Telefon.« Wenn ich mich konzentrierte, kamen die Worte in der richtigen Reihenfolge heraus.
»Senior Agent Maloney ist in einer Konferenz, Sir.«
War er nicht. Er war schon wieder auf dem Fernsehschirm. Stand, zusammen mit ein paar ernst dreinblickenden Männern, neben dem Staatsanwalt. Nein. Das hatte ich schon mal gesehen. Es war eine Wiederholung der Pressekonferenz, die am Spätvormittag vor dem Gebäude aufgezeichnet worden war. Maloney muss kalt sein, dachte ich. Sie sahen alle verfroren aus.
»Sir?«
»Macht nichts. Dann geben Sie mir Brady.«
»Einen Moment.«
Er schaltete mich in die Warteschleife. Diesmal drängte mich keine Konservenstimme, in die weltbeste Polizeitruppe einzutreten. Mich wollten sie dort ohnehin nicht haben.
»Stafford? Sind Sie noch da?« Es war Brady. »Das NYPD war in Ihrer Wohnung. Zwei Männer sind da geblieben. Einer in der Lobby, der andere auf Ihrer Etage.«
Also konnte ich wieder nach Hause gehen.
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid mir das tut«, fuhr er fort.
Ich war von einer Sekunde zur anderen nüchtern. Wegen eines Einbruchs machte er bestimmt nicht so viele Worte.
»Was tut Ihnen leid, Brady?«
»Hat Maloney Sie nicht angerufen?«
»Nein.«
»Dieser Mistkerl.«
»Sagen Sie mir endlich, was los ist, verdammt!« Ganz so nüchtern, wie ich geglaubt hatte, war ich doch nicht. Ich regte mich zu schnell auf.
»Mein Gott. Unsere Leute haben sich aus Richmond gemeldet. Vor zwei Stunden. Ihr Sohn ist zu seiner Mutter und dem Stiefvater gegeben worden. Eigentlich sollte Maloney Sie anrufen und es Ihnen sagen.«
Es war das Wort »Stiefvater«, das mich hochgehen ließ. Sicher verstand ich auch die anderen Worte und wusste, dass sie viel entscheidender waren, aber eine Eigenart von Wodka ist es, dass er die Wahrheit verdreht und emotionale Prioritäten verschiebt. Deshalb sind die Russen auch ein Volk von Paranoikern.
Brady ließ mich eine Weile toben. Und dann lieferte er mir, stückweise eingestreut in meine lautstarken Verwünschungen, nutzlosen Drohungen und wilden Forderungen die ganze Geschichte. Mein Anwalt hatte mich gewarnt. Er hatte gesagt, Familienrichter verfügten über eine Macht, um die selbst Idi Amin sie beneidet hätte. Dieser spezielle Richter hatte sich Angies Version der Geschehnisse angehört und sofort eine endgültige, unwiderrufliche Entscheidung getroffen. Die Tatsache, dass die Bundesregierung zwei FBI-Agenten und einen Anwalt aus dem Justizministerium entsandt hatte, um meine Interessen und die meines Sohnes zu vertreten, schien den Tyrannen nur umso mehr davon überzeugt zu haben, dass er es richtig machte.
»Wir können da etwas deichseln«, sagte Brady.
»Ich war abhängig von Ihnen. Ich habe alles getan, was Sie wollten. Dabei hätte ich dort sein sollen.«
»So wie ich es verstanden habe, hätte das auch nichts genützt, Jason. Aber wir können das geradebiegen. Nicht heute, sicher. Heute sind alle vollauf beschäftigt. Aber ich verspreche Ihnen, am Montagmorgen setze ich unsere Leute darauf an.«
»Montag? Scheiße, Brady. Ich scheiße auf Sie und Ihre Versprechungen.«
»Bitte! Machen Sie keine Dummheiten. Wir ziehen alle Register für Sie, darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
»Schönes Wochenende.« Ich legte auf.Bis zum Abend hatte ich Tommy klargemacht, dass die Dead ohne García zum Kotzen waren, dass der Rest der Band nur noch in Nostalgie machte, was ihnen gerade so viel einbrachte, dass ihre erbärmlichen Roadies nicht von der Stütze leben mussten, und dass es für die Band, die Fans, die Roadies und das ganze verdammte Gefolge Zeit wurde, endlich Schluss zu machen. Zieht weiter!
Das war unverzeihlich.
PaJohn hatte das Pech, mich zu fragen, wo mein Sohn sei. Ich erklärte ihm beides: dass das Kind mit seinem besoffenen
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