Am Freitag schwarz: Kriminalroman (German Edition)
Miststück von Mutter auf dem Weg nach Louisiana sei und dass ihn das verdammt noch mal einen Scheißdreck angehe. Das »s« in »besoffen« kostete mich einige Anstrengung.
Dann sah ich mich nach dem nächsten Opfer um.
Roger kam, und gleich nach ihm erschien Skeli, die ihm die Tür aufhielt. Für einen kurzen Moment versetzte ihr Anblick mich in Euphorie, doch die fiel in sich zusammen, als mir bewusst wurde, dass ich sie am Abend zuvor versetzt hatte und jetzt viel zu betrunken war, um die Situation irgendwie zu retten. Nicht, dass irgendetwas davon eine Rolle gespielt hätte.
Sie sah mich, und in einem hektischen Dreischritt wandelte ihre Miene sich von erleichtert zu ärgerlich zu erfreut.
»Das letzte Mal versetzt worden bin ich, als ich noch verheiratet war«, sagte sie und grinste immerhin so, dass ich wusste, sie gab mir noch eine Chance, ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern, Wasser in Wein zu verwandeln und mich in ihren Augen zu rehabilitieren. Wunder waren gefragt, aber es schien machbar.
Ich war der Aufgabe nicht gewachsen.
»Ich musste ein paar Sachen regeln«, murmelte ich underntete einen ungläubigen Seitenblick von Roger, der gerade auf einen Barhocker kletterte.
»Ach. Was denn? Konntest du nicht anrufen? Ladegerät verloren, oder was?« Als er oben angelangt war, lehnte er sich so weit zurück, dass es aussah, als sei seine Wirbelsäule geschmolzen. »Rollie! Treibstoff! Und irgendwas für die Braut.«
»Ich zahle«, sagte ich – mit viel mehr Nachdruck, als nötig gewesen wäre.
»Also, ich glaub’s nicht. Dein Freund ist besoffen, Wanda. Hätte nicht gedacht, dass ich das noch erlebe.«
Ich knallte ein paar Zwanziger auf den Tresen und versuchte mich zu erinnern, warum ich so sauer war auf Roger. Vielleicht war ich’s gar nicht.
Skeli starrte mich an, als wäre mir ein zweiter Kopf gewachsen.
»Alles in Ordnung? Du siehst nicht gerade gut aus.«
Wo sollte ich anfangen? »Mir geht’s gut.«
»Die Ex ist aufgetaucht«, erklärte Vinny. »Sie hat das Kind mitgenommen.« Die eingedampfte Version ließ jede Menge Spielraum für Fehlinterpretationen.
»O Gott! Und das hast du einfach so zugelassen?«
Sie konnte nichts für diese Ungerechtigkeit – das war mir klar. Ich wusste mir nur nicht zu helfen. Es war, als sähe ich mir selbst dabei zu, wie ich von einer Klippe sprang.
Ich hätte ihr gern erzählt, wie elend ich mich fühlte. Wegen des Jungen. Um meiner selbst willen. Wegen Diane Havell, die einen Mann zu betrauern hatte – oder zumindest eine Ehe. Wegen Lowell und Sudhir. Wegen all der »kleinen Scheißer«, deren Leben von Habgier ruiniert – oder beendet – worden war. Ich war sicher, wenn ich ihr die ganze Geschichte erzählte, würde sie mich verstehen. Sie würde mir verzeihen, mich halten, mich heilen. Ich wollte, dasssie mich heilte. Ich wollte etwas anderes empfinden als Verzweiflung. Aber was ich nicht wollte, war Mitleid. Mitleid würde das, was von meinem gesunden Menschenverstand noch geblieben war, erstarren lassen. Mitleid hieß, dass jemand auf mich Rücksicht nahm und von mir Rücksicht erwartete, und zu dem Zeitpunkt, dieses eine Mal, versuchte ich mit aller Kraft, nicht Rücksicht zu nehmen.
»Können wir über was anderes reden? Irgendwas?« Ich wich ihrem Blick aus.
»Jason! Bist du verrückt? Los, beweg deinen Arsch! Raus hier! Das kannst du nicht zulassen!«
Die anderen guckten irgendwo ins Leere, wie alle Männer es tun, wenn eine Frau einem von ihnen die Wahrheit ins Gesicht sagt.
»Mein Leben ist im Moment vollkommen im Eimer, Wanda. Viel zu kompliziert. Ich habe einen solchen Haufen Scheiße am Hals, das ahnst du gar nicht. Glaub mir einfach. Es ist besser für dich, wenn du dir um meinen armseligen Arsch keine Gedanken machst. Tu uns beiden den Gefallen und lass mich einfach.«
Geschafft. Halbwegs.
»Du bist betrunken. Und erzählst nichts als Mist.«
»Vergiss es!« Ich schob mich an ihr vorbei. »Ich muss pinkeln.«
Irgendwie fand ich die Toilette. Meine Pisse war klar – nicht ein Hauch von gelblicher Färbung. Alle Gesundheitsgurus sagen, das ist gut. Es zeigt, dass man ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist. Ich war über eine gute Versorgung hinaus. Ich war ganz und gar verflüssigt.
Es war kühl in dem kleinen Raum. Es stank furchtbar, aber ich fühlte mich wohl. Keiner da, der mir etwas antun wollte. Etwas sagen. Oder sein. Ich konnte ein Nichts sein und damit durchkommen.
»Scheiße!«, brüllte ich. Niemand hörte
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